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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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weißen Korb. Neue liegen im blauen. Irgendwer hier hat einen Schuhüberzug benutzt, ihn aber in den falschen Korb gelegt. Jemand hat ihn in den blauen Korb gelegt.«
    Caroline ist nach Hause gegangen, und wir haben uns in der Teeküche zu einer Besprechung versammelt.
    Sven räuspert sich verlegen.
    »Es tut mir leid, Marianne. Ich kann das gewesen sein. Ich werde versuchen, sie in Zukunft in den richtigen Korb zu legen.«
    »Ist ja nicht so schlimm«, sagt Marianne tonlos. »Und jetzt weißt du, was du das nächste Mal zu tun hast.«
    Wir schweigen alle. Ich spüre Trauer und Sehnsucht wie ein Gewicht auf dem Zwerchfell. Ein bohrendes Gefühl, das nicht verschwinden will. Aina schaut mit leerem Blick aus dem Fenster. Eine blasse Sonne wirft ihr Licht auf den abgenutzten Linoleumboden, leuchtet die kleinen Staubkörner an, die durch die Luft wirbeln.
    Die Mikrowelle klingelt. Marianne faltet den blauen Schuhüberzug sorgfältig zusammen und steckt ihn in eine kleine Plastiktüte, steht auf und watschelt zum Ofen, um das Blech mit den dampfenden Zimtschnecken herauszunehmen.
    »Von gestern. Haben nur die Hälfte gekostet.«
    »Wie gut«, sagt Sven ohne Begeisterung.
    »Wir müssen über die Finanzen reden«, sagt Aina.
    »Ich verstehe nicht, wie du vergessen konntest, die Bewerbung an das Gesundheitsamt zu schicken«, murmelt Sven.
    In seiner Stimme liegt Irritation, und ich kann ihm da keinen Vorwurf machen. Die Bewerbung war wichtig für uns. Wenn wir den Zuschuss bekommen hätten, hätten wir im nächsten Jahr in eine größere Praxis umziehen können. Hätten vielleicht sogar noch jemanden einstellen können.
    Aina lugt zu mir herüber. Aus irgendeinem Grund hat sie die Schuld dafür übernommen, dass wir die Bewerbung nicht rechtzeitig abgeschickt haben, hat gesagt, sie habe die Mail an das Gesundheitsamt vergessen.
    »Da kann man wohl nichts machen«, sage ich. »Wir werden im kommenden Jahr also einiges an Einkünften verlieren, und da sollten wir uns wohl unsere festen Kosten ansehen. Können wir irgendwas einsparen?«
    »Was denn?«, faucht Sven. »Dienstwagen, Studienreisen, Kuren, Bonusgelder …?«
    »Hör auf«, sagt Aina leise.
    Sven verschränkt demonstrativ die Arme und seufzt.
    »Wie konntest du das einfach vergessen?«
    Alles schweigt.
    »Hör auf, Sven«, sage ich. »Aina war das nicht, ich war das. Ich hab die Sache verschissen. Okay?«
    Ich drehe mich zu Aina um.
    »Ich verstehe nicht, warum du das auf dich nimmst. Ich habe dich nicht gebeten, für mich zu lügen. Ich brauche nicht beschützt und verhätschelt zu werden.«
    Sven und Aina wechseln einen Blick, und ich kann ahnen, was sie denken, spüre, wie ihre Unruhe mich in der engen Teeküche einhüllt. Wie ein unangenehmer Geruch – unsichtbar, aber unentrinnbar.
    Sven nimmt sich eine Zimtschnecke und wickelt sie auseinander wie ein Wollknäuel.
    »Hier macht niemand irgendwem Vorwürfe. Ich möchte nur wissen, was wir jetzt machen sollen. Diese Bewerbung hätte uns ganz schön viel Geld einbringen können.«
    »Und ich sage, dass wir sparen müssen«, sage ich.
    »Dann kannst du vielleicht untersuchen, was wir sparen können?«
    »Das kann ich vielleicht.«
    Bedrücktes Schweigen senkt sich über den Raum. Das Einzige, was wir hören, sind das Rauschen der Spülmaschine und das Knirschen des Perlzuckers, als Sven jetzt seine Schnecke isst, die sich auf seinem Teller in ein langes Teigband verwandelt hat.
    Die Sonne verschwindet hinter den Wolken, und plötzlich wird es dunkel im Zimmer.

Stockholm 1988

Er schämte sich. Stefan hatte sich nicht mehr so geschämt, seit er mit zwölf Jahren versucht hatte, im Kaufhaus Domus in Skärholmen eine Single von DAF zu stehlen. Eine empörte Verkäuferin hatte ihn erwischt und in ein Personalzimmer hinter den Kassen geschleppt. Dort hatte ein ernster Abteilungsleiter ihm die Leviten gelesen und ihm erklärt, dass es immer mit Stecknadeln anfing und mit Silberschüsseln endete.
    Dann war sein Vater angerufen worden, und der hatte ihn abgeholt, mit düsterem Blick und aufeinandergepressten Lippen. Der Vater hatte gefragt, wie er nur so dumm sein könnte und ob er nicht mehr wisse, was die Eltern ihm beizubringen versucht hätten. Stefan hatte den Blick des Vaters nicht erwidern können, er hatte nur zu Boden gestarrt und sich gewünscht zu sterben.
    Zu verschwinden.
    Der Boden sollte sich vor ihm auftun und ihn auf irgendeine Weise von all den schrecklichen Dingen befreien. Auf der Heimfahrt brach er

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