Bettler 01 - Bettler in Spanien
soweit sein sollte, würden sie es irgendwie schaffen, sie von der Teilnahme an den Spielen auszuschließen.
Jack Bellingham würde wie Leisha im September mit dem College anfangen. Doch im Gegensatz zu Leisha hatte er mit seiner Karriere schon begonnen. Um Rechtsanwalt zu werden, benötigte man ein Jurastudium; um Geld zu machen, benötigte man nur Geld. Jack hatte nicht viel davon, doch nach einer eingehenden Analyse des Finanzmarktes investierte er seine bei Ferienjobs verdienten sechshundert Dollar in Aktien, die auf einen Wert von dreitausend Dollar kletterten; durch neuerlichen Einsatz seines Kapitals hatte er schließlich zehntausend Dollar, und das reichte für die Spekulation an der Effektenbörse. Jack war erst fünfzehn und damit noch nicht alt genug, um selbst rechtsgültige Investitionen zu tätigen, also wurden die Transaktionen alle in Kevin Bakers Namen durchgeführt, des ältesten der jungen Schlaflosen, der in Austin wohnte. Jack sagte zu Leisha: »Als ich nach zwei aufeinanderfolgenden Vierteljahren bei vierundachtzig Prozent Gewinn angekommen war, ist es den Datenanalytikern aufgestoßen. Na ja, zum Rumschnüffeln sind sie schließlich da, auch wenn die effektiven Summen eher klein sind. Es geht ihnen um das Schema. Aber wenn sie sich die Mühe machen und in den Datenbanken nach Querverbindungen suchen, dann könnten sie feststellen, daß Kevin einer von den Schlaflosen ist. Ich frage mich, ob sie dann versuchen werden, unsere Investitionstätigkeit zu stoppen.«
»Aber das ist doch paranoid!« meinte Leisha.
»Keineswegs«, widersprach Jeanine. »Leisha, du weißt nicht, wie es ist!«
»Wohl weil mich das Geld und die Fürsorge meines Vaters bis jetzt von den Realitäten des Lebens ferngehalten haben!«
Keiner verzog eine Miene. Sie alle waren es gewöhnt, sich ernsthaft den Gedanken des anderen zu stellen. Ohne Zweideutigkeiten. Ohne Träumerei.
»Ja«, sagte Jeanine. »Klingt phantastisch, dein Vater. Und er hat dir die Einstellung mit auf den Weg gegeben, daß man dem Streben nach Leistung und Erfolg keine Fesseln anlegen darf – meine Güte, er ist ja Yagaiist! Gut, gut! Wir freuen uns für dich.« Sie sagte es ohne jede Spur von Sarkasmus. Leisha nickte. »Aber die Welt ist nicht überall so. Die anderen hassen uns.«
»Das ist zu dick aufgetragen«, warf Carol ein. »›Hassen‹ ist übertrieben.«
»Mag sein«, räumte Jeanine ein. »Aber sie sind anders als wir. Wir sind einfach die Besseren, und selbstverständlich verübeln sie uns das.«
»Ich weiß nicht, was daran selbstverständlich sein soll«, sagte Tony. »Warum sollte es nicht ebenso selbstverständlich sein, das Bessere zu bewundern? Wir tun das. Sind wir böse auf Kenzo Yagai, weil er ein Genie ist? Auf Nelson Wade, den Physiker? Auf Catherine Raduski?«
»Wir sind deshalb nicht böse auf all diese Leute, weil wir dem Rest der Welt überlegen sind«, erklärte Richard. »Quod erat demonstrandum.«
»Und deshalb müssen wir uns zusammentun«, sagte Tony. »Zu einer eigenen, geschlossenen Gemeinschaft. Warum sollten wir ihnen und ihren Regeln und Vorschriften das Recht zugestehen, uns in unserem natürlichen, rechtschaffenen Streben nach großen Leistungen zu hemmen? Warum sollte es Jeanine untersagt sein, sich auf dem Eis mit ihnen zu messen, oder Jack, zu denselben Bedingungen wie alle anderen zu investieren? Bloß weil wir Schlaflose sind? Manche von denen sind doch auch klüger als der Rest. Manche verfügen über größere Ausdauer als die anderen. Nun, wir verfügen über eine höhere Konzentrationsfähigkeit, eine bessere biochemische Stabilität und über mehr Zeit. Alle Menschen sind nicht gleich erschaffen worden.«
»Sei gerecht, Jack. Noch hat uns niemand irgend etwas untersagt«, gab Jeanine zu bedenken.
»Dazu kommt es aber früher oder später.«
»Wartet mal!« rief Leisha. Die Richtung, die das Gespräch genommen hatte, beunruhigte sie zutiefst. »Wir sind den anderen zwar in vielerlei Hinsicht überlegen, das stimmt schon, aber was du zitierst, Tony, ist aus dem Zusammenhang gerissen. Die Unabhängigkeitserklärung behauptet nicht, daß alle Menschen von ihrem Schöpfer mit gleichen Fähigkeiten ausgestattet wurden, sie gesteht ihnen nur die gleichen Rechte und Möglichkeiten zu; sie spricht von der Gleichheit vor dem Gesetz. Wir haben daher genausowenig wie alle anderen das Recht auf eine eigene Gemeinschaft oder darauf, die Regeln und Vorschriften der Gesellschaft zu ignorieren. Nur wenn
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