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Bevor der Morgen graut

Bevor der Morgen graut

Titel: Bevor der Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingolfsson
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unternommen haben und dieselbe Strecke zurückgegangen sein. Vielleicht hatte Birkir Recht, womöglich war er noch irgendwo unterwegs.
    Birkir beendete das Gespräch und sagte zu Gunnar: »Ein Hubschrauber wird bei der Suche eingesetzt und noch mehr Leute mit Hunden. Der Hubschrauber kommt mit dem Viking-SEK. Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, dass wir ihn diesmal erwischen.«
    »Ist wirklich sichergestellt, dass er das Gebiet nicht verlassen kann?«, fragte Gunnar.
    »Alle Autos, egal aus welcher Richtung sie kommen, werden angehalten und durchsucht und sämtliche Namen registriert. Die Leute müssen auch angeben, weshalb und warum sie hier unterwegs sind. Ich denke, es ist unmöglich für ihn, sich zu verstecken, erst recht nicht, wenn er hier irgendwo ein Auto stehen hat.«
    Beide schwiegen eine Weile und ließen ihre Blicke über das Gelände schweifen. Endlich sagte Birkir: »Magnús wollte wissen, wo wir heute Morgen waren.«
    Gunnar sah ihn an. »Und was hast du darauf geantwortet?«
    »Ich hab versucht, mich um eine Antwort herumzudrücken.«
    »Und damit hat sich Magnús zufrieden gegeben?«
    »Ich glaube schon. Wir waren ja schließlich auch ziemlich schnell am Tatort. Wenn wir in Reykjavík gewesen wären, als der Einsatzbefehl einging, hätten wir länger für die Fahrt hierher gebraucht.«
    »Na, schön. Falls er nochmals nachfragt, sagen wir, dass wir gewisse Tatumstände überprüft haben, beispielsweise die genaueFahrzeit in den Dalir-Bezirk, und um präzise festzustellen, wann es hell wird. Alles klar?«
    »Ja.«
    »Gut.«
    »Wann?«
    »Was?«
    »Wann wurde es heute Morgen hell?«
    Gunnar sah auf seine Uhr. »War es nicht so um sechs?«
    »Kann sein.«
    Birkir blickte auf die Leiche hinunter. »Eine Sache stört mich«, erklärte er.
    »Und zwar?«
    »Der Ganter hat diesmal keine Trophäe aus dem Anorak geschnitten.«
    Gunnar dachte nach. »Vielleicht hat er es mit der Angst bekommen und sich so schnell wie möglich aus dem Staub gemacht, als er feststellte, dass er es mit zwei Jägern zu tun hatte. Der Zeuge sagt, er habe einen Schuss in Richtung des Mörders abgegeben, bevor er sich selber in Sicherheit brachte.«
    »Ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass unser Ganter sich so leicht Angst einjagen lässt«, sagte Birkir. »Vielleicht hat er ja auch versucht, das Auto zu verfolgen.«
    »Dann hat der Schwiegersohn Schwein gehabt, dass er davongekommen ist«, sagte Gunnar.
    »Vielleicht.«

12:30
    F ür gewöhnlich wurden alle an die Polizei gerichteten Briefe sofort geöffnet und mit Eingangsnummer registriert. Zur weiteren Bearbeitung wurden sie dann in der Dokumentationsstelleeingescannt und abgespeichert, das Original im Archiv abgelegt und die zuständigen Stellen per E-Mail benachrichtigt. Außerdem gab es Vorschriften, die zu einer schnellen Bearbeitung sämtlicher Eingänge auf dem üblichen Dienstweg aufforderten. Ein sicheres und gutes System also, das eine korrekte Durchführung aller schriftlichen Dienstvorgänge vorsah. Diese Verfahrensweise wurde bei der gesamten Post angewandt, die an Werktagen einging, und auch bei Schreiben, die direkt im Polizeipräsidium abgegeben wurden. Aber an den Wochenenden kam nie Post, oder so gut wie nie.
    Der Polizist, der irgendwann am frühen Nachmittag am Haupteingang des Polizeipräsidiums vorbeikam, bemerkte einen braunen Umschlag, der durch den Briefschlitz hereingeschoben worden war. Das war ungewöhnlich, denn da die Tür nie verschlossen und der Empfang immer besetzt war, wurde die Post normalerweise persönlich übergeben. Der Polizist hob den Umschlag auf und las die Anschrift: »Kriminalpolizei, Abteilung für Kapitalverbrechen.«
    Mehr stand da nicht. Der Polizist war auf dem Weg zum nächsten Kiosk, weil es ihn nach dem Mittagessen nach einer Zigarette gelüstete, und er war ein wenig spät dran. Deswegen legte er den Umschlag wortlos auf den Empfangstresen, drehte sich um und ging. Der wachhabende Beamte am Empfang telefonierte ständig, sämtliche Besitzer von Sommerhäusern im Mýrar-Bezirk mussten kontaktiert werden, um bei ihnen die Erlaubnis zu einer Hausdurchsuchung einzuholen.
    Gegen drei Uhr, als die Telefonate zum größten Teil erledigt waren, bemerkte der Beamte schließlich den Umschlag. Da hatte er dort schon drei Stunden gelegen. Er hielt ihn einen Augenblick nachdenklich in der Hand, dann schrieb er »Dokumentationsstelle« auf den Umschlag und legte ihn in das Fach für die Hauspost.

17:00
    D ie Mitglieder

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