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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Kurzwellenfrequenz, auf der Luxemburg rund um die Uhr die neuesten Hits spielte. Zwar mit scheußlicher Tonqualität, aber bei den Jugendlichen in halb Europa beliebt. Denn die etablierten öffentlich-rechtlichen Sender produzierten damals ein hölzernes und steriles Programm. Damals – oder besser gesagt: früher. Aber daran wollte er gar nicht denken.

16
     
    Die drei Kriminalisten hatten den Steinberghof erreicht, über den sich jetzt bedrohlich und finster der dichte Hangnebel schob. Specki war außer Atem geraten und beim Anstieg seinen Kollegen Häberle und Linkohr nur mühsam gefolgt. Auf der unbefestigten Fläche zwischen Stallungen und Wohngebäude orientierten sich die Männer und strebten der Eingangstür zu, vor der auf einem Holzpfosten ein Schild mit der Aufschrift ›Hofladen‹ angebracht war. Häberle klingelte, worauf sofort geöffnet wurde und eine burschikose Frau im blauen Arbeitsanzug erschien. Der Chefermittler stellte sich und seine Kollegen vor und bat um ein kurzes Gespräch. Im dämmrigen Tageslicht wirkte das Gesicht der Bäuerin fahl. Sie musterte ratlos die drei Männer und forderte sie mit einer Kopfbewegung auf hereinzukommen. »Eigentlich haben wir doch Ihren Kollegen schon gestern Abend alles gesagt«, meinte sie wenig erbaut, während sie ihre Besucher durch einen engen Flur in ein Esszimmer führte, aus dem ihnen wohlriechender Tabaksduft entgegenschlug. »Das ist unser Opa Schorsch«, sagte sie und deutete auf den alten Herrn, der an der Oberkante des Ecktisches saß und kräftig an seiner qualmenden Pfeife zog. Vor ihm stand ein Glas, dessen goldgelber Inhalt auf Moscht schließen ließ. Ein blauer Steinkrug war noch ganz gefüllt, erkannte Häberle. Den Alten schien der unerwartete Besuch nicht sonderlich zu berühren. Er nickte den Männern zu und nahm zur Kenntnis, wer sie waren.
    »Wir halten Sie nicht lange auf«, versprach der Chefermittler, rückte den Stuhl neben Opa Schorsch zurecht und setzte sich. Seine Kollegen nahmen ebenfalls Platz, während die Bäuerin unschlüssig stehen blieb. »Brauchen Sie mich auch?«, fragte sie und zupfte sich Heu aus den gewellten Haaren.
    »Ja, bitte«, erwiderte Häberle, »darf ich erfahren, wer sonst noch hier wohnt?«
    Die Frau setzte sich nun ebenfalls und schluckte. »Mein Mann und unsere beiden Söhne.«
    »Man hat Sie gestern schon kurz gefragt, ob zwischen 17 und 19 Uhr Kundschaft da war«, begann der Kriminalist und verfolgte, wie Opa mit einem metallenen Pfeifenstopfer den glimmenden Tabak bearbeitete, »uns interessiert das deshalb, weil wir wissen müssen, wer auf dem Weg zwischen hier und der Baustelle da unten gefahren sein könnte.«
    Noch ehe die Frau antworten konnte, schob Opa seine Pfeife in den linken Mundwinkel und wurde so energisch, wie es Häberle nicht erwartet hätte. »Wie kommet Sie eigentlich drauf, dass der, den Sie suchet, bei uns war? Sie solltet unsere Kundschaft in Ruh lasse. Das sind alles ehrbare Leut, dass wir uns da verstehn, ja? Sie solltet zu dem Deppen rüber gehn.« Er deutete in Richtung Eulengreuthof. »Sie werden ihn doch wohl kennen, oder?«
    »Opa«, mahnte die Bäuerin, der dies alles peinlich zu sein schien.
    »Lass mich sagen, was ich denk«, gab er zornig zurück. »Was da unten passiert isch, trau ich dem da drüben ohne weiteres zu.« Und um dem Gesagten Nachdruck zu verleihen, nahm er die Pfeife aus dem Mund und wurde lauter: »Alles trau ich dem zu. Daran solltet Sie denke, Herr Kriminalrat. Alles. Und seit sein Neffe vor zwei Wochen tödlich verunglückt ist, spinnt der vollends ganz. Der g’hört zum Landerer.« Häberle wusste, was mit diesem Hinweis gemeint war: die psychiatrische Klinik Dr. Landerer in Göppingen, ›Christophsbad‹ genannt.
    Linkohr und Specki schauten sich an und unterdrückten ein Grinsen.
    »Wir gehen allem nach«, versprach Häberle, »aber wir sind zuerst zu Ihnen gekommen, weil wir dachten, Sie könnten uns am ehesten weiterhelfen.« Das klang versöhnlich und schmeichelte dem alten Herrn. »Sie haben gestern einige Namen genannt. Ich hab sie flüchtig gelesen – und wir werden die Personen alle überprüfen. Wenn ich mich recht entsinne, sind fünf Namen aufgeführt. Sie kennen die Herrschaften alle persönlich?«
    Die Frau nickte. »Es sind Stammkunden. Sie kommen mehr oder weniger regelmäßig hier rauf, um einzukaufen.«
    »Meist freitags?«, wollte Specki wissen, während Linkohr sich auf einem zusammengefalteten Blatt Notizen machte.
    »Ja,

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