Beuteschema: Thriller (German Edition)
Vorhang im leichten Wind, der durch ein offenes Fenster wehte.
Das Fenster zur Feuertreppe.
Nick spürte, wie das Adrenalin durch seinen Körper schoss.
Etwas ist in dieser Wohnung passiert.
Er kam ans Ende des Flurs, wo das Wohnzimmer anfing, und schaltete das Licht ein. Alles wirkte normal.
Bis auf ein leeres Blatt Papier, das auf dem Boden lag, als hätte es jemand dort fallen lassen.
Oder es unter der geschlossenen Tür durchgeschoben, vor der es lag.
Nick bewegte sich in diese Richtung, der Geruch, den er wahrnahm, wurde stärker. Was immer hier passiert war, es war hinter dieser Tür geschehen.
Nick drehte den Türknopf um und stieß sie auf.
Und trat entsetzt einen Schritt zurück.
Es war Ian, der nackt, mit dem Gesicht nach oben auf dem Bett lag. Seine Augen waren herausgeätzt, Quimbys Signatur, das Seil, um seinen Hals gebunden, die Hände ans Kopfteil des Betts gefesselt. Die weiße Steppdecke unter ihm war dunkelrot und klebrig von den Messerhieben in seine Genitalien.
Er wurde vor Maggie ermordet, erkannte Nick. Quimby wollte Claire für sich. Und Ian musste er dazu aus dem Weg räumen.
» O Gott«, ertönte eine leise Stimme hinter Nick.
Er fuhr herum. » Nicht hinsehen«, sagte er und fasste sie am Arm.
Sie schüttelte ihn ab und ging weiter in den Raum, als hätte sie ihn nicht gehört.
» Sie können da nicht reingehen«, sagte Nick. » Das ist ein Tatort und…«
» Es ist mein Zuhause«, sagte Claire mit leiser Stimme. Irgendeine Kraft trieb sie auf Ian zu, die Tränen liefen ihr übers Gesicht, als sie sich dem Fußende des Betts näherte.
Ich habe ihn getötet. So wie ich Amy getötet habe.
Sie spürte, wie Nick sie am Arm nahm. Es war, als würde eine Welle von Mitgefühl von ihm zu ihr fließen wie elektrischer Strom, und es brachte ihre Mauern zum Einstürzen.
Langsam sank Claire auf die Knie und begann zu schluchzen. Nick hielt sie nicht auf, als sie den Kopf in den Teil der Decke vergrub, der nicht von Ians Blut befleckt war.
18
Nick trat zur Seite, als Detective Aitken mit einer großen Papiertüte, aus der eine weiße Steppdecke ragte, aus Ians Schlafzimmer kam.
» Wie viel noch?«, fragte er den jungen Mann.
» Das war der Rest«, antwortete Aitken. » Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
Nick sah nach, ob er an alles gedacht hatte. Dann entdeckte er Ians Computermonitor auf der andern Seite des Raums, und er erinnerte sich, was Claire ihm am Vorabend über die verdächtigen Umstände erzählt hatte, die Tammys medizinische Unterlagen umgaben.
» Nehmen Sie den PC mit. Wenn er einen Laptop oder ein Tablet hat, packen Sie die auch ein.«
» Soll die Computerabteilung nach etwas Bestimmtem suchen?«, fragte Aitken.
» Ich will alles von der letzten Woche sehen«, sagte Nick in drängendem Ton.
» Wird sofort erledigt«, sagte Aitken und fügte vor Verlassen der Wohnung noch an: » Zumindest wird der Schweinehund nicht noch einmal zuschlagen.«
Endlich allein, sah sich Nick um. Es war so still wie vier Stunden zuvor, als er und Claire ihre grausige Entdeckung gemacht hatten. Claire stand so unter Schock, dass Nick einen Rettungswagen gerufen und sie überredet hatte, sich von den Sanitätern ins Manhattan City bringen zu lassen.
» Ich bin Ärztin«, hatte Claire gesagt. » Mit mir ist alles in Ordnung.«
» Wenn Sie das ernsthaft glauben, taugen Sie aber nicht viel als Ärztin«, hatte Nick erwidert.
Er merkte jetzt, wie leid ihm diese Bemerkung tat, und er dachte, dass er zu hart zu Claire gewesen war. Außerdem fragte er sich, wie es ihr wohl ging.
Nick ging zur Schlafzimmertür und warf einen letzten Blick hinein. Die Spurensicherung hatte die blutigen Sachen größtenteils mitgenommen, deshalb sah es nicht mehr halb so schlimm aus wie zuvor.
Tu es nicht, Jenny … Ich komme … Peng!
Nick schüttelte den Kopf und versuchte, das Bild zu vertreiben.
Ihre Augen standen weit offen, sie war sofort tot gewesen. Blut floss aus der Austrittswunde im Rücken und breitete sich über die weißen Laken aus.
Er blinzelte die Erinnerung fort. Claire würde denselben Horror durchmachen– und dieselben Schuldgefühl durchleben–, wie er es nach dem Selbstmord seiner Frau getan hatte. Dann fiel ihm ein, dass er damals anschließend hatte sauber machen müssen, was seine Frau auf dem Bett hinterlassen hatte.
Niemand sollte so einen Schmerz durchmachen müssen. Niemals.
Er zog sein Handy hervor und wählte.
» Peege«, sagte er in das Gerät, » hier ist
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