Bhagavad Gita wie sie ist
darin, die Seele aller Existenz zu finden. Die Seele der materiellen Welt ist Viṣṇu, die Überseele. Wer dem Herrn hingebungsvollen Dienst darbringt, dient damit auch der Überseele. Der eine Vorgang besteht darin, die Wurzel des Baumes zu finden, und der andere darin, die Wurzel zu bewässern. Der wahre Student der sāṅkhya- Philosophie findet die Wurzel der materiellen Welt, Viṣṇu, und dann beschäftigt er sich in vollkommenem Wissen in dessen Dienst. Daher besteht im wesentlichen kein Unterschied zwischen diesen beiden Pfaden, denn das Ziel beider ist Viṣṇu. Diejenigen, die das endgültige Ziel nicht kennen, sagen, die Ziele von sāṅkhya und karma-yoga seien voneinander verschieden, doch jemand, der gelehrt ist, kennt das gemeinsame Ziel dieser verschiedenen Vorgänge.
Vers 5
5
yats$aAÊÿYaE: ‘aApyatae sTaAnaM taâAegAEr"ipa gAmyatae /
WkM( s$aAÊÿYaM ca yaAegAM ca ya: pazyaita s$a pazyaita //5//
yat sāṅkhyai prāpyate sthānaṁ
tad yogair api gamyate
ekaṁ sāṅkhyaṁ ca yogaṁ ca
yaḥ paśyati sa paśyati
yat – was; sāṅkhyaiḥ – mittels sāṅkhya -Philosophie; prāpyate – wird erreicht; sthānam – Stellung; tat – diese; yogaiḥ – durch hingebungsvollen Dienst; api – auch; gamyate – man kann erreichen; ekam – eins; sāṅkhyam – analytisches Studium; ca – und; yogam – Tätigkeit in Hingabe; ca – und; yaḥ – jemand, der; paśyati – sieht; saḥ – er; paśyati – sieht wirklich.
Jemand, der weiß, daß man die Stellung, die man durch das analytische Studium erreicht, auch durch hingebungsvollen Dienst erreichen kann, und der daher erkennt, daß sich das analytische Studium und der hingebungsvolle Dienst auf derselben Ebene befinden, sieht die Dinge so, wie sie sind.
ERLÄUTERUNG: Der wahre Zweck philosophischen Forschens besteht darin, das endgültige Ziel des Lebens zu finden. Weil das endgültige Ziel des Lebens Selbstverwirklichung ist, unterscheiden sich die Schlußfolgerungen der beiden oben erwähnten Vorgänge nicht voneinander. Durch die philosophische Forschung des sāṅkhya gelangt man zu der Schlußfolgerung, daß das Lebewesen nicht ein Bestandteil der materiellen Welt, sondern ein Teil des höchsten spirituellen Ganzen ist. Folglich hat die spirituelle Seele nichts mit der materiellen Welt zu tun; ihre Handlungen müssen irgendwie in Beziehung zum Höchsten stehen. Erst wenn sie im Kṛṣṇa-Bewußtsein handelt, nimmt sie ihre wesensgemäße Stellung ein. Durch den ersten Vorgang, sāṅkhya, muß man sich von der Materie lösen, und durch den yoga- Vorgang der Hingabe muß man Anhaftungen an Tätigkeiten im Kṛṣṇa-Bewußtsein entwickeln. Im Grunde sind beide Vorgänge gleich, obwohl oberflächlich betrachtet der eine Loslösung und der andere Anhaftung mit sich bringt. Loslösung von Materie und Anhaftung an Kṛṣṇa sind jedoch das gleiche. Wer das verstehen kann, sieht die Dinge, wie sie sind.
Vers 6
6
s$aªyaAs$astau mah"AbaAh"Ae äu":KamaAæaumayaAegAta: /
yaAegAyau·(Ae mauina“aRö na icare"NAAiDagAcC$ita //6//
sannyāsas tu mahā-bāho
duḥkham āptum ayogataḥ
yoga-yukto munir brahma
na cireṇādhigacchati
sannyāsaḥ – der Lebensstand der Entsagung; tu – aber; mahā-bāho – o Starkarmiger; duḥkham – Leid; āptum – man wird getroffen von; ayogataḥ – ohne hingebungsvollen Dienst; yoga-yuktaḥ – wer sich im hingebungsvollen Dienst beschäftigt; muniḥ – ein Denker; brahma – den Höchsten; na cireṇa – ohne Verzug; adhigacchati – erreicht.
Wer bloß allen Tätigkeiten entsagt und sich nicht im hingebungsvollen Dienst des Herrn beschäftigt, kann nicht glücklich werden. Aber ein besonnener Mensch, der hingebungsvollen Dienst ausführt, kann den Höchsten unverzüglich erreichen.
ERLÄUTERUNG: Es gibt zwei Klassen von sannyāsīs, Menschen im Lebensstand der Entsagung. Die Māyāvādī- sannyāsīs sind mit dem Studium der sāṅkhya -Philosophie beschäftigt, während die Vaisṇava- sannyāsīs die Bhāgavatam- Philosophie studieren, die den richtigen Kommentar zu den Vedānta-sūtras liefert. Auch die Māyāvādī sannyāsīs studieren die Vedānta-sūtras, benutzen dabei jedoch ihren eigenen Kommentar, den Śārīraka-bhāṣya, der von Śaṅkarācārya verfaßt wurde. Die Anhänger der Bhāgavata- Schule betätigen sich gemäß den pāñcarātrikī- Vorschriften im hingebungsvollen Dienst des Herrn, und daher gibt es für
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