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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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das Gesicht von den anderen abgewandt. Inzwischen hatte die Röte auch seinen Hals erreicht.
    »Sie können sich auf uns verlassen, Frau Arvidsson. Wir passen auf Mikael auf.«
    Anders salutierte und erwiderte Agnetas Blick. Herausfordernd, fast provozierend.
    »Frau Arvidsson?« Agneta lachte. »Das gefällt mir, es klingt … höflich und wohlerzogen. Und ich … mag … wirklich … wohlerzogene Jungen. Passt jetzt auf euch auf und tut nichts, was ich nicht auch tun würde.«
    Sie lächelte wieder, fuhr sich mit der Hand durch die blonden Haare, schob die Brüste vor, packte ihre Tasche und ging aus dem Haus zu dem wartenden Taxi.
    »Verdammt, Arvidsson, deine Mutter ist so heiß.« Anders schüttelte den Kopf, nahm Stefan die Pizzakartons ab und ging in die Küche.
    Öliger Weißkohlsalat war alles, was vom Essen noch übrig war. Sie saßen im Wohnzimmer. Auf dem großen Sofa lagen viele kleine Kissen in Pastellfarben, und an den Wänden hingen Lithographien und Ölgemälde mit abstrakten Motiven. Mickes Vater hatte das Haus so verlassen. Er hatte nichts mitnehmen wollen, als er sein neues Leben anfing, hatte Micke den anderen erzählt und angedeutet, dass das vielleicht auch ihn selbst betraf. Dass er jetzt Geisel in seinem eigenen Heim war, mit seiner Mutter, die sich nach Zärtlichkeit und Bestätigung sehnte.
    Einige Minuten später hatten alle ihr Glas in der Hand. Rum und Cola. Kein aufregender Cocktail vielleicht, aber absolut wirkungsvoll. Ulrik und Anders spielten wie üblich Backgammon, und Stefan und Micke sahen träge MTV , wo George Michael mit einer feschen Brünetten Taxi fuhr.
    »Sehr wahrscheinlich, dass ein Taxifahrer so eine abkriegt«, murmelte Micke, zeigte auf den Fernseher und schüttelte den Kopf. »Warum schauen wir uns diesen Dreck eigentlich an?«
    Er stand auf, suchte zwischen LP s und CD s auf dem Boden und griff zu einer alten von Depeche Mode. Dave Gahans Stimme tönte aus den Lautsprechern, und Anders und Stefan sangen sofort mit.
    »Was für eine Nostalgie.« Ulrik lachte. »Wisst ihr noch, vor drei Jahren? Da haben wir uns das jeden Tag angehört.«
    »Mm, und du hast dir die Haare genau wie Dave Gahan schneiden lassen. Das sah verdammt gut aus, übrigens. Aber okay, vielleicht ein bisschen angeschwult. Und jetzt sind wir fertig. Haben das Abi. Nie wieder Gymnasium. Das ist einfach nur … unwirklich!«
    Stefan war munter und fühlte sich zugleich nicht richtig wohl in seiner Haut. Die Vorstellung, jetzt weiterzugehen, war verlockend, aber das Gefühl, etwas für immer hinter sich zu lassen, jagte ihm Schwindelgefühle ein. Er war jetzt erwachsen. So war es einfach. Jetzt fing das Leben richtig an.
    »Falscher Tag für einen Depri, also hör auf damit.«
    Ulrik griff in die Jackentasche und zog eine winzige, mit weißem Pulver gefüllte Plastiktüte heraus.
    »Arvidsson, hol einen Spiegel.«
    Anders zeigte auf Micke, der sofort aufsprang, im Badezimmer verschwand und mit einem fettigen Taschenspiegel zurückkam.
    »Von meiner Mutter«, erklärte er verlegen.
    Ulrik zog eine kleine Packung Rasierklingen heraus und hackte rasch einen Strich zurecht.
    »Das ist Amph. Kein Koks. Müsst euch damit begnügen.«
    Er schob Anders den Spiegel hin, der einen Zehnkronenschein aufgerollt hatte und sich vorbeugte. Rasch und geübt zog er den Strich ein, und Ulrik machte einen neuen fertig. Stefan zog das weiße Pulver durch die Nase ein, spürte das Stechen in den Nasenlöchern und den bekannten, ein wenig chemischen Geschmack im Mund. Ab und zu überlegte er, was das Pulver eigentlich mit ihm machte, wie die Droge sein Gehirn beeinflusste. Aber er liebte den Rausch. Liebte das Gefühl von intensiver Aufmerksamkeit und Klarheit. Er fühlte sich nie so klug, wie wenn er Amphetamin genommen hatte. Seine Gedanken liefen rasch dahin, waren voller neuer Ideen. Probleme, die unlösbar gewirkt hatten, erschienen jetzt einfach und banal.
    »Na los, Arvidsson. Irgendwann musst du das auch mal probieren.«
    Anders hielt Micke den Spiegel hin, aber Micke schüttelte stumm den Kopf.
    »Ich will das wirklich nicht. Das ist einfach nicht mein Ding, versteht ihr.« Er schaute sich um und suchte in den Blicken der anderen nach Sympathie und Verständnis.
    »Ich respektiere das wirklich.«
    Anders nickte und legte den Kopf ein wenig schräg. Für einen kurzen Moment sah er aus wie seine Mutter, die Psychiaterin.
    »Aber ich finde, du solltest es nur einmal ausprobieren. Das kann ja wohl nichts schaden, und

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