Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
schüttelte den Kopf. »Es gibt eine ganz vernünftige Erklärung dafür, wirklich.«
    Häberle sah erwartungsvoll zu ihm herüber. Auch Linkohrs Interesse stieg erkennbar.
    »Ich hab gewartet, bis du kommst«, erklärte Ketschmar mit schwacher Stimme und suchte den Blickkontakt zu seinem Schwiegersohn, »denn ich weiß doch, dass mir keiner glauben wird. Mir nicht, mir doch nicht mehr.« Er lehnte sich jetzt zurück und streifte einige Haare aus der glänzenden und faltigen Stirn.
    Manuel fasste ihn wieder am linken Unterarm. »Du darfst alles sagen, was du willst. Der Herr Häberle wird es überprüfen.« Es klang sachlich, doch war es die geschickte Aufforderung die Wahrheit zu sagen.
    »Dann schildern Sie uns mal, wie der Speichel an Grauers Pullover geraten ist«, ermunterte der Kommissar sein Gegenüber. Der Angesprochene sah ihm fest in die Augen und schien seine letzte seelische Kraft zu mobilisieren:
    »Ich hab ihn angespuckt. Ja, angespuckt. Aus Zorn. Aus Hass. Am Freitagmittag, als ich bei ihm war.« Und um dem Gesagten noch mehr Nachdruck zu verleihen, wiederholte er laut und giftig: »Ich hab ihn einfach angekotzt, verstehen Sie? Ja, angekotzt. Diesen Stinkstiefel. Das ist auch einer von denen, die voller Arroganz da hocken und dir sagen, dass du zu alt bist und dass man dir eigentlich nur pro forma irgendwelche dümmlichen Angebote unterbreitet, damit du ja nicht in der heiligen Arbeitslosenstatistik auftauchst.«
    Traknow war von dem emotionalen Ausbruch seines Schwiegervaters sichtlich überrascht. Er tätschelte ihn am linken Unterarm, um ihn zu besänftigen. Der jedoch ließ sich nicht beirren. Er schien sein psychisches Tief für einen Moment zu verlassen, was Häberle mit Interesse verfolgte. »Sie haben ihn angespuckt«, zeigte sich der Ermittler interessiert, »und wie hat er reagiert – der Herr Grauer?«
    Linkohr machte sich jetzt Notizen.
    »Schiss hat er gekriegt«, antwortete Ketschmar, »Schiss.« Er lachte triumphierend auf. »Das sind die doch nicht gewohnt – die in ihren warmen Amtsstuben. Die lassen sich hofieren und spielen den großen Zampano.« Er blickte nacheinander zu Häberle und Linkohr. »Was wissen die denn, was draußen abgeht? Für die sind Sie nur eine Nummer, eine Akte – weiter nichts.« Häberle nickte verständnisvoll. Der Mann hatte recht, absolut. »Haben Sie schon mal angerufen – im Arbeitsamt?« Ketschmar kam in Fahrt. »Callcenter. Es schaltet zu einem Callcenter, wo ein paar nette Damen und Herren dümmliche Floskeln von sich geben. Dass man sich Ihrer Sache selbstverständlich sofort annehmen werde. Nur ein bisschen Geduld. Man werde Sie zurückrufen.« Er winkte ab. »Und der, der dann zurückruft, hat auch keine Ahnung …«
    »Und Herr Grauer …?«, fragte Häberle, um das Gespräch in die gewünschte Richtung zu bringen.
    »Genau der Gleiche. Ein Bürokrat wie aus dem Bilderbuch.«
    »Sie haben ihn also angespuckt – und sind einfach gegangen?«
    »Ja, natürlich … Was hätten denn Sie in diesem Fall gemacht? Gewartet, bis er kapiert hätte, dass ihm einer eins vor den Latz geknallt hat?«
    »Und das hat im Arbeitsamt niemand mitgekriegt? Ich mein, das hat sich doch nicht still und heimlich abgespielt?«, zweifelte Häberle. »Ich geh mal davon aus, dass ein lautstarker Krach vorausgegangen ist.«
    »Zwei, drei Sätze – mag sein.«
    »Und dann sind Sie Türe schlagend raus?«
    »Weiß nicht. Jedenfalls hat er dumm aus der Wäsche geschaut und ich bin weg, ja.«
    Linkohr sah seinen Chef staunend an. Der ließ sich nicht anmerken, was er dachte. »Dass Ihnen der Herr Grauer … sagen wir mal, nicht gerade sympathisch war, entnehmen wir Ihrem Computer.« Er visierte sein Gegenüber. Doch Ketschmar ließ keine Regung erkennen. Vermutlich, so dachte der Chefermittler, hatte er mit dieser Feststellung gerechnet.
    »Ich hab dem Kerl Feuer unter dem Hintern machen wollen!«
    »Feuer? Unterm Hintern?«, hakte der Kriminalist nach und sprach die Worte betont langsam aus. »Unterm Hintern? Oder auch im Büro?«
    »Ich versteh Ihre Frage nicht.«
    »War nur so eine Bemerkung«, lächelte Häberle. »Sie haben ihm also Drohbriefe geschickt?«
    Ketschmar drehte sich zu seinem Schwiegersohn um. Der kniff einigermaßen ratlos die Lippen zusammen, gab aber mit einer Geste zu verstehen, dass er zu einer klaren Aussage rate.
    Ketschmar zuckte mit den Schultern.
    »Sie waren der Meinung, dass sich damit etwas ändern ließe?«, hakte Häberle vorsichtig nach. An

Weitere Kostenlose Bücher