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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Dienst wieder rund 20 Kilometer entfernt bei der Kriminalaußenstelle Geislingen – und Speckinger stellte noch einige Ermittlungen zu der Brandstiftung am Bürocontainer an.
    Häberle war unzufrieden. Hatte er etwas übersehen? Selbst als er in der Silvesternacht im trauten Familienkreise saß, war man auf den Fall zu sprechen gekommen. Sogar seine Frau Susanne, die sich normalerweise mit Kommentaren zu seiner Arbeit zurückhielt, begann plötzlich, manches anzuzweifeln – vor allem aber, dass sich die Justiz so sehr auf den Speichel am Pullover des Toten stützte. »Warum glaubt ihr dem armen Mann nicht, dass er den Beamten angespuckt hat?«, fragte sie. Eigentlich eine simple Frage, hämmerte es in Häberles Kopf, als das neue Jahr längst angebrochen war. Quatsch, warnte eine andere Stimme in ihm, da gibt es noch jede Menge andere Indizien. Vergiss den Schaden am Auto nicht. Die Drohbriefe. Seine Vorstrafe. Nein, der saß zu Recht in U-Haft.
    Du hast doch in deinem langen Berufsleben schon viele seriöse Bürger erlebt, die in bestimmten Situationen ausgerastet sind, beruhigte ihn sein tiefstes Inneres. Doch noch tiefer in ihm rebellierte ein Zweifler. Häberle spürte, wie in seinem Kopf ein Kampf ausgetragen wurde.
    Verdammt noch mal, versuchte er sich in dieser Nacht zum neuen Jahr, innerlich Luft zu verschaffen. Sollten doch die Juristen entscheiden, welche Version nun die Richtige sein würde. Dafür waren sie da.
    Aber Juristen sind nur so gut, wie die Fakten, die man ihnen vorlegt. Wieder diese zweifelnde Stimme.

43
     
    Zum Leidwesen seiner Freundin Juliane, die er über alles liebte, hatte sich Linkohr in den ersten Januartagen daheim über einen Stapel fotokopierter Akten hergemacht. Die junge Frau verfolgte mit Sorge, dass Mikes Engagement für den Beruf immer größere Formen annahm. Wenn er jetzt anfing, auch schon Arbeit mit nach Hause zu nehmen, dann würde die ohnehin knapp bemessene Freizeit, die sie miteinander verbringen konnten, noch spärlicher ausfallen. Aber dieser Fall, in den er sich verbissen hatte, begann auch sie zu interessieren. Als Krankenschwester lagen ihr ohnehin soziale Schicksale am Herzen. Und dieser Ketschmar, der seit fast sieben Wochen in Untersuchungshaft saß, schien gerade alles zu verlieren. Oft genug hatte sie in langen Gesprächen an Mike appelliert, seine Arbeit sehr sorgfältig und verantwortungsbewusst anzugehen. »Wenn ihr etwas überseht, ziehen die Juristen falsche Rückschlüsse«, hatte sie einmal gesagt. Einen Satz, an den Mike immer wieder denken musste.
    Deshalb war er auch sofort damit einverstanden gewesen, als Speckinger ihm vorgeschlagen hatte, einige Akten zu kopieren und sie ihm zur Auswertung zu schicken. Dass diese Art der Ermittlungsarbeit nicht ganz den Vorschriften entsprach, wussten sie beide – auch, was dies bedeuten würde, käme Bruhn dahinter.
    Das Kuvert enthielt die Geodaten von Grauers Handy, wie sie die Mobilfunkgesellschaft zur Verfügung gestellt hatte. Außerdem lagen schwarz-weiße Kopien einiger Baustellenfotos bei. Linkohr sollte herausfinden, ob sich mithilfe der Funkzellen, in die sich das Handy in den Wochen davor eingeloggt hatte, einige der fotografierten Baustellen lokalisieren ließen. Eine knifflige Aufgabe, wie der junge Kriminalist schnell feststellen musste. Er zog Wander- und Straßenkarten zurate, stellte komplizierte Berechnungen an und markierte sich Geländepunkte, an denen sich einige der abgebildeten Bauprojekte befinden mussten. Dass die kurze Tageshelle jetzt im Januar nicht ausreichte, die entsprechenden Standorte nach Feierabend in Augenschein nehmen zu können, erschwerte die Arbeit. So musste sich seine Ermittlungsarbeit im freien Gelände auf die Wochenenden beschränken. Immer, wenn Juliane dann im Krankenhaus Dienst hatte, unternahm er private Rundfahrten, um sich vor Ort zu vergewissern, ob die dort vermuteten Bauvorhaben tatsächlich vorhanden waren. Wenn es sich um landwirtschaftliche Bauten im Außenbereich handelte, nahm er auch in Kauf, dass er verbotene Feldwege befahren musste.
    Anfang Februar hatte er auf diese Weise schon elf Projekte lokalisieren können – alle im Umkreis von rund 50 Kilometern. In allen Fällen war es ihm auch gelungen, die Namen der Eigentümer herauszubekommen. Weil seine Ermittlungen jedoch nur halbamtlichen Charakter hatten, musste er behutsam vorgehen. Mehr und mehr verspürte er dabei die Lust, sich eines Tages als Privatdetektiv selbstständig zu machen. Ohne

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