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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Zivilprozessen war er schon oft gewesen, nie aber bei einem Strafverfahren. Irgendwie beschlich ihn deshalb ein mulmiges Gefühl. Er wollte sich deshalb das Landschaftsbild einprä­gen, möglichst jedes Detail, den Tatort, die Entfernungen, den Asphaltweg hier und bei den Gabelungen.
    Er war so in Gedanken versunken, dass er den herannahenden Wagen zunächst gar nicht zur Kenntnis nahm. Erst als der uralte Golf in seinem Augenwinkel auftauchte, bemerkte er ihn. Eckert drehte den Kopf und versuchte, durch die spiegelnde Windschutzscheibe den Fahrer zu erkennen. Es war offenbar der Bauer vom Erlenhof.
    Der ziemlich ramponierte Wagen, an dem nicht nur der Zahn der Zeit, sondern auch der Rost erheblich genagt hatten, blieb wenige Meter vor ihm stehen. Der Motor verstummte und ein stattlicher Mann im blauen Arbeitsanzug stieg aus. »Ich wollte Ihnen nur schnell ade sagen«, begrüßte er den Bauingenieur, der ihm ein paar Schritte entgegengekommen war. Sie schüttelten sich die Hände und wechselten ein paar Worte über den Frühling, der nach einem langen harten Winter nun endlich Einzug zu halten schien.
    »Sie verlassen uns …?«, stellte Erlenhof-Bauer Hudelmaier fragend fest und kratzte sich am unrasierten Kinn. Er hatte einen Schwall von Stallgeruch mitgebracht.
    »So ist das Leben«, erwiderte Eckert und lächelte, »heute hier, morgen dort. Aber das ist das Spannende an meinem Beruf.«
    »Schön ists geworden«, meinte Hudelmaier und wies mit einer Kopfbewegung auf das fertige Schweinestallprojekt.
    »Man tut, was man kann – nur schade, dass es mit dieser Leiche in Verbindung gebracht wird.« Eckerts Miene nahm einen ernsten Ausdruck an.
    Auch Hudelmaier ließ einen plötzlichen Stimmungswandel erkennen. »Zum Glück haben sies schon aufgeklärt«, sagte er schließlich und sah zu der Stelle, an der der Tote gelegen hatte. »Der Termin für die Verhandlung steht fest.«
    »Sie haben auch eine Einladung gekriegt? Auch Zeuge?« Eckert zeigte sich überrascht.
    »Ja, versteh ich zwar nicht so recht. Aber wahrscheinlich gehts um diesen Ford, den der Grauer bei mir abgestellt hatte.«
    Eckert nickte. »Kann ja alles nur noch eine reine Formsache sein. Bei allem, was ich gehört habe, bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass sie den Ketschmar verurteilen werden.« Er ließ ein leichtes Grinsen erkennen. »Die Justiz braucht doch auch ein Erfolgserlebnis.«
    Hudelmaier kniff die Augen zusammen. »So ist es. Wenn der erst mal verknackt ist, kräht kein Hahn mehr nach ihm.«
    »Und zuzutrauen ist dem wirklich alles«, meinte Eckert, »er war vor einigen Monaten auch bei mir, hat sich vorgestellt und einen Affentanz aufgeführt, nachdem ich ihm gesagt hab, dass wir niemand in seinem Alter einstellen.«
    »Ach«, Hudelmaiers Interesse stieg zusehends, »hat er rumgetobt?«
    »Wie ein Depp«, entsann sich der Bauleiter, »ich hab wirklich für einen Augenblick Angst gehabt, er könnt mich am Kragen packen.«
    »Das haben Sie aber der Kripo gesagt?«
    »So deutlich nicht. Aber ich werds vor Gericht tun.«
    »Das sollten Sie unbedingt«, ermunterte ihn Hudelmaier, »wer zu Jähzorn neigt, dem ist alles zuzutrauen.«
    Eckert nickte und wechselte das Thema. »Aber Ihre Geschäfte laufen gut?«
    »Kann nicht klagen. Wenn die Konjunktur endlich wieder anziehen würde, gings besser. Außerdem …« Er überlegte kurz, »… außerdem hat mans hier halt mit jeder Menge Neider zu tun.«
    »Die beiden da drüben?« Eckert wusste inzwischen, wer gemeint war – die zerstrittenen Hofbesitzer von der anderen Talseite.
    »Ich versuch zwar, mit allen ein gutes Verhältnis zu haben, aber so ganz trau ich dem Frieden nicht. Die tun einem schön ins Gesicht, aber hintenrum hauen sie einen in die Pfanne.«
    »Ist das …« – Eckert suchte nach einer passenden Formulierung – »ist das ein Problem für Sie?«
    Hudelmaier legte seine Stirn in Falten. »Ich hoffe nicht«, sagte er. »Wenn jetzt wieder Ruhe einkehrt, wird über manches sehr schnell Gras wachsen. Hoffe ich.«
    »Dann sehn wir uns also am 10.«, brachte Eckert das Gespräch zu einem Ende.
    Hudelmaier schien zunächst nicht so recht zu verstehen, doch dann war ihm klar, dass Eckert auf den Prozesstermin in Ulm angespielt hatte.
    »Ja, da werden wir uns wohl oder übel treffen. Ich war noch nie vor Gericht, aber die werden uns schon den Kopf nicht runterreißen.« Sein Lächeln wirkte gezwungen. Er reichte seinem Gegenüber zum Abschied die Hand. »Und sagen Sie Ihrer Frau

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