Bettler 01 - Bettler in Spanien
Vereinigten Staaten.«
Ricky Sharifi sagte: »Du verläßt dich also auf die Anständigkeit der Bettler und benutzt sie als Waffe, um deinen Krieg zu gewinnen.«
»Ich glaube, Ricky«, sagte Jennifer beherrscht, »du erinnerst dich nicht an die Vorkommnisse, an die Will und ich uns erinnern, sonst würdest du nicht von einer Anständigkeit der Bettler sprechen. Und ich glaube auch, daß du deine künftigen Kommentare bei dir behalten solltest.«
Wenn ihre Stimme leicht klirrend klang, so war es nur ein klein wenig, und niemand vernahm es außer Ricky und Jennifer selbst. Zumindest ließ nichts darauf schließen, daß jemand sonst es vernommen hatte.
Richard Keller hatte den Holoraum so leise betreten, daß niemand gleich bemerkte, daß er da war. Er stand hinter Stella und Jordan an die Wand gelehnt, und seine dunklen Augen über dem dichten Bart lagen tief in dunklen Höhlen. Drew bemerkte ihn als erster. Drew hatte Richard nie besonders gemocht, der auf ihn den Eindruck machte, als hätte er aufgegeben und sich zurückgezogen, obwohl Drew nicht sagen konnte, wovon, denn immerhin hatte Richard noch einmal geheiratet, ein weiteres Kind gezeugt, hatte die ganze Welt bereist, Erfahrungen gesammelt und gearbeitet. Leisha hingegen hatte nichts davon getan. Und doch schien es Drew, als hätte Leisha, vergraben in ihren vier Wänden mitten in der Wüste nicht aufgegeben und Richard schon.
Das ergab keinen Sinn. Drew schlug sich noch ein Weilchen mit den Abstraktionen herum und ließ dann den Versuch sein, das Ganze in Worten zu durchdenken. Statt dessen ließ er kühle Schatten, die Richard und Leisha waren und auch wieder nicht, durch sein Bewußtsein ziehen.
Richard klebte zusammengesunken an der Wand und lauschte den schrillen Nachrichtenkommentatoren, deren hysterisches Gekreisch den Tod jener Kinder forderte, die er seit vierzig Jahren nicht gesehen hatte.
Wenn die Regierung sich wirklich dazu entschloß, Sanctuary zu sprengen, dachte Drew plötzlich, würde Richard immer noch Ada und Sean haben. Und wenn Sean starb, bei irgendeinem Unfall etwa – Drews Erfahrungen nach starben Kinder häufig bei Unfällen –, würde Richard dann noch ein Kind haben, mit Ada oder einer anderen Frau? Ja. Und falls auch dieses Kind starb, würde Richard es durch ein weiteres Kind ersetzen. Ganz sicher. Und dann durch noch eines…
Drew begann zu erkennen, was es war, das Richard aufgegeben hatte und Leisha nicht.
»Hier spricht der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich wende mich mit einer Botschaft an Sanctuary, Incorporated.« Meyerhoffs Gesicht erfüllte fast überlebensgroß den Bildschirm. Typisch Schläfer, dachte Jennifer, sie vergrößern das Bild und denken, das vergrößert die Realität. Jeder im Tagungshaus, der nicht mit wirklich wichtiger Überwachungstätigkeit beschäftigt war, eilte zum Bildschirm. Najla biß sich auf die Unterlippe und rückte einen Schritt näher an ihre Mutter heran. Paul Aleone verschränkte die Finger beider Hände.
Die Leitung war auf Gegenempfang geschaltet. »Hier spricht Jennifer Sharifi, geschäftsführende Direktorin von Sanctuary, Incorporated und Vorsitzende des Hohen Rates der Orbitalstation Sanctuary. Wir hören, Mister President.«
»Miss Sharifi, Sie handeln in grober Mißachtung der Gesetze der Vereinigten Staaten. Das ist Ihnen doch bewußt?«
»Wir sind nicht mehr Bürger der Vereinigten Staaten, Mister President.«
»Ihr Vorgehen stellt darüber hinaus eine Verletzung der Übereinkunft der Vereinten Nationen aus dem Jahr zweitausendzweiundvierzig, sowie eine Verletzung der Genfer Konvention dar.«
Jennifer schwieg; sie wartete ab, daß dem Präsidenten dämmerte, daß er Sanctuary soeben den Status eines souveränen Staates eingeräumt hatte. Und die Sekunde, als es ihm klar wurde, entging ihr nicht, obwohl er es schaffte, das Eingeständnis der Panne auf diese eine Sekunde zu beschränken. Sie sagte: »Legen Sie dem Kongress eine Resolution mit dem Inhalt vor, daß Sanctuary ein von den Vereinigten Staaten unabhängiges Gebilde ist, und wir beide werden aufhören können, die Situation zu diskutieren, in der wir uns befinden.«
»Das werden die Vereinigten Staaten nicht tun, Miss Sharifi. Ebensowenig werden wir mit Terroristen verhandeln. Hingegen werden wir den Hohen Rat von Sanctuary, jedes einzelne seiner Mitglieder, wegen Landesverrat vor Gericht stellen und die ganze Härte des Gesetzes spüren lassen.«
»Es ist nicht Landesverrat, das
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