Bettler 03 - Bettlers Ritt
er müßte sie mit den Zähnen festhalten.
»Ich habe sie einem Nutzer-Stamm geschenkt«, sagte Theresa.
»Du hast den ganzen Rest meiner Umstellungs -Spritzen einem Nutzerstamm gegeben? Welchem Stamm?«
»Ich weiß es nicht. Dem erstbesten.«
»Wo?«
»Weiß ich nicht mehr.«
Jackson verschränkte die Finger, bis sie weiß wurden. »Warum?«
»Weil sie sie brauchen. Sonst werden ihre Kinder krank und sterben.«
»Aber Tessie, ich brauche sie auch! Für die Babies meiner Patienten! Wußtest du, daß es die letzten Spritzen waren, die ich hatte?«
»Ja«, flüsterte sie. Noch nie hatte sie ihren Bruder so gesehen. So ruhig. Nein, das stimmte nicht ganz, Jackson war üblicherweise immer ruhig. Aber nicht so.
»Theresa. Ich brauche mein Handwerkszeug, um den Menschen helfen zu können. Ich brauche die Spritzen. Und Miranda Sharifi versorgt uns nicht mehr damit… das weißt du! Jedem Arzt in diesem Land gehen die Umstellungs -Spritzen aus, und keiner kann neue bekommen! Wie soll ich den Neugeborenen helfen, wenn ich keine Spritzen habe?«
»Du kannst sie behandeln, Jackson.« Sie hatte Zeit gehabt, um über diese Sache nachzudenken; jetzt war sie ruhiger als bei ihrer Rückkehr. Ein wenig ruhiger. »Die Menschen in der Enklave haben dich. Aber diese Nutzer-Babies da draußen haben gar nichts. Und ich wollte…« Sie hielt inne.
Jackson sagte mit einem würgenden Geräusch in der Kehle: »Du wolltest ihnen irgend etwas geben.«
»Ich muß irgend jemandem irgend etwas geben!« rief Theresa.
Jackson wandte sich ab, zum Fenster. Er stand mit dem Rücken zu Theresa und blickte hinaus in den Park. Theresa machte einen Schritt auf ihn zu und blieb stehen. »Siehst du das nicht ein, Jackson?«
»Doch, ich sehe es ein«, sagte er, und sie fühlte sich ein wenig besser, auch wenn er sich nicht umdrehte.
»Und du kannst den Leuten in unserer Enklave wirklich helfen«, sagte sie. »Du kannst ihnen so helfen, wie du es gelernt hast. Schließlich bist du doch Arzt, oder?«
Doch diesmal antwortete Jackson überhaupt nicht.
INTERMEZZO
SENDEDATUM: 5. Januar 2121
GEHT AN: Mondbasis Selene
VIA: AT&T-ComLink-Satellit 4, Holsat 643-K (China)
NACHRICHT – ART: nicht verschlüsselt
NACHRICHT – KLASSE: unklassifiziert; Übermittlung nicht legal
AUSGEHEND VON: keine Identifikation
NACHRICHT LAUTET:
Erst gibst du uns Umstellungs -Spritzen, damit wir von euch Nicht-Menschen abhängig werden. Dann hörst du auf, uns die Spritzen zu liefern, damit wir krank werden und verhungern. Was ist das anderes als Völkermord? Du denkst, keiner weiß, was ihr im Sinn habt. Stimmt nicht, du Miststück. Überall in Amerika gibt es Gruppen, die genau wissen, was da wirklich im Gange ist! Was ihr wirklich vorhabt. Nämlich, uns zu kontrollieren und zu schwächen und dann zum Angriff überzugehen. Das wird nicht funktionieren! Ein paar von uns, die sich nichts vormachen lassen von den beschissenen Feiglingen, die sich Regierung nennen, warten nur darauf, daß du endlich runterkommst von deinem Schlupfwinkel. Wir Schläfer sind stärker, als ihr denkt, und wir schätzen die Freiheiten, die uns Gott und die Verfassung gegeben haben! Zu viele Amerikaner sind in den letzten 350 Jahren gestorben, als daß wir uns diese Freiheiten nehmen lassen, ohne uns zu wehren.
Vergiß das nicht.
BESTÄTIGUNG: keine
9
Am 31. Dezember saß Jackson in seinem Apartment, sah sich Aktualitätenschauen an, die er eigentlich gar nicht sehen wollte, und widerstand dem Gedanken, sich an diesem letzten Tag der Eintragungsfrist für die Sonderwahl im April nach Willoughby aufzumachen.
»Die blutigen Auseinandersetzungen in der Bay-Enklave von San Francisco haben zwar kaum eine Stunde gedauert«, sagte der gutaussehende GenMod-Journalist vor den Holos des Angriffs, »aber die Folgen sind anhaltender. Stephanie Brunell, die Polizeichefin der Enklave, drückte Empörung und Verwunderung über die Attacke der Terroristengruppe aus, die sich selbst ›Nutzer an die Macht‹ nennt und deren Motiv angeblich die Suche nach Umstellungs -Spritzen war. Die Ermittlungen der Polizei konzentrieren sich nun auf die Frage, wie sowohl der Y-Schild als auch die Bioschutzsysteme von der Untergrundorganisation überbrückt werden konnten…«
Durchs Fischen in euren Datenbanken, ihr Blindgänger, dachte Jackson, aber das will ja keiner glauben, weil es bedeuten würde, daß die Nutzer fähig wären, sowohl das Manipulieren kompliziertester
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