Bevor du stirbst: Roman (German Edition)
Lächeln, und Sven lächelt zurück, als wisse er genau, was ich denke.
Markus hat unseren stummen Dialog mitbekommen und sieht uns belustigt zu. Er legt mir diskret die Hand auf den Oberschenkel und drückt behutsam zu, während er zugleich mit Sara über den Zusammenhang zwischen Missbrauch und Sexualität diskutiert. Mich durchfährt ein Schauder. Ein Schauder aus Lust, Freude und Sehnsucht.
Sven klopft an sein Glas und räuspert sich. Wir verstummen, und alle schauen ihn an. Er sieht erwartungsvoll aus. Gespannt. Er räuspert sich noch einmal und fängt an zu reden
»Liebe Kolleginnen, und natürlich Markus und Erik.«
Sven verstummt, und ein Lächeln huscht über sein sonnenbraunes Gesicht, als sein Blick bei Erik anhält, der sich auf Ainas Knien zusammengerollt hat.
»Ich bin so froh, dass ihr alle hier bei uns seid. Dass ihr hier seid, um mit uns zusammen zu feiern. Denn wir haben wirklich etwas zu feiern. Oder was sagst du, Sara?«
Sven und Sara fassen einander an den Händen. Sie sehen ernst und verliebt aus, und ich denke, dass Liebe wirklich schön sein kann. Sara nickt, wie um Svens Worte zu bestätigen. Sie haben etwas zu feiern.
»Ihr müsst in der Praxis eine Weile ohne mich auskommen. Nicht sofort, aber im nächsten Jahr. Wir bekommen im Juli ein Kind.«
Aina atmet langsam aus und lacht dann.
»Das ist doch einfach wunderbar! Verdammt, Sven, ich hatte schon gedacht, ihr hättet geheiratet oder so. Aber ein Kind Das ist doch … Wahnsinn. Wir können bald in der Praxis eine eigene kleine Krabbelgruppe aufmachen.« Sie springt auf und umarmt Sven und Sara. Erik klatscht in die Hände und lacht laut.
Markus und ich wechseln einen Blick und lächeln. Sven hat keine Kinder. Ich hatte immer gedacht, das sei so gewollt, aber jetzt frage ich mich, ob vielleicht Birgitta die Kinderproduktion unterbunden hat. Oder vielleicht konnten sie kein gemeinsames Kind bekommen. Was weiß ich. Ich weiß nur, dass Sven und Sara ehrlich glücklich aussehen.
Marianne schweigt als Einzige. Sie sitzt stumm da und sieht aus, als ob sie im Kopf eine komplizierte mathematische Gleichung löst. Sie fährt sich mit der Hand über ihre blonden Löckchen, die gerade nach oben stehen, hüstelt dann und verkündet mit ihrer heiseren Stimme:
»Du wirst ein sehr alter Vater sein. Wenn dein Kind zwanzig ist, wirst du achtundsiebzig sein. Wenn du dann noch lebst, heißt das. Und du wirst müde sein. Ungeheuer müde.«
Marianne nickt nachdenklich, als hinge sie ihren Worten, ihren Erkenntnissen nach. Sara und Sven lachen nur einfach weiter, und Sven hebt fast unmerklich die Augenbrauen. Ich ahne Belustigung in seinem Blick.
»Weißt du was, Marianne? Da hast du absolut recht. Ich werde ein verdammt alter Papa sein. Aber Sara ist jung und stark und ungeheuer energisch. Wirklich energisch.«
Marianne nickt wieder und durchbohrt Sara mit Blicken. Einen kurzen Moment habe ich die Vorstellung, dass sie ein Zuchttier bewertet, aber ich versuche, diese Vorstellung ganz schnell abzuschütteln. Marianne sagt ja nur, was wir alle denken, und Sven und Sara wissen auch, was alle denken. Natürlich haben sie das alles schon längst durchgesprochen.
»Sara ist in einem guten Alter. Und sie ist wunderbar, einfach wunderbar.«
Mariannes Gesicht öffnet sich zu einem Lächeln, und sie nimmt noch ein gefülltes Weinblatt und schluckt es auf einen Bissen hinunter.
Auf der Heimfahrt sind wir aufgeregt wie kleine Kinder. Der klare blaue Februarhimmel ist unendlich, als wir auf dem Weg nach Värmdö über die Brücken fahren. Die Sonne wärmt den Wagen. Ich fühle mich frei und froh. Das Glück von Sven und Sara ist so greifbar, so ehrlich, dass man es einfach akzeptieren muss. Alle Einwände über den Altersunterschied und geile Greise verlieren ihre Bedeutung.
»Sollten wir vielleicht auch?« Markus erwidert meinen Blick im Rückspiegel, er sitzt neben Erik, der auf seinem Kindersitz eingeschlafen ist.
»Sollen wir was?«
»Es so machen wie Sven und Sara, du weißt schon … noch ein Kind.«
Noch ein Kind. Einen Bruder oder eine Schwester für Erik. Natürlich haben wir schon darüber gesprochen, aber es kam mir so weit weg vor. Jetzt erscheint es plötzlich als ein überaus realistischer Plan.
»Möchte der junge Herr Stenberg also ein Kind mit mir? Versuchen Sie, mir das zu sagen?«
»Der junge Herr Stenberg möchte dir gern wieder einen dicken Bauch machen.« Markus klimpert mit den Wimpern, grinst und senkt den Kopf.
Ich strecke
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