Bibbeleskaes
fünf Minuten Sintflut und Weltuntergang war alles vorbei. Der Regen zog weiter, der Himmel wie rein gewaschen, sogar die Sonne wagte sich wieder hervor. Die Welt frisch und klar, so wie ich mir meine Gedanken wünschte.
Und die kamen wie früher am Ende von Klassenarbeiten auf noch offene Fragen zurück. Wenn mein Szenario zutraf, so fehlte mir weiter eine Erklärung für das Messer. Zudem, fiel mir ein, wusste ich nicht einmal, ob Felix Linkshänder gewesen war. Dieses verflixte, blöde Messer!
Ich trat den Heimweg an, lief die nassglänzende TalstraÃe entlang, hörte im noch aufgewühlten Bach neben der StraÃe ein paar Enten schnattern, sah, wie sie auf den hüpfenden Wellen bachabwärts schwammen. Dabei fragte ich mich: War ich schon bereit für einen AuÃenblick auf meine Gedanken? Konnte ich schon mit Alban Brandt telefonieren?
»Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.« Martha! Sie hatte mir im Laufe meines Lebens so viele Sprichwörter eingetrichtert, dass ich für jede passende Gelegenheit eines aus dem Hut zaubern konnte. »Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.«
Ich rief Brandts Nummer an. Er müsse mich zurückrufen, sagte er schnell, er könne im Augenblick nicht sprechen. Auch recht. Dann würde ich nach Hause gehen, mir was Trockenes anziehen, mein Auto abholen. Gedanken tat es sowieso immer gut, wenn sie erst mal sacken konnten.
FK rief an, als ich eine Stunde später den FuÃweg von der B 3 aus zur Kirche hinauflief, um mein Auto abzuholen. Er telefonierte wieder beim Fahren. Im Hintergrund knatterten Staumeldungen im Radio.
»Eins sage ich dir: Oberkirch wird nicht die letzte Station für Sophie sein«, erzählte er. »Alle Achtung, die hat da gerade einen Parforceritt hingelegt! Also wenn die am Sonntag die Wahl nicht gewinnt, dann muss ich ernsthaft an meinem journalistischen Spürsinn zweifeln.«
»Und womit hat sie dich überzeugt?«
»Felix! Der hat im Vorder- und im Hintergrund immer mitgespielt. Die groÃe Liebe ihres Lebens. Richtig schlafen, sagt sie, kann sie erst wieder, wenn die Polizei seinen Mörder gefunden hat. Ausführlich hat sie über ihre politischen Ziele gesprochen, ist auf kontrovers diskutierte Projekte eingegangen: HauptstraÃe, Hochregallager â¦Â«
»Interessiert mich nicht«, unterbrach ich FK . »Ich will wissen, was sie über Felix erzählt hat.«
»Natürlich! Wie konnte ich nur annehmen, dass du dich für die Niederungen der Kommunalpolitik interessierst«, spottete FK .
»Die Niederungen, in denen ich mich zurzeit bewege, reichen mir völlig.«
»Also gut, ich fasse zusammen: Seit Sophie Felix am Rückhaltebecken identifiziert hat, belastet sie die Ungewissheit. Sie sagte, das Schlimmste für sie sei, nicht zu wissen, warum Felix sterben musste.«
»Hat sie von Mord oder von Selbstmord gesprochen?«
»Weder â noch. Hat auf Anfrage gemeint, dass sie aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen und in Absprache mit der Polizei darüber nicht reden will. Gesagt hat sie allerdings, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass Felixâ Tod etwas mit dem von Murnier zu tun habe, obwohl sie verstehe, dass die Polizei dieser Spur nachgehen müsse. Aber: Sie habe volles Vertrauen in die Ermittlungsarbeit, sie wisse aus vielen Gesprächen und Begegnungen, wie gut und gewissenhaft die Arbeit der hiesigen Polizei sei und so weiter.«
»Ob sie schon von den Obduktionsergebnissen wei�«
»Davon gehe ich aus. Wenn ich die Eckdaten kenne, dann sie auch. Du darfst nicht vergessen, wie exzellent vernetzt Sophie ist. Auch innerhalb der Polizei hat sie gute Kontakte. Die wird denen Dampf gemacht haben, damit sie auf Hochtouren ermitteln!«
»Und ihre Kandidatur hält sie tatsächlich aufrecht?«
»Ich zitiere wörtlich«, machte FK weiter. »âºIch dät verruckt wäre, wenn ich nur noch daheim hocke dät!â¹ Wie Sophie das gesagt hat, machte jedem in der Pressekonferenz klar, dass die trauernde Witwe bereit ist, ihre Kraft und Energie trotz oder gerade wegen ihres Schicksalsschlags in die Gemeindearbeit zu stecken, und darum bittet, dass man ihr diese Chance gibt. Das war echt beeindruckend, wie sie diesen Spagat zwischen Trauer und Weitermachen, trotz alledem, hingekriegt hat. GroÃe Authentizität, sage ich nur. Das ist doch
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