Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
erschießen.“
Ein Blick in die wilden Augen der Frau ließ Francesca erkennen, dass sie mit vernünftigen Argumenten bei ihr nicht weiterkommen konnte. Während sie sich zur Seite drehte, nahm Mary die Waffe nur für einen kurzen Augenblick weg und drückte sie gleich wieder gegen ihren Körper. Wie sollte sie ihr bloß entkommen?
Dann entdeckte sie Bragg, der auf der anderen Seite des Brunnens neben einer Theke kauerte und seine Waffe in der Hand hielt. Er nickte ihr einmal knapp zu. Er wollte, dass sie das Kaufhaus verließ oder sich zumindest in Bewegung setzte.
Warteten draußen seine Leute auf sie? Oder wollte er auf Mary schießen, sobald er besser zielen konnte?
Am liebsten hätte sie einen Blick über die Schulter geworfen, um zu sehen, was Hart vorhatte, doch sie wagte es nicht, auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen.
„Los!“, fauchte Mary sie an.
Francescas Herz stockte vor Angst, als sich mehrere Kundinnen umdrehten und sie beide anschauten. Auch zwei Verkäuferinnen, die soeben an ihnen vorbeigingen, wurden auf das Geschehen aufmerksam. „Ist alles in Ordnung, Miss?“, fragte die dunkelhaarige Verkäuferin.
„Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram!“, herrschte Mary sie an. „Los, Francesca, Bewegung!“
Francesca sah, wie die junge Frau bleich wurde. Vermutlich hatte sie die Waffe gesehen. „Ja, alles bestens“, gab sie zurück.
Plötzlich rannten die beiden Verkäuferinnen los, und eine schrie: „Sie hat eine Waffe! Die Frau hat eine Waffe!“
Im nächsten Moment hallte von rechts ein Schuss durch das Kaufhaus, Kundinnen rannten in Panik am Brunnen vorbei und durch die Gänge, Taschen und Waren wurden vor Schreck fallen gelassen. Sofort wurde Francesca klar, dass Bragg seine Waffe abgefeuert hatte, um Chaos auszulösen. Mary zögerte und blickte sich überrascht um. Dann entdeckte Francesca mit einem Blick über die Schulter Hart. Er stand gut drei bis vier Meter hinter ihnen und zielte mit seinem Revolver auf Marys Hinterkopf. Sein Gesicht wies einen gequälten Ausdruck auf, und Francesca kannte auch den Grund dafür. Wenn er Mary verfehlte, bestand die Gefahr, dass er sie traf.
Es wurde Zeit, etwas zu unternehmen. In der rechten Hand hielt sie nach wie vor ihr Taschenmesser. Sie ließ die Klinge herausspringen, dann drehte sie ihren Arm so, dass sie den Stahl in Marys Oberkörper treiben konnte, und versuchte, der Waffe zu entkommen, die die andere Frau auf sie gerichtet hatte.
Mary riss die Augen auf, als sie begriff, dass Francesca auf sie eingestochen hatte. „Miststück!“, schrie sie, dann folgten zwei Schüsse.
Francesca spürte, wie sie getroffen wurde. Sie sank auf die Knie, ein brennender Schmerz zog durch ihre Schulter. Hinter ihr schnappte Mary nach Luft und ließ den Revolver fallen, dann rannte sie davon.
Mit aller Macht versuchte Francesca, sich aufrecht zu halten, doch der Schmerz war so intensiv, dass sie nicht anders konnte, als zu Boden zu sinken.
„Francesca!“
Hart eilte zu ihr und drückte sie an seine Brust, aber sie schrie auf, da ein rasender Stich durch ihren rechten Arm ging, als er ihn berührte. „Es wird alles wieder gut werden“, brachte er heiser heraus.
Irgendwie gelang es ihr, die Augen zu öffnen und ihn anzusehen. Sie wollte ihn anlächeln und ihm versichern, dass es ihr gut ging, doch sie konnte ihn nur verschwommen wahrnehmen, und ein Lächeln brachte sie gar nicht zustande. „Mary?“, keuchte sie.
Bragg tauchte in ihrem verzerrten Blickfeld auf. Er schien äußerst besorgt zu sein, als er ihren Ärmel aufriss. Sie kämpfte gegen die Tränen an. „Das ist nur ein Streifschuss, Francesca.“ An Hart gewandt sagte er: „Du musst Druck auf die Wunde ausüben, damit die Blutung gestoppt wird!“ Dann sprang er auf und lief davon.
Das Brennen war so unerträglich, dass sie am liebsten zusammengezuckt wäre. Doch sie weigerte sich und versuchte, stark zu sein. Wieder sah sie Hart an.
„Das war meine Kugel“, flüsterte er entsetzt.
Aber Bragg hatte erklärt, es sei nur ein Streifschuss. Es kam ihr vor, als hätte sie es ihm gesagt. Sie wollte ihn beruhigen, aber er drehte sich immer schneller vor ihren Augen, und ihr war klar, dass sie jeden Moment ohnmächtig werden würde. Sie versuchte, ihm das deutlich zu machen, doch dann war da nur noch Finsternis um sie herum.
„In ein paar Tagen wirst du gar nicht mehr daran denken, dass du eine Verletzung hast“, versicherte Rourke Bragg ihr und lächelte sie aufmunternd
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