Bettler 03 - Bettlers Ritt
umgestelltes Baby, das an einer Krankheit gestorben war, die mit einer Umstellungs -Spritze hätte geheilt werden können?
Ein Abschnitt der blauen Wand schimmerte und wurde zu einem riesigen Bildschirm. Er zeigte einen etwa vierzigjährigen Mann, der, wie Theresa wußte, bereits siebenundsiebzig war. Die dunklen Augen über dem dichten schwarzen Bart wirkten müde.
»Ich bin Richard Sharifi, Miranda Sharifis Vater. Der Zutritt zu La Solana ist verboten. Wenn Sie eine Botschaft für Miranda Sharifi hinterlassen möchten, geben Sie dem Aufzeichnungsgerät den Startbefehl. Sämtliche Botschaften für Miranda werden täglich nach Selene gestrahlt. Kein Gegenstand, den Sie außerhalb dieser Wand zurücklassen, wird je abgeholt oder untersucht werden. Vielen Dank.« Das Bild verschwand.
Das war es. Theresa verschränkte die Finger ihrer Hände. »Aufzeichnung-Start.«
»Aufzeichnung startet.«
»Mein Name ist Theresa Aranow. Sie kennen mich nicht. Ich bin… niemand. Aber so viele Babies müssen sterben, weil sie nicht umgestellt sind…«
Sie brach ab; Richard und Miranda Sharifi wußten das bereits. Was konnte sie sagen, um das Interesse der beiden zu wecken, um sie zu überzeugen… wovon? Daß die Menschen Hilfe brauchten? Wer war sie denn, um anzunehmen, ausgerechnet sie könnte irgend jemandem Hilfe bringen? An manchen Tagen schaffte sie es kaum, morgens aus dem Bett zu kommen!
Aber nicht heute. Sie versuchte es noch einmal.
»Ich bin niemand. Ich bin nicht einmal umgestellt. Ich wollte… Ich mußte das behalten, was ich bin, weil ich für eine Macherin nicht normal bin, und wenn ich das verliere, dann verliere ich Theresa. Ich verliere… das, was ich sein soll, um das zu finden… wonach ich suche.«
Etwas ging in ihr vor. Das Gefühl von Kompetenz, das sie überkommen hatte, als sie Cazie gewesen war, kehrte zurück, aber nicht deshalb, weil sie wieder jemand anderer wurde. Sondern weil sie die zutiefst echte, felsenfest reale Theresa war. Die Worte sprudelten genauso mühelos wie damals, als sie im Kloster der Schwestern des barmherzigen Himmels mit Schwester Anne gesprochen hatte.
»Ich könnte mich umstellen lassen, und vielleicht würde es keinen Unterschied machen. Ich weiß, daß ich so, wie ich bin, recht teuer komme. Ich muß richtiges Essen haben. Ein Heim, das frei von Krankheitskeimen ist. Sauberes Wasser. All diese Dinge kosten Geld, und wenn ich nicht so viel Geld hätte, und wenn mein Bruder nicht Arzt wäre, dann wäre es unrecht von mir, mich nicht umstellen zu lassen, weil ich eine solche Last für meine Umgebung wäre. Aber ich habe Geld, und ich habe Jackson, und so wäre es unrecht von mir, alles so einzurichten, daß mir nichts weh tut. Ich muß leiden. Alle Menschen müssen in irgendeiner Form leiden, sonst werden sie… nachlässig. Nein, das ist nicht das richtige Wort. Miranda…«
Sie sprach direkt zu Miranda, die nicht einmal auf der Erde war, aber das machte nichts. Theresa redete weiter.
»Miranda, ich weiß nicht das richtige Wort dafür, wie Menschen werden, wenn sie kein Gefühl mehr haben für Leid und Alleinsein. Aber irgend etwas geschieht mit ihnen. Wenn sie immerzu diese Neuropharms nehmen, dann können sie sich nicht mehr selbst spüren, und sehr bald können sie andere Menschen auch nicht mehr spüren. Sie werden so wie Cazies Freunde und vielleicht so wie Cazie selbst… Ich weiß nicht. Im Innersten ist Cazie gut. Aber sie verbrauchte so viele Inhalatoren, um ihr Leid zuzudecken, daß sie sehr bald Jacksons Leid nicht mehr sehen konnte und sehr bald danach konnte sie Jackson auch nicht mehr sehen. Er ist einfach ein Möbelstück in ihrem Leben, ein Rob mehr.
Die Menschen müssen leiden! Sie müssen es auf sich nehmen, daß sie das Leid spüren. Sie müssen sich dazu zwingen, es zu erdulden und dürfen es nicht mit EndorKiss oder Neuropharms oder Sex oder Geldverdienen zupflastern… Nur so können wir merken, daß wir etwas anders machen müssen! Daß wir genauer hinsehen sollten, in uns selbst hinein und in alle anderen auch… Man kann nicht einfach um das Leid herumgehen, man muß durch es hindurchgehen, um auf die andere Seite zu gelangen, dorthin, wo unsere Seele ist… ach, ich weiß nicht! Ich bin einfach nicht klug genug! Mit meinen embryonischen GenMods ist irgend etwas schief gelaufen, und so bin ich nicht klug wie Jackson oder Cazie… aber ich weiß, daß Sie uns mehr Umstellungs -Spritzen geben müssen, damit die Babies lange genug leben, um ihr
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