Bianca Extra Band 2
verlassen wollte, packte Holly ihn am Arm. „Ich komme in einer Minute nach“, zischte sie. „Kein Wort zu ihm.“
Ihre Worte hallten in Alex’ Kopf wider, als er die Treppe hinunterging, um Will zu begrüßen. Wie hatte sie das gemeint? Wollte sie Will selbst von ihnen erzählen?
Hör auf, dir den Kopf darüber zu zerbrechen, sagte er zu sich selbst, als er am Fuß der Treppe ankam. Sie mussten sich einfach mal in Ruhe über alles unterhalten, mehr nicht. Nach dem heutigen Morgen würde sie ihre Gefühle für ihn bestimmt nicht mehr leugnen. Oder?
Alex fand Will in der Küche, wo der Junge gerade eine Kühltasche mit drei kleinen Forellen auf Eis öffnete.
„Sieh mal!“, sagte er so stolz, dass Alex trotz seiner nagenden Besorgnis wegen Holly lächeln musste. „Toll. Und wo ist der Rest?“
„Das ist alles.“ Will betrachtete seinen Fang zufrieden. „Zumindest heute Morgen. Wir haben gestern auch ein paar Fische geangelt, aber die haben wir schon aufgegessen.“
„Klar.“ Alex unterdrückte ein Lächeln. „Frisch aus dem Fluss auf den Teller. So schmeckt es am besten.“
Will drehte sich zu Alex um und musterte ihn neugierig. „Und? Wie war euer Wochenende? Hattet ihr eine schöne Zeit?“
Bildete Alex sich das nur ein, oder wusste Will irgendetwas? „Will, bist du dieses Wochenende etwa absichtlich weggefahren?“ Der schuldbewusste Gesichtsausdruck des Jungen bestätigte Alex’ Verdacht.
„Wie meinst du das, absichtlich !?“
„Du weißt genau, was ich meine.“ Alex wandte rasch den Kopf zur Tür, als er Hollys Schritte auf der Treppe hörte. „Kein Wort zu deiner Mom, kein einziges“, warnte er Will, kurz bevor sie lächelnd die Küche betrat. Sie trug eine Cordhose und einen dunkelgrünen Pullover und hatte sich das Haar zu einem Pferdeschwanz hochgebunden.
„Hi, Schatz! Du bist ja früh zurück!“
„Bin ich? Ich habe doch Sonntagnachmittag gesagt, oder?“, fragte Will.
Alex folgte Hollys Blick zur Uhr. Zwei Uhr nachmittags.
„Ach, stimmt.“ Sie holte tief Luft. „Gut, du bist also pünktlich. Pünktlichkeit ist wichtig. Sehr, sehr wichtig. Also, wie war … wie war dein …“ Fragend hob sie die Augenbrauen, als ihr Blick auf die Kühltasche fiel.
„Mr Washington hat gesagt, für einen Anfänger war ich gar nicht schlecht. Er und Tom haben natürlich haufenweise Fische geangelt. Sie wollten mir welche abgeben, aber ich bestand darauf, nur das mitzunehmen, was ich selbst gefangen habe. Damit ihr das Ergebnis sehen könnt.“
Holly umarmte ihren Sohn. „Mr Washington hat recht, das hast du toll gemacht. Ich nehme an, die Fische werden unsere nächste Mahlzeit?“
„Wenn das okay für euch ist?“
„Natürlich“, antwortete Holly. „Ich bereite sie gern zu, es sei denn, du möchtest das übernehmen. Aber ausnehmen werde ich sie nicht, das ist dein Job.“
„Kein Problem“, antwortete Will stolz. „Tom hat mir beigebracht, wie das geht.“
„Sehr schön. Dann lass uns gleich mal anfangen, es sei denn, du hast schon gegessen. Alex und ich haben bisher noch nicht zu Mittag gegessen …“, errötend wich sie Alex’ Blick aus, „… und sind am Verhungern.“
„Gern“, antwortete Will. „Ich habe seit dem Frühstück auch nichts mehr gegessen.“
Das Mittagessen wurde trotz Hollys und Alex’ anfänglicher Befangenheit sehr lustig. Alex entspannte sich mehr und mehr, als Will von seinen Angeltriumphen erzählte, und auch Holly wurde immer lockerer.
Und dann, gegen Ende der Mahlzeit, passierte etwas für Alex völlig Unerwartetes: Es begann damit, dass Will über eine Bemerkung seiner Mutter so schallend lachen musste, dass er einen Schluckauf bekam, was Holly wiederum so witzig fand, dass sie sich gar nicht wieder einkriegte. Als Will dann Wasser trank, um den Schluckauf zu stoppen, bekam Holly plötzlich selbst einen, was Will so komisch fand, dass er Wasser quer über den Tisch prustete. Mutter und Sohn lachten sich fast kaputt, als Alex ein paar Tropfen ins Gesicht bekam.
In diesem Augenblick wurde Alex bewusst, dass er die beiden liebte. Dass er nicht nur Gefühle für Holly hatte, sondern auch für Will. Dass er wollte, dass die beiden Teil seines Lebens wurden, und zwar für immer.
Verwirrt stand er auf.
Holly und Will blickten überrascht hoch. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Holly. „Du siehst so seltsam aus.“
„Ich …“
Alex brachte es nicht über die Lippen, noch nicht. Noch nie hatte er jemandem seine Liebe gestanden.
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