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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Edgar. »Schleichweg lasse sich nicht ausrotten, die sin hartnäckiger als Unkraut.«
    Â»Aber warum liegt der Lärmkasten so nah bei Fautenbach, direkt hinter der Autobahnunterführung? Und Codex? Was ist das auch für ein Name!«, hielt Martha dagegen. »Das ist doch typisch für die Acherner. Gewerbesteuer nehmen sie gerne, aber den Krach sollen wir Fautenbacher aushalten.«
    Â»Jugendlicher Übermut«, seufzte Edgar. »Wir haben früher am ersten Mai auch Gartentörle ausg’hängt.«
    Â»Das war was anders. Das waren Erster-Mai-Streiche.«
    So ging es weiter hin und her. Sie beharkten sich, spitzten ihre Positionen zu, pflegten Rechthaberei. Wie in alten Zeiten, wie sie es seit Jahren machten. Nichts verriet mir, ob Martha Edgar ihre Affäre mit Pierre gestanden oder sich stillschweigend entschieden hatte, bei ihm zu bleiben. Oder ob sie noch auf eine passende Gelegenheit wartete, mit ihm darüber zu reden. Für die beiden gab es im Moment nur diese Straßenschranke. Ob die im Rathaus schon Bescheid wussten? Wie schnell die entfernt würde? Wie viel Mann man dafür brauchte? Denn einer allein konnte das schwere Ding nicht vom Fleck kriegen.
    Martha goss mir nebenbei einen Kaffee ein.
    Â»Beeil dich. Sonst kommst du zu spät zu dem Patissier-Kurs!« Edgar schob mir die Zeitung zu. »Lass doch die Katharina in Ruhe frühstücken!«
    Vertraute Sätze, vertraute Gesten, schon üblich, als ich noch zu Hause lebte, mit großer Selbstverständlichkeit fortgeführt, wenn ich jetzt zu Besuch kam. Eltern sollten sich nicht trennen, dachte ich. Von wildem Beziehungsdurcheinander sollten sie die Finger lassen, es reichte, dass wir Kinder uns diese daran verbrannten. Eltern sollten weiter der sichere Hafen sein, wo wir uns von den Stürmen des Lebens ausruhen und wieder Segel setzen konnten, wenn sie uns mit ihrer Fürsorge oder Kontrolle auf den Geist gingen.
    Ich sah von der einen zum anderen, wusste, dass sie auf ihre Art immer dieser Hafen gewesen waren, und als ich meinen Arm neben dem von Edgar auf dem Tisch liegen sah, auf unsere helle Haut und die Sommersprossen blickte, da wusste ich, dass der Traum mich genarrt hatte, die nächtlichen Gedanken falsch gewesen waren. Wenn ich nicht Edgars Tochter war, wer dann? Außerdem hatte die Affäre mit Pierre viel später begonnen, sie war, im Gegensatz zu mir, keine fünfundvierzig Jahre alt. Diese Erkenntnis erleichterte mich so, dass ich mich den Eltern wie eine folgsame Tochter anschloss, als diese vor die Tür traten, um nachzusehen, was nun mit der Schranke geschah und was sich im Dorf an diesem Morgen überhaupt so tat.
    Auf der Schranke war über Nacht die schwarze Anarchistenfahne gehisst worden. Martha verdächtigte wilde Revoluzzer – bestimmt Gäste von Joe –, die sich tagsüber nicht auf die Straße trauten! Die, die jetzt bei der Schranke standen, konnten es nicht gewesen sein. Vertraute Gesichter, Neugierige, die zu uns herüberwinkten. Martha machte sich sofort auf den Weg dorthin, Edgar blieb noch stehen, ließ die Augen wie jeden Morgen großräumig über Straße, Kreuzung und Rathausplatz schweifen, stupste mich an, als ein olivfarbener Land Rover vor Elektro-Schindler abbremste, und meinte: »Der Pascal kommt von der ›Jagd‹ zurück. Was er wohl heut g’funden hat? Ein Reh oder nur zwei Ratten?« Dann erst folgte er Martha langsam zum Rathausplatz.
    Ich sah Pascals Wagen nach, der in Richtung Achern davonfuhr, und landete in Gedanken wieder bei Felix. Beweise, Sie brauchen Beweise, hörte ich Brandts Stimme. Beweise, das hieß Information, das hieß Wissen. Und was wusste ich eigentlich von Felix? Viel zu wenig. Pascal dagegen war sein bester Freund, einer, der ihm viel Geld geliehen hatte. Und bei Geld hörte bekanntlich die Freundschaft auf …
    Der Patissier-Kurs konnte mich mal. Ich hatte Wichtigeres zu tun, als bei diesem eingebildeten Deville schön Wetter zu machen, damit ich zu seinen Cremes und Törtchen zurückkehren konnte.

EINUNDZWANZIG
    Ich holte mir Handtasche und Schlüssel, setzte mich in den Wagen und fuhr los.
    Â Pascals Land Rover parkte vor seinem Elternhaus am Eichberg. Ich stellte mein Auto hinter den Geländewagen und stieg aus. Eine hagere Frau um die sechzig rupfte mit Eifer welke Blüten von den Geranien in Waschbetonkübeln, die den Weg zur Haustür

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