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Bevor der Abend kommt

Titel: Bevor der Abend kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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gekrabbelt, aber natürlich hatte sie danach nicht mehr einschlafen können. Zu viele Gedanken und zu viel Angst. Zu viele Möglichkeiten und zu viel Zorn.
    Wie hatte sie Ryan derart attackieren können? Was war mit ihr los?
    Um fünf hatte sie es aufgegeben, noch einzuschlafen, und in der Hoffnung auf etwas angemessen Geisttötendes, das sie in angenehme Bewusstlosigkeit einlullen würde, den Fernseher eingeschaltet. Etwas wie Blind Date , hoffte sie und dachte an Neil.
    Sie bezweifelte, dass sie je wieder von ihm hören würde. Trotz seines Versprechens, sie im Laufe des Tages anzurufen, begriff sie, dass ein Mann nur ein begrenztes Maß an ungebetenem Drama ertragen konnte. Und Cindy vermutete, dass dieses Maß bereits überschritten war.
    Um sieben drehte sie mit Elvis eine Runde um den Block. Um halb acht rief Tom an, berichtete, dass er gerade aus Muskoka zurück sei, und fragte, ob sie von ihrer gemeinsamen Tochter gehört hätte.
    Sie erklärte ihm, dass Julia nach wie vor vermisst wurde und dass er seinen Arsch so schnell wie möglich zu ihrem Haus bewegen sollte. Er erwiderte, dass er ihre Vulgärsprache wenig hilfreich fände, worauf sie ihm erklärte, er könne sie mal.

    Eineinhalb Stunden später traf Tom ein, in einem eleganten dunkelblauen Anzug, zu dem er ein hellblaues Hemd und eine blau-gold gestreifte Krawatte trug, in Begleitung des Kekses, die eine schwarze Hose und eine rosa Seidenbluse trug. Sie musterte Cindy in ihren weiten Jeans und dem ausgewaschenen malvenfarbenen T-Shirt und schüttelte den Kopf, als könnte sie es kaum glauben, dass ihr Mann mit dieser Frau tatsächlich einmal das Bett geteilt hatte, von der Zeugung eines so schönen und modebewussten Mädchens wie Julia ganz zu schweigen.
    Um halb zehn rief Cindy die Polizei an. Kurz nach zehn standen die Detectives Bartolli und Gill vor der Tür.
    Cindy bat sie ins Wohnzimmer und stellte den Polizisten ihre Mutter und ihre jüngere Tochter vor, während Elvis aufgeregt im Kreis rannte, überzeugt, dass all der Besuch nur seinetwegen gekommen war. Cindy blieb in der Tür stehen, während sich die anderen im Raum verteilten und die beiden Polizisten ihre Notizblöcke zückten.
    »Was hatte Ihre Tochter an, als Sie sie zuletzt gesehen haben?«, fragte Detective Gill mit einem leichten jamaikanischen Akzent.
    Ein Handtuch, dachte Cindy und blickte Hilfe suchend zu Heather.
    Heather saß zwischen ihrem Vater und ihrer Großmutter auf dem Sofa. Norma Appleton hatte darauf bestanden, das Haus erst zu verlassen, wenn Julia gefunden war. (»Was? Ich soll dich allein lassen, wo du alle naselang ohnmächtig wirst?«, hatte sie gefragt.) Gott sei Dank war wenigstens Leigh nach Hause gefahren, obwohl sie gedroht hatte, später wiederzukommen.
    »Sie hatte eine rote Lederhose und ihren kurzärmeligen, weißen Pulli mit V-Ausschnitt an«, sagte Heather.
    Detective Bartolli machte sich Notizen und hielt dann das Foto hoch, das Cindy ihm am Freitag gegeben hatte. »Und dies ist das aktuellste Foto, das Sie von Ihr haben?«
    Cindy blickte von ihrem Mann zu dem Keks. Fiona stand vor
dem Kamin, als hätte sie Angst, ihre Hose zu zerknittern, wenn sie sich setzte. »Ja.« Cindy versuchte, die anderen Bilder ihrer Tochter in diversen Stadien der Entkleidung zu verdrängen.
    »Können Sie uns Julias Stimmung am Donnerstagmorgen beschreiben?«, fragte Detective Bartolli wie schon am vergangenen Freitag.
    Sie hat jeden angeschrien, an Türen gehämmert und sich absolut unmöglich aufgeführt, dachte Cindy. Laut sagte sie: »Sie war aufgeregt, ein bisschen nervös. Sie hatte ein wichtiges Casting.« Sie war Julia, wie sie leibte und lebte, dachte Cindy und hörte zu, wie Tom erklärte, um was für ein Casting es sich gehandelt hatte.
    »Ich brauche eine Adresse von diesem Michael Kinsolver«, sagte Detective Gill.
    »Kinsolving«, korrigierte Tom ihn. »Drei-zwei-null Yorkville. Suite 24. Ich kann Ihnen seine Telefonnummer besorgen …«
    »Das wird nicht nötig sein, danke.«
    »Und um wie viel Uhr genau haben Sie Julia zum letzten Mal gesehen, Mrs. Carver?«
    »Ich hab sie seit letzten Dienstag nicht mehr gesehen«, antwortete der Keks.
    »Er sprach mit mir«, bemerkte Cindy eisig.
    Der Keks zog die Augenbrauen hoch und verzog die Lippen zu einem Schmollmund.
    »Es war kurz nach zehn«, sagte Cindy. »Ich wollte weg, also bin ich zu ihrem Zimmer gegangen, um mich zu verabschieden und ihr viel Glück bei dem Casting zu wünschen.« Und sie hat mich

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