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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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’tschuldigung, hast recht, ich musste neulich weg, tut mir leid.«
    Sie mustert mich belustigt.
    »Mit einer Arbeitslosen?«
    »Nein, mit einem Kaninchen.«
    Diesmal lässt sie sich Zeit, während sie mein Gesicht nach Anzeichen absucht, dass Vogelgrippe doch übertragbar ist. »Geht es dir gut?«
    »Ja.«
    Das beruhigt sie nicht. Sie mustert mich mit diesem Blick, an den ich mich auch noch bestens erinnere.
    »Passiert heute wieder so etwas wie letzten Montag?« »Nein.«
    »Gut«, sagt sie und wirkt tatsächlich erleichtert, »ich möchte mich nicht noch mal für meinen Ex schämen müssen.« »Du meinst wie damals, als wir den Dreier versucht haben?«
    Sie versucht ein cooles Gesicht zu machen, aber nach zwei Sekunden hält sie sich die Hand vor den Mund und kichert wie ein Schulmädchen.
    »So ähnlich. Was war denn neulich los? Warum warst du so sauer? So kenne ich dich gar nicht.«
    Ich zucke die Schultern.
    »Schlechten Tag gehabt. Hat doch jeder mal.«
    Sie nimmt ihre Augen nicht von meinem Gesicht und wird wieder ernst.
    »Geht es dir wirklich gut?«
    Ich konnte ihr schon früher nichts vormachen. Ist das der Grund, wieso ich ihr in letzter Zeit aus dem Weg gegangenbin? Hm. Jedenfalls war es der Grund, wieso wir damals nicht mehr zusammen sein konnten. Sie fand heraus, dass ich sie nicht mehr liebte, bevor ich es selber wusste. »Irgendwas ist doch mit dir«, sagt sie und fährt schnell fort, bevor ich etwas sagen kann. »Ich weiß, du willst immer erst reden, wenn alles zu spät ist, dennoch, komm doch mal vorbei. Wir sehen uns eh viel zu selten. Gernot würde sich auch freuen, dich zu sehen.«
    Das bezweifele ich, aber süß von ihr.
    »O.k., ich ruf dich an, und wir gehen um den Block. Du und ich, essen, reden, tanzen, saufen, Gruppensex, das volle Programm.«
    Sie nickt und schaut auf die Uhr. Wieder eine Sache, die meine Exfrauen scheinbar gemeinsam haben.
    »Gut, ich freue mich.« Sie umarmt mich und küsst mich auf den Mund. »Und keine Schweinereien heute, verstanden!« »Ja, Mami.«
    Sie droht mir mit dem Finger, lächelt und geht. Ich schaue ihr nach. Klasse Gang. Klasse Frau. Ich habe wirklich einen guten Frauengeschmack. Leider arbeiten sie lieber, als bei mir zu sein. Hm. Nach mir holte Anja sich schlauerweise Gernot, den Unternehmer, der ebenfalls nie zu Hause ist. Da fällt es nicht so auf, dass sie auch nie da ist. Eine perfekte Symbiose. Vielleicht muss ich mir ja einfach sieben Hobbys suchen und vier Firmen gründen, um eine glückliche Beziehung führen zu können.
    Ich wende mich wieder dem Publikum zu, lasse meinen Blick über die Gesichter gleiten, schaue mich automatisch nach Tess um und ... sehe sie ! Ich blinzele. Tatsächlich. Da steht sie. Sie trägt ihre Schlabberjeans, ein drei Nummern zu großes Sweatshirt und die Haare offen. Und neben ihr steht Frauke, heute ganz in Orange. Eigentlich hätte ich sie schon an der Wolke über ihrem Kopf erkennen müssen. Und neben ihr steht ... Arne ? Er entdeckt mich undstupst Tess an. Sie folgt seinem Fingerzeig, sucht, findet und wirft eine strahlende Kusshand zu mir hoch. Ich fasse an mein Herz. Überraschung gelungen.
    Ich drücke mich an der Seite des Vorhangs durch und hocke mich an den Bühnenrand. Sie drängelt sich breit grinsend durch die Menge und kommt nach vorne. Meine Mundwinkel schmerzen, als ich mich vornüberbeuge, um sie zu küssen.
    »Überrascht?«, grinst sie.
    »Mein lieber Scholli. Ich denke, du bekommst erst am Wochenende frei.«
    »Kleines Ablenkungsmanöver«, lächelt sie.
    Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und streckt sich mir entgegen. Ich küsse ihre Lippen, ohne dass einer von uns aufhören kann zu grinsen. Gott, ist es schön, sie zu sehen. Einfach perfekt. Die Herumstehenden in der Nähe stupsen sich an und nicken zu uns rüber. Der knutschende Däne. »Eigentlich wollte ich dich mitten in deinem Text überraschen, aber wir sind ja hier, um dich zu unterstützen.« »Jetzt werde ich nervös.«
    »Gut«, sagt sie. »Dann warst du immer klasse. Wie geht es Far?«
    »Gut genug«, sage ich und füge hinzu: »Er wollte, dass ich fahre.«
    Was er sonst noch so wollte, verschweige ich ihr. Wir mustern uns aus nächster Nähe. Herrje ... Eine schönere Überraschung hätte ich mir nicht wünschen können, denn dass sie jetzt hier ist, bedeutet, dass wir nach der Show die ganze Nacht zusammen sein werden. Keine Tussenparty. Kein Kartoffelschnaps. Einfach nur nach der Show nach Hause fahren und den Abend genießen.

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