Beutewelt 03 - Organisierte Wut
und aufgebaut! Vergesst das nicht! Ohne mich gäbe es diesen Zufluchtsort nicht einmal!“, polterte Wilden.
„Mal sehen, wie lange das noch ein Zufluchtsort bleibt“, hörte Frank Wildens Tochter leise murmeln.
„Aber du hast uns nicht aufgekauft!“, knurrte Frank. „Ein Anführer ist nur dann gut und richtig in seiner Position, wenn er Verantwortung für die von ihm Geführten zeigt. Das hast du in letzter Zeit nicht getan!“
„Außerdem kannst du doch niemanden zwingen, mit nach Nowopolozk zu fahren!“, erklärte eine Frau und fuchtelte mit ihrem Zeigefinger.
„Sie hat Recht, Papa!“, sagte Julia. Ihr Vater sah sie beleidigt an und schob seine dünne Unterlippe nach oben. Für einige Sekunden blieb ihm regelrecht die Spucke weg.
„Langsam reicht es mir mit deinen Eskapaden, Thorsten!“, zischte Wildens Frau Agatha aus dem Hintergrund.
„Ich fahre auf jeden Fall zu der Demonstration. Wer mutig genug ist, eine Stunde durch die Straßen von Nowopolozk zu ziehen, der soll sich bei mir melden. Die anderen können ja weiter in ihrem Garten Unkraut auszupfen oder die Straße vor ihrem Haus fegen!“
Wilden wandte sich von seinen Zuhörern ab und schlich fluchend aus der Scheune. Die Versammlung war beendet.
Wer geglaubt hatte, dass Wilden die Kritik seiner Mitmenschen allzu sehr aus dem Konzept gebracht hatte, der kannte ihn schlecht.
Wieder und wieder redete der ältere Mann auf die Dorfjugend ein und machte auch vor Frank und Alfred nicht halt. Er beschwor die Wichtigkeit eines Widerstandes vor Ort und machte sich für die Freiheitsbewegung der Rus stark. Drei ganze Wochen lang belagerte er Frank und Alfred und schließlich gelang es ihm doch, sie zur Teilnahme an der Demonstration in Nowopolozk zu überreden.
Genervt und des ewigen Diskutierens müde, stimmten die beiden Rebellen zu und kamen am Ende mit. Ihnen folgten weitere junge Männer aus Ivas. Wilden hatte seinen Willen mit rücksichtsloser Hartnäckigkeit durchgesetzt.
Demonstration in Nowopolozk
Artur Tschistokjow hatte bei seiner ersten öffentlichen Demonstration mit etwa 1.000 Teilnehmern gerechnet und seine Leute hatten die Werbetrommel für die Veranstaltung kräftig im Untergrund gerührt. Schon in den frühen Mittagsstunden des 26.07.2033 kamen Hunderte von überwiegend jungen Leuten nach Nowopolozk, um bei dem Protestmarsch dabei zu sein. Bis zum Beginn der Veranstaltung um 15.00 Uhr sollten es schließlich über 4000 Anhänger und Sympathisanten sein.
Die örtlichen Behörden hatten drei Tage vor Beginn des Aufmarsches einen Hinweis erhalten und sämtliche Polizeibeamte in der Innenstadt von Nowopolozk zusammengezogen. Als sie sahen, wie viele Männer und Frauen aus den Zügen herausströmten und welch große Anzahl sich noch mit PKWs auf die Stadt zu bewegte, forderten sie nervös Verstärkung aus Wilna, Minsk und anderen Städten an. Es wurde ein ereignisreicher Tag.
Frank, Alf, Wilden und John, der Ire, erreichten Nowopolozk um 14.00 Uhr. Ihnen folgten noch drei weitere Autos aus Ivas, welche über andere Zufahrtsstraßen nach Nowopolozk kamen, damit sich keine allzu große und auffällige Autokolonne bildete. Die Fahrt nach Nowopolozk verlief ohne Zwischenfälle und als sie die Innenstadt erreichten, konnten sie schon einen großen Pulk von Menschen mit Fahnen und großen Transparenten in der Nähe eines großen Brunnens erkennen.
Die Polizisten, welche in einigen Nebengassen ihre Positionen bezogen hatten, wagten vorerst nicht einzugreifen, da sie damit eine frühzeitige Eskalation der Lage riskiert hätten.
John Thorphy stellte sein Auto unweit des Geschehens ab und die Männer bewegten sich schnellen Schrittes in Richtung der Demonstranten. Artur Tschistokjow erkannte sie, winkte freudig und eilte ihnen entgegen.
„Seid gegrüßt!“, rief er. „Ich freue mich, dass ihr seid da. Komme noch mehr von euch aus Ivas?“
„Es sind noch ein paar auf dem Weg“, erklärte Wilden kurz und schüttelte seinem Mitstreiter die Hand.
„Das sind aber mehr als 1.000 Leute …“, sagte Frank und schaute beeindruckt zu der Menschenmasse herüber.
„Ich nicht habe gedacht, dass so viele Leute komme nach Nowopolozk. Es komme auch noch mehr von meine Gruppe“, erwiderte Tschistokjow stolz.
„Mir ist trotzdem überhaupt nicht wohl zu Mute. Mal sehen, wann hier weitere Bullen aufkreuzen“, brummte Alf vor sich hin.
„Um 16.00 Uhr löst sich die Menge auf. Bis dahin sind hoffentlich nur die paar hier, die ich in den
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