Beuteschema: Thriller (German Edition)
Schwierigkeiten gewesen. Ihre schlimmste Missetat, an die sich irgendwer erinnerte, war, dass sie Marihuana geraucht hatte. Einmal.
Aus der Sicht eines Polizisten des Morddezernats gehörte Lizzie Masterson damit zu den reinsten, unschuldigsten Mordopfern, zu denen, die es am wenigsten verdient hatten– und es machte sie zu einem der interessantesten für New Yorks gefräßige Medien, die wochenlang ihr Abschlussfoto abdruckten, zusammen mit schauerlichen Tatortfotos, an die sie über eine undichte Stelle gelangt waren.
Es war eine frustrierende, aufsehenerregende Ermittlung gewesen, bei der Nick ständig den heißen, nach Zigarren stinkenden Atem des Leiters der Detectives im Nacken gespürt hatte. Aber jede nur einigermaßen vielversprechende Spur endete rasch an einer Ziegelmauer, und nach zwei Monaten mit Achtzehnstundentagen und null Ergebnissen war Lizzies Akte in den Aktenschrank gewandert, um dort in Vergessenheit zu geraten. Falls kein Wunder geschah.
Wie zum Beispiel ein, zwei neue Morde, von demselben Scheusal verübt.
Das war Nicks schlimmster Albtraum: dass er einen neuen Mordfall zugeteilt bekam, begangen von dem eiskalten Killer, den er ein Jahr zuvor hätte dingfest machen müssen. Nick konnte sich jedoch schwerlich für die neuen Morde verantwortlich machen. Er hatte mit Zähnen und Klauen darum gekämpft, den Masterson-Fall weiterzuverfolgen. Seine Bemühungen fanden ein jähes Ende, als er nach dem plötzlichen, tragischen Tod seiner Frau vom Trauerurlaub zurückkehrte, nur um sofort Waffe und Dienstmarke abgenommen zu bekommen und zu Central Booking versetzt zu werden, und er war davon ausgegangen, dass er dort verrotten würde, nicht viel anders als Lizzie selbst.
Bis jetzt.
Beim Betrachten der Masterson-Fotos wurde Nick klar, dass ihn ein Unterschied zwischen Lizzies Fall und den jüngsten Morden störte. Er legte zwei Fotos nebeneinander auf seinen Schreibtisch. Eins war eine Vergrößerung des einfachen Knotens direkt über Lizzies Luftröhre. Das andere war ein frisches Foto des dicken Seils und des merkwürdigen Knotens um den Hals des noch immer namenlosen Opfers von Coney Island.
» Das ist ein holländischer Marine-Palstek«, ertönte eine Stimme hinter ihm.
Nick drehte sich um. Wessel schaute ihm über die Schulter.
» Wie bitte?«
» Der Knoten.« Wessel deutete auf das Foto der unbekannten Toten. » Es ist ein sogenannter Palstek, wie ihn die holländische Marine benutzt.«
Nick fing an, den Jungen zu mögen, aber das Ritual verlangte, dass er ihn erst einmal auflaufen ließ. » Und das weißt du, weil du in der holländischen Marine warst, oder was?«
» Nein, ich hab es im Internet nachgesehen«, erwiderte Wessel, unsicher, ob es Nick ernst gemeint hatte.
» Ich frage mich, wie wir vor dem Internet eigentlich gelebt haben«, sagte Nick, während Lieutenant Wilkes ein paar zusammengeheftete Papiere auf seinen Schreibtisch warf.
» Die Gerichtsmedizin hat gerade den Obduktionsbericht über die unbekannte Tote auf Coney Island gefaxt«, sagte er und ging wieder.
Wessel stand daneben, als Nick den Bericht zur Hand nahm und zu lesen anfing. Nach einem Moment ging er zurück zu seinem eigenen Schreibtisch.
» Glaubst du, es ist derselbe Täter wie letztes Jahr und er entwickelt sich weiter?«, fragte ihn Nick.
Wessel überlegte, ob Nick ihn testen wollte. » Möglich«, sagte er. » Es könnten aber auch drei Verbrechen sein, die nichts miteinander zu tun haben…«
» Das glaube ich nicht«, sagte Nick. » In dem Bericht steht, auf der linken Brust der Unbekannten ist eine Quetschung, die an einen Knutschfleck erinnert.«
Wessel schaute auf die Autopsie-Fotos des letztjährigen Mordopfers.
» Genau wie bei dem Mädchen vom letzten Jahr«, sagte er und verbarg seine Überraschung. » Steht noch was da drin?«
» Keine Körperflüssigkeiten, obwohl sie vergewaltigt wurde«, erwiderte Nick. » Und kein Zyanid im toxikologischen Bericht.«
» Zyanid?«
» Ich habe Bittermandeln am Tatort gerochen. Muss ich mich wohl geirrt haben…«
» Wegen des Mords am Times Square… Catherine Mills«, ertönte eine weibliche Stimme vom andern Ende des Raums. » Ich soll nach Lieutenant Wilkes fragen.«
Nick wandte den Kopf in Richtung der Stimme, und im selben Moment zeigte Savarese in seine. » Detective Lawler bearbeitet diesen Fall«, sagte er.
» Das bin ich«, sagte Nick und durchquerte beim Anblick einer Frau, die seinen toten Opfern zu sehr ähnelte, rasch den Raum. Er
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