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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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nicht. Der Arzt in Anlong Veng hat mir erzählt, dass ich weggebracht wurde. Wie ein Beutestück. Sie haben mich weggebracht und ein Experiment mit mir gemacht; sie wollten sehen, wie ich mich im Vergleich zu meiner Zwillingsschwester entwickle. Sie war sozusagen die Kontrollgruppe in ihrer Versuchsanordnung. Alles lief streng nach wissenschaftlichen Regeln ab. Aber das Experiment ging schief. Ich war ein gestörtes Baby, fast wie ein Tier, epileptisch. Ein Fehlschlag. Sie gaben mich weg, und ich wurde von einem amerikanischen Paar adoptiert. So landete ich mit zwei Jahren in den Staaten, weggeworfen wie ein verdorbenes Hähnchensteak. In Amerika wurde alles nur noch schlimmer mit mir. Ich war aggressiv. Unbeherrscht. Verhaltensauffällig. Von ständigen Anfällen geplagt.« Soriya machte eine kurze Pause. »Als mir der Arzt in Anlong Veng das alles erzählte, wurde ich … noch wütender. Ich drohte ihm. Ich wurde richtig brutal. Er verriet mir, dass es jemanden gäbe, einen Mann, der mir mehr über diese Experimente erzählen könnte und über die Theorie, die ihnen zugrunde lag. Ein gewisser Hector Trewin. Daraufhin flog ich nach England und folterte ihn so lange, bis er mit der Wahrheit herausrückte. Und er gab mir die Liste mit den namen der anderen Beteiligten und erzählte mir von der mission dieser marxistischen Wissenschaftler aus dem Westen. Warum sie das alles getan hatten, konnte er mir zwar nicht sagen, aber er hat mir erzählt, dass sie den Kommunisten geholfen haben, ja, dass sie ihnen bei der Durchführung der Experimente geholfen haben. Daraufhin beschloss ich, jeden Einzelnen von ihnen umzubringen. Wenn ich schon töten musste, wollte ich wenigstens die Leute umbringen, die mir das angetan haben.« Sie zeigte auf ihre Narbe. »Sie haben mich zu dem gemacht, was ich bin. Deshalb habe ich sie alle getötet. Einen nach dem anderen. Ich habe mehrere Pässe. Einer ist auf den Namen Chemda Tek ausgestellt.«
    »Sie reisen unter Chemdas Namen?«
    »Es ist ganz einfach. Ich bin nicht von ihr zu unterscheiden. Wir gleichen uns aufs Haar – außer man sieht sehr genau hin.«
    Das konnte Julia bestätigen. Nur aus nächster Nähe – sie saß einen halben Meter neben Soriya – waren ein paar winzige Unterschiede zu erkennen. Ein ganz leichter Gesichtsflaum vielleicht. Ein energischeres Kinn. Der Geist, der auf den Körper abfärbte? Aber wie?
    Und trotzdem war das Gesicht schön, genau wie das Chemdas. Schön und dunkel und mörderisch, mit einer feinen Narbe auf der Stirn.
    »Was sollte … was ist in Paris passiert?«
    »Ich töte nicht gern einen Menschen, den ich nicht töten muss. Sie meinen wahrscheinlich den Pförtner dieses Museums? Das war eindeutig nicht richtig. Dafür schäme ich mich. Und was ich getan habe, tut mir leid. Das gilt auch für das, was ich Ihnen zugefügt habe. Ich habe mich immer noch nicht richtig im Griff, ich habe nach wie vor … massive kognitive Probleme. Aggressive Anwandlungen. Dagegen bin ich einfach machtlos. Aber es tut mir leid, dass ich Ihnen solche Angst gemacht habe. Ich hatte Sie und diesen Engländer schon eine Weile beschattet. Und natürlich auch Chemda. Ich bin Ihnen gefolgt. Und habe Sie beobachtet. Ich bin Barnier in seine Wohnung gefolgt.«
    Das warf eine Reihe neuer Fragen auf. Julia ignorierte die Schmerzen in ihrem Unterleib und fragte: »Wie haben Sie mich hier ausfindig gemacht? Warum haben Sie mich hier ausfindig gemacht?«
    »Zwei Westler in Zhongdian? Nichts einfacher als das. Ich hörte von verschiedenen Gerüchten, dass ein junger Tibeter namens Tashi zwei gwailos , zwei Langnasen, nach Balagezong gebracht hatte und dass beide nicht nach Zhongdian zurückgekehrt waren. Ich machte diesen Tashi ausfindig, und er erzählte mir, dass Jake in den Bergen von mehreren Männern gefangen genommen worden war. Und dass Sie hier, in diesem Haus, wären. Er hatte ungeheure Angst. Ich beschloss, hierherzukommen und Sie zu suchen.«
    »Warum?«
    Ein abendlicher Luftzug zupfte an Soriyas falschen schwarzen Haaren.
    »Ich weiß, wer Sie sind. Eine Archäologin. Sie kennen die wahren Hintergründe.«
    »Wie bitte?«
    »Schon die ganze Zeit, von Anfang an, versuche ich herauszufinden, warum sie das damals mit mir gemacht haben – was sie damit bezweckt haben, als sie mich operierten. Trewin hat sich geweigert, es mir zu verraten, sogar um den Preis seines Lebens. Niemand wollte es mir sagen. Seitdem habe ich verzweifelt versucht, mehr darüber in Erfahrung zu

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