Bianca Arztroman Band 0031
Bleiben Sie hart. Jodie muss ihren Bewegungsapparat und ihre Muskulatur bei Laune halten.”
“Sie sind sich völlig sicher, dass diese Infektion nichts zu bedeuten hat?” Ethan sah Dr. Torrance scharf an.
“Absolut hundertprozentig sicher”, antwortet dieser. Dann erhob er sich aus dem Sessel. “So, das war alles für heute. Ich muss leider weiter. Es warten noch ein paar andere Patienten auf mich. Kate, wenn Sie bitte noch mit mir kommen. Ich habe die Antibiotika zum Spritzen im Wagen. Die kann ich Ihnen gleich mitgeben.”
Als Kate und Dr. Torrance allein vor dem Haus standen, drehte er sich zu ihr um. In seinem Gesicht lag der Ausdruck ernster Besorgnis. “Was um alles in der Welt ist denn mit Dr. Flett los? Er sieht miserabel aus.”
“Ich weiß nicht. Er hat, glaube ich, Stress wegen des Abgabetermins des Buches, an dem er arbeitet.”
“Wenn er so weitermacht, kann er das Buch posthum herausgeben lassen”, schimpfte Bill Torrance. “Können Sie nicht ein wenig auf ihn einwirken, dass er kürzer tritt? Er sollte sich einen Urlaub gönnen und mal abschalten.”
Kate sah ihn verwundert an. Nach Diana war er nun schon der Zweite, der meinte, sie könnte auf Ethan irgendeinen Einfluss nehmen. Offenbar hatten sie alle eine merkwürdige Vorstellung von ihrem Verhältnis zu ihm. Von allen Angestellten im Haus war sie sicherlich nicht diejenige, die die größte Vertrauensstellung genoss.
Der Wagen von Dr. Torrance fuhr davon. Kate blieb noch einen Augenblick stehen und sah ihm hinterher. Es stimmte: Ethan sah in letzter Zeit blass und abgespannt aus. Aber wie sollte ausgerechnet sie Ethan dazu bringen, Urlaub zu machen? Die ganze letzte Woche hatte sie versucht, ihm möglichst aus dem Weg zu gehen. Sie konnte sich natürlich vornehmen, sich nicht länger vor ihm zu verstecken. Dass sie sich, als Diana da war, beinahe zum Narren gemacht hatte, hatte er wahrscheinlich nicht einmal bemerkt. Und dass sie sich in der kurzen Zeit, die sie hier war, mehr als Frau fühlte als die ganzen letzten Jahre hindurch, brauchte sie ihm auch nicht auf die Nase zu binden. “Na denn!”, machte Kate sich Mut und ging entschlossenen Schritts zurück ins Haus.
Als sie ins Arbeitszimmer zurückkehrte, empfing Ethan sie mit einem bohrenden Blick.
“Soso, eine völlig unbedeutende Infektion”, begann er ungläubig.
“Der Doktor macht sich momentan mehr Sorgen um Sie als um Jodie”, antwortete Kate und setzte sich in den Sessel ihm gegenüber.
“Wozu? Mir geht es ausgezeichnet”, wehrte Ethan ab.
“Es steht mit zwar nicht zu, Ihnen zu widersprechen”, sagte Kate, “aber man braucht Sie nur anzusehen, um zu wissen, dass das nicht stimmt.”
Sein Gesicht verzog sich zu einem ironischen Lächeln. “Fühlen Sie sich mit einem Patienten nicht ausgelastet, Schwester Rendall?”
“Ich spreche nur aus, was ich sehe”, sagte Kate, ohne darauf einzugehen. “Sie brauchen Urlaub.”
Ethan schüttelte den Kopf. “Ausgeschlossen.”
Er nahm den Brieföffner von seinem Schreibtisch und drehte ihn gedankenverloren in den Händen. Er hat schöne Hände, stellte Kate fest, Hände eines Chirurgen. Sie musste daran denken, wie diese Hände sie aufgefangen hatten an dem Nachmittag, da Diana zu Besuch gekommen war, und ein Schauer lief ihr über den Rücken, ein Schauer, der sich anfühlte wie Fingerspitzen, die zärtlich über ihre Haut fuhren. Während Ethans Blick noch immer abwesend über die Bücherregale hinter ihr wanderte, riss sie ihre Augen von seinen Händen los und sah ihm ins Gesicht.
“Jodie war ein so hübsches Baby”, begann er unvermittelt mit leiser Stimme. “Jeder, der sie sah, war von ihr bezaubert. Sie hat viel geweint in den ersten Wochen, das stimmt. Sie war auch ein bisschen schmächtig, aber dem haben wir anfangs nicht so viel Bedeutung beigemessen.”
Kate saß still und schwieg. Sie wusste, wie wichtig es war, dass Ethan einmal reden konnte.
“Bis zu der Nacht”, fuhr er fort, “als wir sie husten hörten. Ich habe einen derartigen Husten nie zuvor gehört, bei keinem Erwachsenen, erst recht nicht bei einem drei Monate alten Kind. Gemma und ich sind sofort mit ihr ins Krankenhaus gefahren. Jodie wurde untersucht, und wir erfuhren, dass sie eine Lungenentzündung hat. Und dann sagten sie uns auch, dass sie Mukoviszidose hat. Sie hatten eine Laboruntersuchung ihrer Schweißabsonderung gemacht. Mit einem simplen Labortest, für den man keine fünf Minuten braucht, brach für uns eine ganze
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