Bettler 01 - Bettler in Spanien
Mein Gott, Jennifer, er hat das Zeug zum Großteil selbst erfunden!«.
»Ich will auch nicht, daß er überwacht wird. In keiner Weise. Auf diese Art kann man einen Mann wie Kevin nicht halten. Auch nicht mit Solidaritätsgefühlen. Wir werden das mit materiellen Interessen und vertragsmäßigen Bindungen erreichen. Die Werkzeuge des Yagaiismus, die wir uns zunutze machen. Und alles ohne die geringste Überwachung.«
Sandaleros hatte sichtlich seine Zweifel, aber er machte keine Einwände. Das war noch etwas, das darauf wartete, von ihr geformt zu werden: Er mußte lernen, ihr zu widersprechen. Geschmiedetes Metall war stets stärker als ungeschmiedetes.
»Wer von draußen hat sonst noch den Eid geleistet?« fragte sie.
Er nannte ihr die Namen und die dazugehörigen Pläne, wie jeder von ihnen nach Sanctuary gebracht werden sollte. Jennifer lauschte schweigend; doch der andere Name, den sie hören wollte, befand sich nicht darunter. »Stella Bevington?«
»Nein.«
»Es hat Zeit.« Jennifer senkte den Kopf und dann fragte sie sie, die eine Frage, die sie sich bei jedem Besuch von Sandaleros gestattete. Die letzte Schwäche, die ihr noch geblieben war. »Und meine Kinder?«
»Es geht ihnen gut. Najla…«
»Grüße sie von mir. Und nun zu etwas, das du für mich in die Wege leiten mußt, Will. Ein wichtiger nächster Schritt. Vielleicht der wichtigste, den Sanctuary je tun wird.«
»Ich höre.«
Sie sagte es ihm.
Jordan schloß die Tür seines Büros hinter sich, und augenblicklich brach der Lärm ab – das Rat-a-tat-tat der Maschinen auf dem Boden der Fabrikshalle, die Rockmusik, die schreienden Stimmen und vor allem die Berichte vom Sharifi-Prozeß auf den zwei Superbildschirmen, die Hawke gemietet und an den beiden Enden der riesigen Haupthalle aufgestellt hatte. Das alles war mit einemmal zu Ende. Jordan hatte sein Büro auf eigene Rechnung schalldicht machen lassen.
Er lehnte sich gegen die geschlossene Tür, dankbar für die Stille, die ihn umgab. Das ComLink schrillte.
»Jordan, hörst du mich?« sagte Mayleen aus dem Wächterhäuschen. »Krawall in Halle drei, ich kann Mister Hawke nirgends finden, also Tempo!«
»Was für Krawall?«
»Sieht nach ‘ner Prügelei aus. Die Kamera ist nicht richtig angebracht, sollte sich jemand ansehen. Wenn sie nicht vorher schon kaputtgeht.«
»Bin schon auf dem Weg«, sagte Jordan und riß die Tür auf.
»Also sag’ ich ihr…«
»Gib doch mal die Nummer Fünf dort rüber…«
»Die jüngsten Zeugenaussagen scheinen ein zweifelhaftes Licht auf Doktor Adam Walcott zu werfen, das angebliche Opfer eines Komplotts von Sanctuary…«
» Daaancing all night with a-you-u-u-uuu…«
»… eines schweren Angriffs auf die Schlaflosenfirma Carver & Daughter, der letzte Nacht von unbekannten …«
Seinen Urlaub, nahm sich Jordan vor, würde er irgendwo verbringen, wo es still war, an einem verlassenen, menschenleeren Ort. Allein.
Er lief außen an der Haupthalle entlang und über einen schmalen Grünstreifen – die Arbeiter nannten ihn ›den Park‹ – auf die kleineren Gebäude zu, in denen die Produktkontrollen durchgeführt, von Zulieferern gefertigte Teile und versandbereite Roller gelagert und der Maschinenpark gewartet wurden. Halle drei diente der Eingangskontrolle: halb Lagerhaus, halb Sortierbetrieb, um das einlangende Wir schlafen!- Rollerzubehör in Brauchbares und Unbrauchbares zu trennen. Es gab stets eine Menge defekter Teile. Verpackungen aus Sprühschaum bedeckten den Boden, und im hintersten Winkel der Halle, verborgen von hohen Lagerregalen, befanden sich die Leute, von denen der Krawall herrührte. Als Jordan in die Richtung rannte, aus der der Lärm kam, krachte ein zweieinhalb Meter hoher Regalteil zu Boden und verspritzte Rollerbestandteile wie Granatsplitter. Eine Frau schrie auf.
Die Sicherheitsleute der Fabrik waren bereits eingetroffen, zwei kräftige Uniformierte, die einen Mann und eine Frau festhielten. Beide wehrten sich heftig und brüllten; die Wachen sahen ein wenig befremdet drein, denn körperliche Auseinandersetzungen waren selten unter der Wir schlafen! -Belegschaft, die von Hawke zu einem geradezu rauschhaft übersteigerten Zusammenhaltsgefühl gepeitscht wurde. Auf dem Boden saß ein Dritter und hielt sich den Kopf. Neben ihm lag eine hünenhafte Gestalt – reglos und blutüberströmt.
»Was, zum Teufel, ist hier geschehen?« herrschte Jordan die Leute an. »Wer ist das – Joey?«
»Er ist ein Schlafloser!«
Weitere Kostenlose Bücher