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Bezueglich Enten und Universen

Bezueglich Enten und Universen

Titel: Bezueglich Enten und Universen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neve Maslakovic
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Wohngebiete, gesprenkelt mit Läden, Restaurants und Büros, wo Bürger ihren alltäglichen Geschäften nachgingen. Plötzlich erkannte ich, dass ich auf den Ort starrte, wo normalerweise meine Firma stand.
    »Wir sind in Redwood Grove«, sagte ich überrascht.
    »Das ist Palo Alto«, widersprach Bean kopfschüttelnd.
    »Nein, ist es nicht.«
    »Wir sind hier im Krankenhaus von
Palo Alto,
Felix. Das ist
deren
Gelände.«
    »Aber wenn ich’s Ihnen doch sage, das ist Redwood Grove.« Ich blickte mich um und versuchte den Wohnkomplex am Wasser zu finden, in dem sich meine kleine Erdgeschosswohnung befand, aber ich hatte Schwierigkeiten, mich zu orientieren. »Da drüben«, deutete ich. »Ja, ich bin ziemlich sicher, das ist die Stelle, wo ich jeden Morgen mit dem Fahrrad in den Beförderer steige. Der bringt uns in die Innenstadt, dann nehme ich das Fahrrad bis zu
Wagner’s Kitchen
. Und jeden Nachmittag radle ich zurück zum Bahnhof, hüpfe in den Beförderer und fahre zurück.«
    »Redwood – ach so, jetzt weiß ich’s. Namensänderung, das war eines der ersten Projekte des Departements für Informationsmanagement. Um inter-universelle Verwechslungen zu vermeiden und für zusätzliche Privatsphäre zu sorgen. Aus irgendeinem Grund haben sie die großen Städte dabei ausgelassen, aber auf kleine Ortschaften trifft es zu. Stellen Sie sich mal vor, was das für ein Papierkram war.«
    Ich lehnte mich über die Brüstung. »Glauben Sie, wenn wir jetzt da runterspucken, infizieren wir jemanden und lösen eine Epidemie aus?«
    »Alles in Ordnung, Felix?«
    »Sehen Sie doch.« Ich gestikulierte zu den Fußgängern auf der Straße unter uns. »Die sind wie Ameisen in einem Bienenstock – Ameisenhaufen, meine ich. Sie sausen mal hierhin, mal dorthin, hin und zurück. Keine Interaktion, gehen einfach aneinander vorbei, ohne sich eines Blicks zu würdigen.« Das Pochen in meinem Schädel erschwerte mir das Nachdenken. »Können Sie sich vorstellen, Sie wären in einer Kleinstadt vor hundert Jahren wort- und grußlos an einem anderen Menschen vorbeigegangen – ohne ihn wenigstens auszurauben? Manchmal wünsche ich mir die alten Zeiten zurück, als alles noch langsamerging und niemand hetzen musste, als man noch die Muße hatte, gründlich über die Dinge nachzudenken.«
    »Dreht sich nicht das ganze Leben darum?«, kommentierte sie das Gewimmel unter uns. »Sich von einem Ort zum andern zu bewegen, von Aktivität zu Aktivität. Wenn man damit aufhört, ist man tot.«
    Das kam mir irgendwie ziemlich morbid vor, vor allem im Krankenhaus.
    »Ich bin eine Nicht-Passivistin. Ich glaube daran, Dinge zu erledigen«, erklärte sie. »Eine Aktivistin, wenn Sie so wollen.«
    »Ich bin ein Duplikat.«
    Sie wandte den Kopf, um mich anzusehen.
    »Ich habe ein Alter Ego«, stellte ich unnötigerweise klar.
    »Ehrlich, da wäre ich nie draufgekommen. Sie wirken zu jung.«
    »Danke, aber ich werde morgen fünfunddreißig, nicht erst in sechs Monaten. Das habe ich vor ein paar Wochen herausgefunden. Lange Geschichte. Der entscheidende Punkt ist – ich habe ein Alter. Und vielleicht ist der Kerl mir zuvorgekommen und hat mein Buch geschrieben. Nein, warten Sie«, meinte ich, griff mir an den Kopf und versuchte einen sinnvollen Gedanken aus meinem verwirrten Hirn zu quetschen. »Das Problem habe ich doch schon gelöst. Wenn Felix ein Buch geschrieben hätte, dann hätten sie es im
Bücherwurm
gefunden – warum heißt das eigentlich so, kriegen Papierbücher Würmer, wie Äpfel oder Birnen?«
    »Ein Buch? Ich dachte, Sie schreiben Gebrauchsanleitungen für
Wagner’s Kitchen

    »Das ist nur mein Job im wirklichen Leben«, erwiderte ich mürrisch.
    »Dann sind Sie also hier, um nachzusehen, ob Ihr Alter ein Buch geschrieben hat. Ich hatte mich schon gewundert. Was für eine Art von Buch?«
    »Einen Krimi.«
    »Dann haben Sie einen geschrieben?«
    »Ich arbeite noch am Plot«, meinte ich von oben herab. »Im Kopf.«
    »Ach,
da
sind Sie.«
    Chang war hinter uns aufgetaucht. »Dr. Gomez-Herrera meinte, dass sie sich heute Morgen nicht ganz wohl zu fühlen scheinen, Felix. Ich fürchte, Sie haben sich das Virus zugezogen. Gehen wir hinunter und sehen zu, was wir für Sie tun können. Übrigens ist es Patienten nicht gestattet, das Dach zu betreten.«

9
UNIVERSENMACHER
    Wie sich herausstellte, war der Nebel in meinem Hirn kein Symptom des nordamerikanischen Haustiersyndroms, sondern eine Nebenwirkung der Arznei dagegen. Er verzog sich

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