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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Boston abhob. In diesem Monat erblühten die öffentlichen Gärten unter ihnen ausschließlich in Gelb: Forsythien, Narzissen, gelbe Rosen und Stiefmütterchen in einem kunstvollen GenMod-Chaos. Die Kuppel des Parlamentsgebäudes glänzte golden in der Spätnachmittagssonne, und hinter der Kuppel brodelte graugrün das Meer. Nach einem ganzen, hauptsächlich vor Terminals verbrachten Monat fanden Jacksons Finger nur zögernd ihren Weg auf dem Instrumentenbrett. Er stellte die Automatik ein und preßte die Schultern gegen die Rückenlehne. Er war sehr müde.
    »Was ist immer und immer wieder dasselbe?« fragte Vicki.
    »Bei den Menschen. Sie machen immer und immer wieder dasselbe. Auch wenn nichts dabei herauskommt.«
    »Und über welche Menschen im speziellen reden wir da?« Vicki legte die Hand auf Jacksons Schenkel. Er bedeckte sie mit seiner und dachte augenblicklich: Wo sind die Überwachungskameras? Einundzwanzig Tage der Zurückhaltung, des Bewußtseins, beobachtet zu werden… Aber in seinem Luftwagen gab es keine Überwachungskameras. Oder am Ende doch? Drei Wochen lang hatte der Wagen unter der K-C-Kuppel gestanden: natürlich waren Überwachungskameras darin! Aber er war ohnehin zu müde für Sex.
    »Über alle Menschen«, sagte er. »Wir alle tun immerzu das, was wir immer getan haben, auch wenn es nicht funktioniert. Jennifer Sharifi hat immerzu versucht, alles, was eine Bedrohung für Sanctuary hätte werden können, zu bekämpfen. Miranda Sharifi hat immerzu auf eine verbesserte Technik gebaut, die uns arme beschränkte Bettler, die schlafen müssen, auf eine höhere Stufe emporheben sollte. Bei Kelvin-Castner verfolgt man immerzu den Weg des größten Profits, egal, wohin dieser Weg auch führt. Lizzie wird immerzu Daten fischen, egal, welches System sie vor sich hat. Cazie…« Er hielt inne.
    »… wird immerzu ihre Vorstellungen geben, und zwar für jenes Publikum, das ihren Hunger nach Applaus am eifrigsten stillt«, ergänzte Vicki säuerlich. »Und was ist mit dir? Was wirst du immerzu tun, Jackson?«
    Er schwieg.
    »Hast du nicht daran gedacht, deine Theorie auch auf dich selbst anzuwenden? Na gut, dann werde ich es tun. Jackson wird immerzu voraussetzen, daß das medizinische Modell alles über Menschen erklären kann. Stell die Biochemie dar, und du verstehst das Individuum.«
    Er warf einen Seitenblick auf Vicki. Ihre Augen waren geschlossen, und er vermißte den Anblick des herrlichen Violetts. Sie hatte ihre warmen Finger unter den seinen hervorgezogen. »Du hörst dich an wie Theresa«, sagte er.
    »Theresa«, murmelte Vicki, ohne die Augen zu öffnen, »lernt gerade, etwas anderes zu tun. Etwas sehr anderes.«
    »Es ist dennoch nichts anderes als eine Biofeedbackkontrolle der Hirnchemie, die…«
    »Du bist ein Idiot, Jackson«, unterbrach Vicki ihn. »Ich weiß wirklich nicht, wieso ich einen Mann so lieben kann, der ein solcher Idiot ist! Beobachte Theresa, wenn sie erfährt, daß das Angst-Neuropharm ansteckend ist. Beobachte sie nur einfach. Doch mittlerweile… Luftwagen, lande dort unten auf dieser Lichtung rechts vorne.«
    Die Blumen auf der Lichtung waren keine GenMods. Das Gras war hart, und alles roch nach wilder Minze. Die Luft war ein wenig zu kalt – zumindest für nackte Körper. Aber Jackson entdeckte, daß er nicht halb so müde war, wie er gedacht hatte.
    Hinterher schmiegte Vicki sich an ihn; ihr langer, schlanker Körper trug die Abdrücke von Gras und Kräutern, und sie roch nach zerquetschter Minze. Jackson strich über ihre Gänsehaut. An seiner Schulter spürte er, wie ihre Lippen sich zu einem Lächeln formten.
    »Einzig und allein Biochemie, Jackson?«
    Er lachte; er fühlte sich viel zu gut, um ihr zu widersprechen. »Du gibst wohl nie auf, wie?«
    »Ich würde dir nicht gefallen, wenn ich es täte. Also: nur Biochemie?«
    Er schlang die Arme um sie. Sie mußten zum Wagen zurückkehren; diese naturbelassene Wiese war ein zu hartes Lager. Und außerdem zu leicht einzusehen. Und dazu mit bissigen Insekten übersät. Und darüber hinaus mußte er Theresa besuchen, dann wieder zurückfliegen zu Kelvin-Castner, den Rechtsstreit in Gang bringen, der K-C zwingen sollte, jetzt, da das Neuropharm von einzelnen Attacken zu einer allgemeinen Gesundheitsbedrohung angewachsen war, sämtliche Daten dem Zentrum für Seuchenkontrolle zur Verfügung zu stellen…
    In Vickis Stimme schwang plötzlich Unsicherheit mit – diese unerwartete Eigenschaft, die zu unerwarteten

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