Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
sich vorstellen können, dass Ihnen der Herr Grauer anschließend davon erzählt hätte.«
    Hornung sah nacheinander die drei Robenträger und die beiden Schöffen an, überlegte offenbar angestrengt und blickte dabei auch zum Staatsanwalt hinüber. Die Antwort des Zeugen ging für die Zuhörer im Lärm eines bremsenden Lkw unter. »Ich geh mal davon aus, dass Herr Grauer mir dies gesagt hätte.«
    »Hat er aber nicht?«
    »Nein.«

58
     
    Die drei Kriminalisten waren vorbei an den Mannschaftstransportwagen der Bereitschaftspolizei in Richtung Steinberghof abgebogen. Kurz vor der Hofstelle steuerte Hä­berle den Wagen links in einen unbefestigten und schmutzigen Feldweg, auf dem der Audi aufwärts zu einem Heckenstreifen holperte, um den sich mehrere junge Männer mit ihren Einsatzoveralls gruppierten. »Sie habens vom Hubschrauber aus entdeckt«, erklärte ein Uniformierter, als die Kriminalisten näher kamen. Der Helikopter kreiste jetzt etwa 200 Meter weiter an der Hangkante. Vom nahen Hof her übertönte das Kläffen eines Hundes die Rotorengeräusche.
    Die Kriminalisten ließen sich zeigen, was den Kollegen so wichtig erschien: Im Unterholz des kahlen Gestrüpps hing ein offenbar weggeworfener blauer Arbeitsanzug. »Es ist Blüchers«, erklärte der Uniformierte knapp, »die Frau hat ihn identifiziert.« Die Männer standen für ein paar Sekunden wortlos herum, als plötzlich eine wortgewaltige Männerstimme sie von hinten erschreckte. »Ja, was isch denn da auf meinem Grundstück los?« Es war der alte Steinberg-Schorsch, Georg Knoll, der so schnell er konnte über die Hangwiese heraufkam und jetzt alle Blicke auf sich zog.
    »Das ist ein polizeiliches Sperrgebiet«, rief ihm der Uniformierte zu, ohne damit Eindruck zu schinden.
    »Lassen Sie ihn«, hielt Häberle den Kollegen zurück und ging dem Schorsch entgegen, um ihn per Handschlag zu begrüßen.
    »Was geht hier vor?«, schnauzte der Alte, der selbst in frischer Luft nach Kuhstall und Tabaksqualm roch. »Habt ihr ihn endlich gfunde, den Dreckskerl?«
    »Sie wissen, dass Herr Blücher als vermisst gilt?«
    »Natürlich weiß i des. Ihre Kollege stellat mir ja den halbe Hof auf den Kopf. Hent Se’n gfunda?«
    Häberle blieb gelassen. »Leider nein, aber es sieht so aus, als hinge da vorne sein Arbeitsanzug.«
    Schorsch stutzte und war für einen Moment sprachlos. »Sein Arbeitsanzug?« Er wurde plötzlich nachdenklich. Häberle schien es, als nähme sein Gesicht eine fahle Farbe an.
    »Ja, sein Arbeitsanzug«, bestätigte er.
    »Bei mir aufm Grundstück?« Schorsch schluckte.
    »Sieht so aus. Damit scheint es so, als sei der Bauernkrieg in eine neue Runde gegangen.«
    Schorschs Augen starrten zu dem Heckenstreifen hinauf, wo sich das Blau des Arbeitsanzugs im kahlen Gebüsch abzeichnete. »Sie wollet damit doch et saga, dass i …?«
    Häberle zuckte mit den Schultern. Er sah die Zeit für gekommen, dem Großmaul eine Breitseite zu verpassen: »Noch haben wir ja seine Leiche nicht gefunden.«

59
     
    »Sie sind sich ganz sicher, dass Herr Grauer Ihnen das gesagt hätte?« Manuel Traknow sah den Zeugen scharf von der Seite an. Doch Hornung blieb dabei: »Ganz sicher. Anspucken wäre ein so gravierender Vorfall gewesen, dass Herr Grauer eine Aktennotiz geschrieben und mit mir das weitere, vermutlich auch strafrechtliche Vorgehen besprochen hätte.«
    »Und was ist Ihnen über Herrn Grauers Nebentätigkeit bekannt?«, machte der Anwalt weiter, nachdem bisher weder die Richter noch der Staatsanwalt darauf eingegangen waren.
    Hornung legte lässig seinen linken Arm auf die Stuhllehne. »Bei uns sind keine Nebentätigkeiten gemeldet«, stellte er lakonisch fest.
    »Und wenn ich Ihnen sage, dass Herr Grauer möglicherweise fürs Hauptzollamt in Ulm tätig war – für Schwarzarbeit?« Der Form halber fügte er, ans Gericht gewandt, hinzu: »Blatt 327 der Ermittlungsakten übrigens.« Sogleich begann der beisitzende Richter, auch ›Berichterstatter‹ genannt, eifrig in den Akten zu blättern, um die genannte Stelle aufzuschlagen.
    »Davon ist mir nichts bekannt.«
    »Und wenn das so wäre – müssten Sie davon wissen?«
    »Wenn es mir keiner sagt, woher soll ich es dann wissen?« Die Gegenfrage klang frech, befand der junge Anwalt. »Sie sollen keine Frage stellen, sondern antworten«, gab er deshalb barsch zurück.
    »Ich sagte doch, dass ich nichts davon weiß.«
    »Kommt es vor, dass Mitarbeiter der ›Agentur für Arbeit‹ auch für andere

Weitere Kostenlose Bücher