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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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Konturen verwischten sich, das Schlafbedürfnis wuchs. Friedrich hatte sich schon mehrmals vorgenommen, über die Wirkung des „Krauts“ eine Untersuchung anzustellen, auch um herauszufinden, ob diese nur durch langsames Verbrennen und Einatmen des Rauchs zu erzielen sei, etwa wenn ein Tee daraus bereitet wurde. Kenner hatten ihm versichert, dass alles andere schon erprobt worden sei, nichts aber der Wirkung des Rauchs gleichkomme. Friedrich war schließlich zu der Erkenntnis gelangt, dass nichts aus der sarazenischen Welt auf die abendländische übertragen werden sollte, und trennte diese Spähren ähnlich streng voneinander wie die von ihm erwählte Familie von den politisch notwendigen Eheschließungen.
    Nach Abschluss dieser Bankette zog sich der Kaiser mit wenigen Vertrauten in seine Privaträume zurück und während aus den Räucheröfen der betäubende blaugraue Dampf des „Krauts“ wölkte, erschienen spärlich bekleidete Mädchen mit Musikinstrumenten und spielten den Tänzerinnen auf, die etwas außerhalb der arabischen Welt Unbekanntes aufführten, nämlich den
raksa scharkije
, bei dem der Körper fast unbeweglich blieb, während die Leibesmitte, der Bauch, unglaubliche Windungen und Zuckungen ausführte. Das erregte die Männer so sehr, dass sie an diesen Bewegungen teilhaben, dieses lüsterne Winden und Zucken an sich selber spüren wollten.
    Friedrich durfte, ja musste als Erster entscheiden, doch er war nicht wählerisch, nahm aber auch nicht die Erstbeste. Er hielt sehr viel vom Augenkontakt und bevorzugte jene, die ihm die frechsten Blicke zugeworfen hatten. Hier galten ihm diese Mädchen als |384| Liebesdienerinnen und nicht als behüteter Harem, sodass auch seine Begleiter nach ihm ihre Auswahl treffen konnten. Da zeigten sich dann die Unterschiede, denn für Friedrich war auch die nur für eine Nacht Erwählte eine gleichberechtigte Gefährtin der Lust, während die ranghohen Muselmanen sie als ein Ding, einen Gegenstand ansahen, den man benutzte, etwa wie einen Teller, der, einmal leer gegessen, jede Bedeutung verlor.
    Der Kaiser aber beschenkte seine Auserwählten so fürstlich, dass sie sich freikaufen und heiraten konnten. Als großzügiger und kenntnisreicher Liebhaber genoss Friedrich in ihren Kreisen einen derart legendären Ruf, dass so manche dieser jungen Frauen sich hätte auspeitschen lassen, um in sein Bett zu gelangen. Freilich gab es da kein Bett, da wälzte man sich auf Polstern, erprobte die zahllosen Stellungen der orientalischen Liebeskunst und erfand neue hinzu.
    Während seiner Aufenthalte in Lucera sprach Friedrich nur Arabisch und um seine Kenntnisse aufzufrischen und zu festigen, suchte er jedes Mal das Gespräch mit gelehrten Mullahs. Vor kurzem war ein neuer Prediger aus Syrien eingetroffen, dem der Ruf eines großen Korankenners und -deuters vorausging, dazu rühmte man seine Redekunst. Friedrich hatte ihn predigen hören, doch dem Mullah fehlte die Fähigkeit zur Vereinfachung der an sich komplizierten Materie, und so wirkte er eher auf die Gebildeten, während die meisten ihm nur offenen Mundes lauschten.
    Friedrich lud ihn zu einer frühen Abendstunde zu sich, unter dem Vorwand, über den Islam etwas hinzulernen zu wollen. Das Alter des Mullahs war schwer einzuschätzen, doch der bis auf die Brust reichende Vollbart wies keine weißen Fäden auf und seine Augen strahlten die Sicherheit und das Sendungsbewusstsein eines von Allah gesandten Predigers aus. Er wusste natürlich, wer Friedrich war, doch es wurde ihm bedeutet, den Kaiser hier nur formlos mit „Sultan“ anzureden. Nach einigen kurzen Höflichkeitsfloskeln ging Friedrich
in medias res
.
    „Warum gefällt es manchen eurer Lehrer, uns Christen als Ungläubige zu bezeichnen? Auch wir glauben an einen Gott.“
    Ein feines, nur an den Augen erkennbares Lächeln flog über das bärtige Gesicht.
    „Ich würde dieses Wort niemals für Christen, auch nicht für Juden anwenden. Isa – ihr nennt ihn Jesus – wird im heiligen Koran häufig erwähnt und hat auch für uns Moslemim eine hohe Bedeutung. |385| Er wurde, so sagen es die dritte und die vierte Sure, durch ein Wort Gottes gezeugt und von der Jungfrau Maryam geboren. Freilich ist er nicht der Sohn Gottes, denn Allah kann keinen Sohn haben, doch wir verehren ihn als den letzten Propheten vor Mohammed. Dass dieser Prophet Gottes am Kreuz gestorben ist, glauben wir allerdings nicht.“
    Friedrich hatte zwar davon gehört, tat aber recht

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