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Big Bad City

Big Bad City

Titel: Big Bad City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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gestorben war, bevor Carella geboren worden war. Er war der Italo-Amerikaner gewesen, das Bindeglied, der Mann, der all diese Meilen aus einem entlegenen Gebirgsdorf irgendwo zwischen Bari und Neapel hierher gekommen war. Am Anfang seiner langen Reise war er Italiener gewesen, und auch noch, als er diese Gestade, diese große, üble Stadt erreicht hatte, und erst, nachdem er den Treueeid auf dieses Land geleistet hatte, war er Italo-Amerikaner geworden.
    Carellas Vater war Amerikaner, in diesem Land geboren und aufgewachsen. Und der Mann, der ihn ermordet hatte, war ebenfalls Amerikaner. Wie auch immer seine ferne Herkunft aussehen mochte, er war hier geboren und aufgewachsen und hatte hier in diesem Land der Freien, dieser Heimat der Tapferen, seine Waffe erworben. Aber frei und tapfer war man offensichtlich nur noch, wenn man eine Pistole in der Hand hielt. Dieser Amerikaner hatte hier gelernt, wie man eine Pistole benutzte, und er hatte sie gegen Carellas Vater gerichtet, einen anderen Amerikaner. Päng, päng, du bist tot.
    Ich hätte ihn erschießen sollen, dachte Carella.
    Darauf lief es hinaus.
    Da sitzt du hier an einem glühend heißen Tag im August, und deine Schwester hat den Mann an den Tisch gebracht, der den Mörder deines Vaters davonkommen ließ, und sie schläft mit diesem Mann, sie vögelt mitten in der Nacht mit ihm, und deine Mutter kann nur über eine Nonne mit falschen Titten sprechen.
    Es lag wohl daran, daß er auf die Vierzig zuging.
    Er fragte sich, ob er irgendwann anfangen würde, neunzehnjährigen Mädchen hinterherzujagen.
    Er sah zu seiner Frau hinüber.
    Sie blinzelte ihm zu.
    Er blinzelte zurück.
    Vorher würde er sich umbringen.
     
    Der Sonntagabend nahm ein rosiges Pink und dann einen tieferen rosa Schimmer und dann ein rötliches Lavendelblau an und wurde dann purpur und schwarz. Der goldene Tag ergab sich endlich der Nacht.
    Es war an der Zeit, eine Knarre zu kaufen.
    Strenge Gesetze hin oder her, hier in dieser Stadt war es genauso leicht, eine Waffe zu kaufen, wie im Bundesstaat Florida. Das lag daran, daß Gesetze für ehrliche Menschen gemacht wurden. Ehrliche Menschen wußten, wenn man in dieser Stadt eine Faustfeuerwaffe kaufen wollte, mußte man sich zuerst eine Erlaubnis von jener Abteilung der Polizei besorgen, die Waffenscheine ausstellte. Diese Abteilung erteilte vier verschiedene Arten von Genehmigungen. Besitzer von Geschäften, die überfallen worden waren, konnten eine beantragen, die zum Tragen einer Waffe berechtigte. Ein Waffenschein zum »Aufbewahren« berechtigte einen dazu, eine Waffe in einem Haus, einer Wohnung oder in Geschäftsräumen aufzubewahren. »Sondergenehmigungen« konnten für Bewohner anderer Bundesstaaten ausgestellt werden, und »Sportwaffenscheine« für Angehörige von Schützenvereinen. In dieser Stadt war es ungesetzlich, eine Feuerwaffe ohne Genehmigung zu besitzen oder bei sich zu tragen. Aber die Polizei schätzte, daß mindestens zwei Millionen Handfeuerwaffen im Umlauf waren - obwohl nicht einmal fünfzigtausend Waffenscheine ausgestellt worden waren. Diebe brauchten keine Genehmigungen. Diebe kannten tausendundeine Möglichkeit, um eine illegale Waffe zu erwerben.
    Eine dieser Möglichkeiten war Little Nicholas.
    Um elf Uhr an diesem Sonntag abend suchte Sonny ihn auf.
     
    Little Nicholas wickelte seine Geschäfte im Hinterraum eines Waschsalons ab, den er an der Lyons und South 35th unterhielt. Die Waschmaschinen und Trockner waren bis halb elf in Betrieb, und deshalb betrat Sonny den Salon erst um elf. Er hatte vorher angerufen und wurde erwartet. Trotzdem war Little Nicholas sehr vorsichtig, als er die Hintertür des Soapy Suds öffnete. Er schaltete die Außenbeleuchtung ein und vergewisserte sich durch ein Guckloch, daß es sich bei seinem Besucher in der Tat um Samson Wilbur Cole handelte.
    »Hey, Mann«, sagte er und schloß hinter Sonny sofort wieder zweimal um. Die beiden Männer gaben sich die Hand. Little Nicholas’ Hand war fleischig und verschwitzt. Er trug ein weißes ärmelloses Unterhemd und so weite Shorts, daß zwei Männer seiner Größe hineingepaßt hätten. Er hatte ein Stück Wäscheleine durch die Schlaufen gezogen und vor dem Bauch zusammengebunden. Sonny schätzte, daß er knapp einsfünfundsiebzig groß war und gut drei Zentner auf die Waage brachte.
    »Hab gestern ein paar schöne neue Stücke aus Georgia bekommen«, sagte Little Nicholas. »Einer meiner Kuriere ist mal eben schnell hin und wieder

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