Bibbeleskaes
nichts für Freunde! Er hat mich wieder vertröstet. Getrunken hatte er schon wieder. Viel zu viel, wie immer in letzter Zeit. Sauer war ich! Hab ihm die Pistole auf die Brust gesetzt. Und jetzt ist er tot. Mord oder Selbstmord. Das eine wie das andere passt nicht zum Felix. Ich kapier es nicht, ich kapier es nicht.«
Bei den letzten Sätzen war er laut geworden. Felixâ Tod nahm ihn mit, er machte überhaupt den Eindruck einer ehrlichen Haut. Glaubte ich wirklich, Pascal hätte Felix wegen des Geldes â¦? Würde er dann so offen über seinen Streit mit ihm reden?
Ich beobachtete, wie er die Prozedur an den Vorderpfoten wiederholte, dann vorsichtig den Kopf säuberte, dabei das Blut in einer Schüssel auffing, dem Fuchs zum Schluss mit sicherem Griff das Fell über die Ohren zog. Wie ein Wäschestück hängte er es auf eine Leine zwischen Spülbecken und Fenster, platt wie eine Flunder baumelte das Fuchsfell hin und her. Sofort surrte ein Fliegenschwarm herbei, suchte nach den klitzekleinen Fleischresten, die Pascal vergessen hatte.
»Ich würd gern meiner Schwägerin die Schuld an allem geben.« Pascal deutete mit dem Kopf in Richtung Wohnhaus. »Die schreit jedes Mal Zeter und Mordio, wenn ich mit meiner Beute komme und alles nach Wild stinkt. Die gibt einfach keine Ruh. Der fehlt jedes Verständnis fürs Ursprüngliche. Für die ist Fleisch gleich Hühnerbrust, entbeint und in Folie. Frauen! Die sind halt bei so was empfindlich. Deshalb will ich doch bauen und endlich mein eigener Herr sein.«
Erst mit ein paar kleinen Schnitten, dann mit einem beherzten groÃen Schnitt öffnete Pascal die Bauchdecke des Fuchses, holte mit der Faust die Innereien heraus und warf sie in die Schüssel, mit der er vorhin das Blut aufgefangen hatte. »Bei der Galle musst du immer aufpassen, dass nichts zurückbleibt, sonst wird das Fleisch bitter«, murmelte er, als er sie aus der Bauchhöhle herausriss.
Ich lief kurz nach drauÃen, um einen Schwall frische Luft zu tanken.
»Ihr habt bei dem Gespräch in Allerheiligen also nur über Geld geredet?«, fragte ich bei meiner Rückkehr.
»Ja, das hat doch zwischen uns gestanden wie eine riesige Wand. Dabei war die Geldspritze nur zur Ãberbrückung gedacht, bis sein Erbe da ist, schon vor sechs Wochen wollte er es mir zurückzahlen.«
»Sein Erbe? Hat Gerti ihm so viel hinterlassen?«
»Nix da. Von Gerti ist praktisch nur das Haus.«
Der Fuchs hing nun nackt und ausgenommen an der Wand. Schau jedem Tier, das du isst, in die Augen! Dieser Spruch einer Tierschutzorganisation fiel mir ein, als Pascal mit dem Messer das erste Auge aus dem Kopf des Fuchses pulte und es in die Schüssel zu den ungenieÃbaren Innereien warf. Ich gebe zu, dass ich mich in diesem Augenblick gerne zur Hühnerbrust-Fraktion gesellt hätte, die sich keine Gedanken über Aufzucht von Fleisch oder das Schlachten machte. Pascal drehte den Kopf des Fuchses und stach ins zweite Auge. Für ihn war das Routine.
»Ein kinderloser Onkel, der seit Langem in Frankreich lebt, hat ihm was vererbt«, erzählte er weiter. »Für den Felix warâs wie ein Sechser im Lotto. Damit hätte er die Durststrecke nach dem SchlieÃen der Glashütte gut überstanden. Und bis alles mit der Erbschaft geregelt war, dafür hat er mein Geld gebraucht. Nur für eine kurze Zeit war abgemacht. Und dann ging das mit der Erbschaft nicht voran, und gleichzeitig kam das Angebot mit dem Bauplatz. Wenn er mir ehrlich erzählt hätte, dass er mit dem Rücken an der Wand steht, dann hätte ich doch wegen meinem Geld nicht so einen Druck gemacht, dann hätte ich das mit dem Bauen noch mal verschoben. Er war doch mein Freund.«
Pascals Selbstvorwürfe interessierten mich nicht, mich interessierte etwas anderes. »Was für ein Onkel?«
»Emil oder Emile. Von dem hat ihm die Gerti erst während ihrer Krankheit erzählt. So was wie das schwarze Schaf der Familie, ich weià nichts Genaueres. Den gibtâs wahrscheinlich gar nicht.«
Und ob es ihn gab! Zwar nicht als Onkel, aber es konnte sich nur um Emile Murnier handeln. Endlich ein erster Beweis! Gerti hatte ihrem Sohn erzählt, dass Murnier sein Vater war und er diesen um Geld angehen sollte. Anders lieà sich das Gerede von der Erbschaft nicht erklären. Hatte Felix bereits vor vier Wochen, als Sandrine ihn gesehen
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