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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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spüre ich diese seltsame Verbindung zur Vergangenheit. Als ob ein Tunnel sich öffnet und mir erlaubt, auf das Geschehen zurückzublicken, mich daran zu erinnern, was es für ein Gefühl war.
    Ich fahre mit den Finger über die abgenutzte Platte des Ausziehtisches und versuche dann weiter, den Text auf der herausgerissenen Seite zu rekonstruieren. »10 km, 49 Minuten.« Dann sehe ich etwas, das mich erstarren lässt. »Muss mit A Schluss machen.« Ich beuge mich über den Kalender, kneife die Augen zusammen. Sehe ich wirklich richtig?
    Aber der Text ist deutlich: »Muss mit A Schluss machen.«
    Was bedeutet das?
    In diesem Moment höre ich von draußen Eriks Weinen. Ohne eigentlich zu wissen, warum, raffe ich die Papiere zusammen, lege sie und den schwarzen Kalender in eine Küchenschublade und schlage die Tageszeitung beim Feuilleton auf.
    Mein Alibi. Das Feuilleton.
    Eriks Weinen wird immer lauter, als er ins Haus kommt. Hebt und senkt sich mit seinen Atemzügen und wird am Ende ein andauerndes Geheul. Markus kommt mit Eriks nassem Overall herein, hängt ihn an einen gusseisernen Haken über dem Ofen und sieht mich an.
    »Du könntest wohl nicht in die Diele kommen und mir ein wenig mit ihm helfen?«
    »Du musstest ja unbedingt bei diesem Wetter rausgehen.«
    Ich hebe den Blick nicht von der Zeitung, obwohl ich merke, dass er mich ansieht. Dann macht er kehrt und geht wieder in die Diele. Ungefähr eine Minute später hört das Weinen auf, Markus kommt mit Erik auf der Hüfte in die Küche.
    »Würdest du vielleicht den Brei machen?«
    Ohne zu antworten, stehe ich auf, greife zur Breipackung.
    »Du hast wieder den Messlöffel verschusselt«, stelle ich fest.
    »Nein, der liegt in der Packung.«
    »Tut er nicht.«
    »Tut er wohl.«
    »Tut er nicht.«
    »Dann liegt er in der Schublade.«
    Markus sinkt auf die Knie, lässt Erik auf den Boden gleiten und zieht dann eine Schublade nach der anderen auf, auf der Jagd nach dem kleinen roten Plastikmesslöffel. Ich stehe dabei, triumphierend, die Breipackung in der Hand.
    »Was zum Teufel?«
    Seine Stimme ist scharf und hart, und ich brauche lange, um zu begreifen, was passiert ist. Er gleitet ins Sitzen, lehnt am Kühlschrank, mit den Papieren in der Hand. Langsam faltet er die Zeitlinie auseinander. Hält sie ins Licht, als enthielte sie eine verborgene Botschaft, ein Wasserzeichen vielleicht oder unsichtbare Tinte.
    »Was machst du da?«
    Ich strecke die Hand nach den Papieren aus, aber er ist schneller, weicht aus, hält mich mit der freien Hand von sich weg. Legt die Zeitlinie auf den Flickenteppich und mustert sie skeptisch. Erik fängt wieder an zu weinen, leiser diesmal – ein quengeliges dauerhaftes Gejammer.
    »Was ist das hier?«
    »Nichts.«
    »Wühlst du noch immer in dieser Sache herum?« Er klingt eher belustigt als empört, aber ich ahne einen unzufriedenen kleinen Unterton.
    »Ich wollte nur …«
    Erik weint jetzt lauter, Rotz läuft aus seinem Näschen in den Mund. Seine Wangen glühen in der Wärme.
    »Ich habe etwas gefunden. Eine Notiz, die mich nachdenklich gemacht hat. Etwas, das Stefan geschrieben hat.« Langsam fange ich an, Markus die Sache zu erklären. Erzähle von den seltsamen Worten im Kalender. Den geheimnisvollen Treffen mit »A« und meiner Angst, dass Stefan vielleicht etwas mit Anders Holmbergs Tod zu tun hatte. Markus sieht mich die ganze Zeit an, konzentriert, während er zugleich versucht, Erik mit dem gelben Bagger abzulenken.
    »Bist du schon auf die Idee gekommen, dass es eine Menge anderer überaus einleuchtender Erklärungen gibt?« Seine Stimme klingt formaler als sonst, die Worte sind distanziert, und ich ahne, dass er sein Polizei-Ich übergestreift hat. Ich rede nicht mehr mit meinem Lebensgefährten, sondern mit einem Polizisten.
    Ich nicke, schaue zu Boden. Betrachte die Zeitlinie und die Papiere, die vor mir liegen.
    »Wirklich, Siri. Wenn du glaubst, etwas gefunden zu haben, das mit dem Mord an Anders Holmberg zu tun hat, dann solltest du zur Polizei gehen. Wenn nicht, hör auf. Du solltest dir ein anderes Hobby zulegen. Zur Privatdetektivin bist du nicht so ganz geschaffen.«
    Ich merke, wie meine Wangen rot werden, und wende mich von ihm ab, nehme Erik auf den Arm. Ich streichele seine Haare und wiege ihn langsam hin und her. Vielleicht hat Markus recht. Zeit, meine privaten Ermittlungen an den Nagel zu hängen. Aber schon fällt mir diese Notiz wieder ein. Muss mit A Schluss machen .
    Nachts träume ich, dass wir

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