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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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aufmerksam die Straße entlang, als fürchtete er, überfahren oder angegriffen zu werden. Schließlich überquerten sie die Asok-Fußgängerüberwege, die sie in ein anderes Rotlichtviertel mit noch grelleren Neonreklamen brachten, mit Gogo-Clubs und Massagesalons und Stundenhotels und kleinen Babyelefanten, auf denen besoffene, ihren Junggesellenabschied feiernde Westler saßen und lüsterne Blicke auf die Huren warfen, die sie in Etablissements mit Namen wie Sheba’s und Suzie Wong zu locken versuchten.
    Die Bar, in die Barnier sie lotste, hieß Baccara. Von außen wurde sie in grellem scharlachrotem Licht angepriesen, drinnen war es dunkel und laut und riesig und voll mit Japanern, die alle in Richtung Hauptbühne glotzten, auf der zwischen dreißig und vierzig knackige junge Mädchen in hauchdünnen BHs und ähnlich durchsichtigen Miniröcken tanzten.
    Doch bei genauerem Hinsehen merkte Julia, dass die japanischen Männer auf ihren Sofas und Sesseln nicht auf die Mädchen auf der Bühne starrten, sondern nach oben. Sie folgte ihrem kollektiven Blick zu einer gläsernen Decke, auf der etwa zwanzig weitere junge Mädchen, die nur schottengemusterte Schulmädchenröcke mit nichts darunter trugen, zu chinesischer Popmusik lasziv tanzten.
    »Der größte No-Slips-Club der Welt!« Barniers Lachen war eher ein ordinäres Hecheln. »Die Japse stehen total auf diesen Laden, und die Mädchen stehen auf die Japaner. Und wissen Sie, warum? Möchten Sie wissen, wie die Mädchen die Japaner nennen? Mr Vier. Sie nennen die Japsefreier Mr Vier …«
    »Tut mir leid, aber das …«
    »Sie zahlen viertausend Baht für einen Fick, sind schon nach vier Minuten fertig und nur vier Zentimeter lang! Ha. Schauen Sie, dort hinten sind unsere Freunde.«
    Julia folgte Barniers Geste zu einer Frauengestalt, die ihr sofort in die Augen stach, obwohl sie mit dem Rücken zu ihnen in der dunkelsten Ecke des Clubs saß. Ihrer Körpersprache nach zu schließen, fühlte sie sich extrem unwohl in dieser Umgebung; ihre zierliche Gestalt, die dunkelhäutigen bloßen Arme und das lange schwarze Haar deuteten darauf hin, dass sie Asiatin war. Julia konnte das Unbehagen der Frau gut nachempfinden. Sie waren praktisch die zwei einzigen Frauen im Club, die nicht halbnackt tanzten oder bedienten.
    Begleitet wurde die Frau von einem großen jungen Mann, vermutlich Jake. Julia richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Frau. Ihr Profil, obwohl nur schlecht zu erkennen, kam ihr irgendwie bekannt vor.
    Und dann wurde ihr schlagartig alles klar. Das war nicht irgendeine Asiatin. Das war kein Zufall.
    Der Schock des Erkennens überkam Julia wie der Schwindel am Rand eines Abgrunds.
    Barnier winkte einem freundlich lächelnden Mädchen hinter der Bar zu.
    » Nong? Hallo? Sawadee? Wir reden mit Freund dort drüben, ja? Gin Tonic. Bring drei. Kapkap. « Er deutete auf den Tisch, dann drehte er sich zu Julia. »Kommen Sie.«
    »Nein. Warten Sie.«
    Barnier reagierte nicht. Julia zischte noch einmal, mit mehr Nachdruck: »Warten Sie!«
    Sie packte den Franzosen am Arm und hielt ihn zurück. Er sah sie verständnislos an.
    »Was ist? Was haben Sie denn auf einmal?«
    Julia zögerte. Täuschte sie sich vielleicht? Nein, sie täuschte sich nicht. Das lange schwarze Haar, die Krümmung des Rückens, das Profil.
    Sie täuschte sich nicht. Während sie noch stumm vor Entsetzen dastand, drehte sich Barnier wieder um und steuerte auf den Tisch zu. »Chemda, Jake! Seht mal, wen ich mitgebracht habe. Ich bin neuerdings richtig gefragt.«
    Jake stand auf. Er reichte Julia die Hand und sagte hallo. Aber Julias ganze Aufmerksamkeit galt dem Gesicht der Frau: Chemda Tek.
    Und dann sagte Chemda Tek:
    »Hallo?«
    Das war der endgültige Beweis.
    Sie hatte sogar einen amerikanischen Akzent.
    Chemda Tek war die Killerin.

32
    J ake wunderte sich etwas über das Verhalten der blonden Amerikanerin. Statt sich zu setzen, stand die blonde Frau wie vom Donner gerührt da und starrte Chemda entsetzt an.
    »Das ist sie«, brachte Julia schließlich hervor. »Ja, das ist sie.«
    Branier blickte verständnislos drein.
    »Wer?«
    Julia deutete auf Chemda.
    »Sie. Das ist sie. Die … ich weiß nicht. Das ist sie. Eindeutig.«
    »Wer soll sie sein? Was haben Sie denn auf einmal?«
    Jake wusste nicht, was er von dem seltsamen Auftritt halten sollte.
    Die Amerikanerin stammelte: »Das ist … die Frau, die ich in Paris gesehen habe. Dieselbe Frau, die den Pförtner des Archivs umgebracht hat.

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