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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Ohne Fäden und Gedankengebäude wäre die Antwort auf seine wirkliche Frage – wie denkst du eigentlich, Miri? – so unvollständig ausgefallen, daß sie keinerlei Wert gehabt hätte. Aber ihr Vater konnte nicht verstehen, wie Fäden funktionierten. Er würde es nie verstehen.
    Statt dessen sagte sie: »D-Du h-hast T-T-Tony g-g-geliebt.«
    Über den Kopf des Kleinen hinweg sah er sie an. »Natürlich habe ich ihn geliebt, er war mein Sohn!« Und dann fügte er hinzu: »Aber du hast recht. Deine Mutter hat ihn nicht geliebt.«
    »Und m-m-mich auch n-n-nicht.«
    »Sie wollte es so gern.« Giles fing an zu greinen. Ricky lockerte seinen Griff etwas, ließ Giles aber nicht los. »Miri, deine Großmutter hat dich aus dem Hohen Rat entfernen lassen. Sie brachte einen Antrag ein, das Mindestalter für Familienmitglieder dem für die Ratsmitglieder mit befristeter Amtszeit anzupassen und somit auf einundzwanzig zu erhöhen. Der Antrag wurde angenommen.«
    Miri nickte. Sie war nicht überrascht. Natürlich wollte Großmutter sie jetzt nicht mehr im Rat haben, und natürlich stimmten alle Ratsmitglieder zu. Es hatte immer welche gegeben, denen die zweierlei Stimmrechtskriterien für Mitglieder der Familie Sharifi einerseits und für die Allgemeinheit andererseits ein Dorn im Auge gewesen waren – obwohl es eigentlich nur Sache der Familie Sharifi war, wem sie ihre Stimmrechte zuteilte. Aber vielleicht stammte der Unmut über ihren Sitz im Hohen Rat aus derselben Quelle wie die Rechtfertigung dafür: Sie war eine Super.
    Giles fing an, gewaltige Tritte mit seinen festen Beinchen auszuteilen, und begann zu kreischen. Jetzt endlich stellte Ricky ihn auf den Boden und lächelte matt. »Ich dachte wohl, wenn ich ihn lang genug festhalte, würde er einen ganzen Satz von sich geben. Wie etwa: ›Vater, bitte laß mich hinunter, ich möchte auf Entdeckungsreise gehen.‹ Mit zwei Jahren konnte man das von dir erwarten.«
    Miri strich Giles über den Kopf, während er glücklich das GenMod-Gras inspizierte; dank der perfekt arbeitenden Ionenpumpe benötigte das Gras nur minimale Nährstoffmengen. Giles’ Haar fühlte sich weich und seidig an. »E-E-Er ist n-n-nicht ich.«
    »Nein. Daran muß ich in Zukunft denken. Miri, was hast du denn gestern nacht zusammen mit den anderen SuperS in Aliens Labor getrieben?«
    Sie erschrak. Wenn Ricky es bemerkt und darüber Spekulationen angestellt hatte, traf das dann auch für andere Erwachsene zu? Konnten Spekulationen allein den Bettlern schon schaden? Terry und Nikos sagten zwar, niemand könne die Sicherheitsmaßnahmen durchbrechen, die sie getroffen hatten, aber selbstverständlich konnte jeder sich fragen, weshalb so tiefgreifende Sicherheitsvorkehrungen überhaupt existierten. Würden Fragen ausreichen, um Vergeltungsaktionen auszulösen? Was wußte Miri – oder irgendein anderer Super – schon davon, wie die NormS wirklich dachten?
    »Ich nehme an«, sagte Ricky behutsam, »ihr habt alle getrauert, in völliger Zurückgezogenheit und auf eure eigene Weise. Ich denke, falls ihr euch wieder trefft und falls nachher irgendwelche NormS fragen, was ihr gemacht habt, werdet ihr ihnen das erzählen.«
    Miri nahm die Hand von Giles’ Haar und ließ sie in die ihres Vaters gleiten. Ihre Finger, dank Miris SuperStoffwechsel vom Blut heiß und rasendschnell durchflossen, wanden sich mit zuckenden Muskeln um seine kalten.
    »J-Ja, P-P-Papa«, sagte sie. »D-Das w-w-werden w-wir.«
     
    Sie brauchten anderthalb Monate für die Programmierung von geheimen Zugriffen auf Sanctuarys Hauptcomputersysteme: Lebenserhaltung, Verteidigung, Sicherheit, Kommunikation, Wartung und Datenspeicher. Terry Mwakambe, Nikos Demetrios und Diane Clarke erledigten den Großteil der Arbeit. Sie stießen auf einige Sicherheitssperren in den Programmen, die sie nicht knacken konnten, in erster Linie bei der Verteidigung nach außen hin. Terry arbeitete verbissen dreiundzwanzig Stunden täglich, getarnt von einem Programm, das die Überwachung austrickste und das er selbst entwickelt hatte. Miri hätte gern gewußt, bei welcher Tätigkeit ihn das Programm zeigte, fragte ihn aber nicht. Terrys wortlose Frustration angesichts seines Unvermögens, die letzten paar Sicherheitssysteme zu knacken, war geradezu körperlich spürbar, wie ein Luftstoß. Miri hingegen war überrascht, wie rasch es den Bettlern gelungen war, die Orbitalstation mehr oder weniger zu übernehmen, obwohl sie bislang eigentlich noch nichts geändert

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