Bezwinger meines Herzens - Kennedy, K: Bezwinger meines Herzens - The Irish Warrior
Vereinbarung in Sachen Wollhandel zu treffen. Und das hatte nichts mit stinkenden kleinen Schneckentieren zu tun, aus denen das erstaunlichste und wunderbarste Indigo gewonnen werden konnte – sofern eine Frau sich auf das Handwerk verstand.
Aber das hatte ganz und gar nichts mit ihr zu tun.
»Lasst es Mary«, Pentonys Blick streifte das zitternde Dienstmädchen, »oder mich wissen, falls Ihr irgendwelcher Dinge bedürft.«
Mit einer leichten Verbeugung drehte er sich weg und wollte gehen.
»Und Lord Rardove?« Senna musste diese Frage stellen, auch wenn ihr das Zittern in der Stimme verhasst war.
Aschfarbene Augen sahen sie wie erwartet kalt an. Der schwache Schimmer eines aufrichtigen Lächelns überraschte sie allerdings.
»Ihr werdet zweifellos entzückt sein zu hören, dass der Lord schon bald zurück sein wird.«
Als der rätselhafte Pentony die Halle verließ, musste er den Nacken beugen, um unter dem niedrigen Türbogen hindurchgehen zu können. Während Senna der Magd aus dem Turm folgte, beschäftigten sich ihre Gedanken mit Lord Rardoves offensichtlicher Vorliebe für Folter und äußerst dürre Diener, und sie fragte sich, was das für sie bedeuten könnte.
Oder wie sie mit dem beunruhigenden Gefühl umgehen sollte, dass jemand der Meinung war, sie wüsste über die Herstellung von Färbemitteln Bescheid.
Mary und Senna erreichten ein kleines Gebäude.
Senna befand sich auf der Mission ihres Lebens, und es kam nicht infrage, dass sie sich ihre Hände mit Farbmitteln verfärbte. Es kam nicht infrage, erschöpft nach Haus zurückzukehren, nachdem man in der Färberhütte Tage damit verbracht hatte, eine neue Tinktur zusammenzumischen. Eine Tinktur, die Stoffe in einem Grün leuchten ließ, das an das Eis im Winter denken ließ. Oder die ein Rot hervorbrachte, das aussah wie heißes Blut.
Nichts von all dem hatte etwas mit ihr zu tun. Das war die verrückte Leidenschaft ihrer Mutter gewesen. Nicht ihre. Senna hatte keine Leidenschaft. Sie musste ein Geschäft führen.
»Die Färberhütte, Mylady«, sagte Mary und stieß die Tür auf.
Senna schreckte aus ihren Gedanken auf. »Oh, nein. Ich bin nicht ... ich nicht kann nicht ...«
Sie schaute sich in der Hütte um und erstarrte. Und fühlte sich in einen Albtraum versetzt.
Kapitel 3
D er Raum war groß und leer – bis auf eine Holzplatte, die über drei Stützböcke gelegt worden war, um als Tisch zu dienen. Er glich denen in der großen Halle, nur dass auf diesem Tisch weder Teller noch Salzfässchen standen, sondern Behälter und Töpfe, die mit Wanzen und Moos und trockenem Seegras gefüllt waren.
Hohe, schmale Gefäße standen neben flachen, wannenartigen aus Ton, in denen sich getrocknete Pflanzenblüten und Moose befanden – Flechten, die sorgsam von Baumrinden abgelöst worden waren und deren lange, spinnenartige Finger wie Tentakel über den Rand der Behältnisse ragten. Wurzeln. Kleine getrocknete Käfer. Zerbrochene Muschelschalen. Hellgraue Eisensalze und die roten getrockneten Rhizome des Krappstrauches. Waagen und Siebe und Mörser zum Mahlen. Allerdings nicht, um Mehl herzustellen. Sondern Färbemittel.
Senna legte die Hand an ihren Hals und wich entsetzt zurück. In dem dämmrigen Raum herrschte ein Geruch, der in ihr die Erinnerung an einen Sommer in der Kindheit weckte. Sanft raschelnd und besänftigend. Und so stark wie Knoblauch, den man zu lange in einem Eisentopf gegart hatte. Erinnerungen an ihre Mutter bei der Arbeit. Wie sie Farbstoffe herstellte, aber immer ein sanftes Lächeln für Senna übrig hatte, wenn diese zu ihr in die Färberhütte schlüpfte. An das Haar ihrer Mutter, den Zopf, der sich löste und ihr flammend-rot über den Rücken fiel. Ihre kühle Hand an Sennas heißer roter Wange.
Sennas Atem kam so kurz und abgehackt wie kleine heftige Wellen, die ein Meer des Entsetzens überschwemmten.
Ohne dass es ihr bewusst wurde, umschloss ihre Hand den kleinen Beutel, den sie an einem Gürtel an ihrer Taille trug. Darin befanden sich Briefe ihrer Mutter – das Einzige, was Senna von ihr geblieben war. Den Versuch, sich an ihre Mutter zu erinnern, hatte Senna schon vor zwanzig Jahren aufgegeben, hatte es sogar aufgegeben, das zu wollen – und zwar in dem Moment, in dem sie begriffen hatte, was geschehen war: Sie war verlassen worden.
Und in diesem Moment war ihr unerklärlich, was sie veranlasst hatte, die Niederschriften und Zeichnungen ihrer Mutter mit auf diese Reise zu nehmen. Und den Abakus. Aber der
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