Bezaubernde Spionin
männlichen Eitelkeit zu kränken wäre gleichbedeutend mit ihrem Todesurteil gewesen. Oder zumindest einer recht unerfreulichen Zeit im Tower. Wo er sie zweifellos besucht hätte, um sie auf seine rüde und einfallslose Art von hinten zu nehmen.
Georgina Harrington war es gewohnt, dass die Männer sie anstarrten, wenn sie auftrat, und sie konnte sich sehr genau vorstellen, was in ihren Hirnen vorging, wenn sie ihre Brüste musterten oder ungeniert auf ihren Rock glotzten, ihre Knöchel betrachteten, die sie geschickt und wie zufällig zu entblößen verstand. Peter Cunningham war nur ein weiteres, unbedeutendes Beispiel dafür.
Gewiss, auch sie hatte gelegentlich beim Anblick eines wohlgeformten Mannes Lust empfunden, und für gewöhnlich hatte es nur eines kleinen Winks bedurft, um diesen Mann zu sich zu rufen oder ihn durch eine ihrer verschwiegenen Zofen in ihr Boudoir zu bestellen, wo sie sich von ihm befriedigen ließ und ihn anschließend davonjagte, nicht ohne ihn zuvor gehörig gedemütigt zu haben, wenn es nicht anders ging, mit Geld.
Doch so hemmungslos und unwillkürlich wie auf Rupert von Atholl hatte Georgina noch nie auf einen Mann reagiert. Sie hob den Fächer erneut vor ihr Gesicht und wedelte heftig, um ihre glühenden Wangen zu kühlen, während sie gleichzeitig das heiße Brennen zwischen ihren Beinen zu ignorieren suchte. Sie würde ihn bekommen, das stand außer Frage, früher oder später. Aber sie musste aufpassen, dass ihre Wollust und ihre Begierde ihr Urteilsvermögen nicht trübten. Denn dass die Herzogin von Albany möglicherweise ebenfalls an dem jungen Stewart interessiert war, konnte sie möglicherweise zu ihrem Vorteil nutzen. Dass der junge Stewart sie, Georgina Harrington, seit dem Eintreten von Aylinn von Albany keines Blickes mehr würdigte, sprach sehr dafür, dass er auch an der jungen trauernden Tochter interessiert war. Und das spielte ihren Plänen ganz wunderbar in die Hände. Pläne, von denen selbst Lord Peter Cunningham nichts wusste. Herzog John von Bedford hatte dem englischen Gesandten nur aufgetragen, seine junge Verwandte nach England zu lotsen, wie auch immer er das anstellen mochte, damit er sie dort an einen seiner treu ergebenen Adligen verheiraten und sich so den immensen Einfluss in Schottland verschaffen konnte, den er brauchte, um König James I. endgültig vom Thron zu stoßen, ohne einen weiteren, kostspieligen Feldzug gegen Schottland zu organisieren, für den er nach den ungünstigen Feldzügen gegen die Franzosen im Moment weder das Geld hatte noch die Zustimmung der Lords des Parlamentes bekommen würde. Und ohne sich dabei allzu sehr auf die Hilfe dieser ungepflegten, barbarischen und gierigen Clanchiefs und ihrer Gefolgsleute stützen zu müssen. Zu diesem Zwecke hatte der Herzog dem Gesandten Lady Georgina Harrington hilfreich an die Seite gestellt, angeblich, weil sie als Frau vielleicht das Herz einer Frau besser verstände, eine Seele besaßen sie ja nach Lehre der katholischen Kirche nicht.
Pah! Georgina Harrington verkniff sich ein Grinsen bei diesem Gedanken. Als wenn sie das Herz oder die Seele einer anderen Frau auch nur interessierte, geschweige denn, dass sie verstanden hätte, darin zu lesen. Was sie konnte, war den zumeist recht überschaubaren Geist von Frauen und Männern zu manipulieren, und das nicht mithilfe von Herz oder Seele, sondern durch Gerissenheit und Einsatz ihres Körpers. Vor allem bei Männern war sie sehr erfolgreich, und genau deshalb hatte Bedford sie nach Schottland entsandt. Sie sollte sich um die Clanchiefs kümmern, bei denen Cunningham nicht weiterkam, vor allem aber hatte Bedford sie auf ein ganz besonderes Opfer angesetzt. Und zwar eines, bei dem die Jagd, jedenfalls diesem kurzen Zwischenspiel nach zu urteilen, mindestens ebenso interessant und aufregend zu werden versprach wie am Ende das Erlegen der Beute.
Denn mit Rupert von Atholl hatte Georgina zum ersten Mal seit langer, sehr langer Zeit, wieder einen würdigen Gegner und ein lohnendes Opfer vor sich, und sie würde sich die Zeit nehmen, genüsslich mit ihm zu spielen, bevor sie es schließlich zur Strecke brachte. Sollte John von Bedford doch fluchen; sie würde ihm Rupert von Atholl, den Mörder seines Cousins und Kumpans bei dem Komplott gegen Jakob, oder vielmehr James I. von Schottland, erst dann liefern, wenn sie des Spiels mit ihm überdrüssig geworden war und er sie ausreichend befriedigt hatte.
Georgina Harrington musterte den jungen
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