Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
Vom Netzwerk:
Mein Inneres ist in Aufruhr, und mein Körper ist wie betäubt.
    Meine Familie verlässt mich, geht aus der Tür, und ich lasse es geschehen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich schon in der Diele sitze, als ich mein Telefon hervorziehe und Aina anrufe. Unzusammenhängend bricht die ganze Geschichte aus mir heraus. Der Streit mit Markus, wie ich zu den gepackten Taschen nach Hause gekommen bin und jetzt einsam hier sitze.
    »Rühr dich nicht von der Stelle«, sagt sie mit ihrer allerstrengsten Stimme.
    Als sie eine Weile später kommt, sitze ich noch immer in der Diele. Ohne ein Wort zu sagen, zieht sie mir die Stiefel aus, führt mich zum Sofa im Wohnzimmer und holt eine Decke, die sie über mich legt.
    »Verdammt, du bist ja eiskalt. Ich mach uns was zu essen.«
    Ich höre in der Küche Tüten knistern und Töpfe klappern. Langsam breitet sich die Wärme in meinem Körper aus, und nun kommen die Tränen. Ohne Vorwarnung laufen sie über meine Wangen. Ein lautloses Weinen, ein stetiger Strom aus stummen Tränen, die sich ihren Weg über meine Wangen und meinen Hals suchen.
    Nachts schläft sie neben mir im Doppelbett, ich rieche den Honigduft ihrer Haare und lausche auf ihren Atem, höre aber nichts, vermute, dass sie wach ist.
    »Aina?«, frage ich vorsichtig.
    »Mmm?«
    »Warum tust du das alles für mich? Immer wieder. Kein Mensch außer dir kann es mit mir aushalten, wenn ich so bin. Wieso kannst du das?«
    Ihre Hand, die meine Schulter berührt.
    »Schlaf jetzt, Prinzessin.«

Aina streicht eine Strähne ihrer langen Haare glatt und trinkt noch einen Schluck Latte aus dem großen Pappbecher.
    »Ich verstehe nicht, warum du dir immer Kaffee kaufst. Wir haben doch eine Kaffeemaschine in der Praxis.« Marianne schaut Aina missbilligend an und schüttelt den Kopf.
    »Mir schmeckt das eben besser. Maschinenkaffee hab ich noch nie gern getrunken.«
    »Aber das ist teuer. Und es ist doch trotzdem Kaffee. Kaffee ist Kaffee. Ich habe immer Maschinenkaffee getrunken und finde, der schmeckt ganz hervorragend.«
    »Ich nehme gerne Kaffee aus der Maschine.« Ich lächele Marianne an und strecke die Hand nach dem großen Keramikbecher aus, den sie mit heißem und viel zu dünnem Kaffee gefüllt hat. Mariannes Launen lenken unser Leben immer mehr, und obwohl es komisch ist, ist es auch eine Belastung. Nicht alle unsere Klienten finden es lustig, beim Reinkommen darüber belehrt zu werden, dass sie den Boden nicht verschmutzen dürfen und die Zeitungen an die Stelle zurücklegen müssen, wo sie sie gefunden haben. Aber egal, Marianne scheint besänftigt, setzt sich und beißt in eine Zimtschnecke. Ausnahmsweise einmal hat Aina sich keine genommen. Sie sitzt nur stumm da und schaut aus dem großen Fenster. Draußen klatscht der Regen gegen die Scheiben. Es ist seit drei Tagen über null Grad, und der Schnee verschwindet so langsam. Der Wetterbericht verspricht Frühling, und an unserer Südwand blühen Krokusse und Schneeglöckchen.
    Ich spüre hinter den Augen einsetzende Kopfschmerzen, und glühende Punkte tanzen vor meinem Blickfeld. Ich habe in dieser Nacht nicht viele Stunden geschlafen, und gegen fünf beschloss ich dann, aus meiner verschwitzten, zerknitterten Bettwäsche aufzustehen.
    Aina hörte mich, stand ebenfalls auf, und zusammen saßen wir schweigend beim Tee, während vor dem Küchenfenster die Dämmerung erwachte. Ich verstehe noch nicht so richtig, dass Markus und Erik weg sind. Und auch nicht, dass ich sie nicht zurückgehalten habe. Dass ich nicht den Inhalt des Kartons genommen und alle Fotos und Papiere im Kamin verbrannt habe. Dass ich Markus nicht versprochen habe, meine wahnsinnige Privatermittlung sei hiermit beendet.
    Stattdessen habe ich nichts gemacht. Rein gar nichts.
    »Wo ist Sven?« Marianne schaut auf die schmale Armbanduhr an ihrem kräftigen Handgelenk. »Der ist zu spät dran. Müsste schon seit fünf Minuten hier sein.« Ihre Augenbrauen stoßen fast zusammen, und ihre heisere Stimme klingt beleidigt.
    »Liebe Marianne. Hier bin ich.« Sven kommt durch die Tür. Die Schultern seines Blazers sind fleckig vor Feuchtigkeit und seine dichten graumelierten Haare voller Tropfen. In der einen Hand hält er einen Becher mit Latte. Aina und ich wechseln einen Blick. Ich schaue die Tischplatte an und erwarte einen weiteren Vortrag darüber, welche Kaffeesorte hier zu trinken ist. Aber der kommt nicht.
    Sven war immer schon Mariannes Liebling, und jetzt lächelt sie ihn nur hold an und greift zu ihrem

Weitere Kostenlose Bücher