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Big Bad City

Big Bad City

Titel: Big Bad City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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verraten? Ist es unmöglich, daß eine Nonne ein Alkoholproblem hat? Gestern abend hat Pater Clemente gesagt, es gäbe Nonnen, die eins hätten.«
    »Er hat auch gesagt, Mary hätte keins.«
    »Tja, und meine Mutter hat mir beigebracht, es könne nicht schaden, dieselbe Frage zweimal zu stellen.«
    »Dann muß sie meine Mutter gekannt haben.«
    »Ich muß diese Person als Menschen sehen. Und Menschen borgen sich Geld. Worüber hat Schwester Felicia sich also dermaßen aufgeregt? Habe ich auf ihr Kruzifix gespuckt oder so? Ich habe gefragt, ob Mary jemandem Geld geschuldet hat. Na und? Und sie antwortet: Herrje, tut mir schrecklich leid, aber das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Warum nicht? Mary braucht ganz plötzlich Geld, warum ist es da unmöglich, daß sie jemandem Geld geschuldet hat?«
    »Sie war eine Nonne, Artie.«
    »Na und? Kann eine Nonne nicht auf Pferde setzen? Kann sie nicht an der nächsten Straßenecke Crack kaufen? Kann sie nicht mit anderen Nonnen Poker spielen? Sie hat allein in einem ganz normalen Apartment gewohnt, Steve. Niemand hat auf sie aufgepaßt.«
    »Gott hat sie überwacht.«
    »Ach, jetzt hör aber auf. Glaubst du daran?«
    »Nein. Aber ich bin sicher, sie hat daran geglaubt.«
    »Na schön, was meinst du denn, weshalb sie plötzlich Geld gebraucht hat?«
    »Was vermutest du?«
    »Erpressung«, sagte Brown. »Verzeihung?«
    Beide drehten sich zur Tür um. Zwei Krankenschwestern in Arbeitskleidung standen dort, die eine blond, die andere dunkelhaarig.
    »Sie wollten uns sprechen?« fragte die Blondine.
    Die Detectives erhoben sich. Die Schwestern betraten das Zimmer.
    »Ich bin Jenna DiSalvo«, sagte die Blondine.
    »Ich bin Rene Schneider«, sagte die Brünette.
    Die Detectives stellten sich vor. Die Schwestern entschuldigten sich für die Verspätung und erklärten ihnen, sie hätten einen Patienten mit einem Dekubitus am Steißbein verbinden müssen…
    »Er hat sich wundgelegen«, erklärte Jenna.
    »Ein Druckgeschwür«, erklärte Rene.
    … wozu beide erforderlich gewesen waren, weil der Patient zu schwach war, um sich in der Seitenlage zu halten, und eine von ihnen hatte ihn festhalten müssen, während die andere das fünf Zentimeter große Loch mit einer physiologischen Kochsalzlösung säuberte, dann mit von Kochsalzlösung durchtränkter Gaze ausstopfte, darauf ein Salbengitter und eine trockene Kompresse legte und dann alles mit Klebeband befestigte. Das Verbinden hatte etwa fünfzehn Minuten gedauert, und deshalb hatten sie sich verspätet, und sie entschuldigten sich erneut.
    Nicht für hundert Millionen Dollar, dachte Carella.
    Die Schwestern, die in ihrer makellosen Arbeitskleidung knackig und flott aussahen, wirkten unerschütterlich, aber überaus mißtrauisch. Sie wußten, daß bei polizeilichen Ermittlungen jeder als verdächtig galt, der während eines bestimmten Zeitraums vor dem Mord Kontakt mit dem Opfer gehabt hatte. Und sie hatten bei zahlreichen Krimiserien Folgen über irrtümliche Verhaftungen und Polizeibrutalität gesehen. Beide Detectives trugen Anzüge aus Dacron, die in dieser Hitze ziemlich zerknittert waren, durchgeschwitzte weiße Oberhemden und Seidenkrawatten, die mal gebügelt werden mußten. Sie schienen knallharte Burschen zu sein. Als Brown vorschlug, getrennt mit den beiden Frauen zu sprechen, war den beiden Krankenschwestern völlig klar, daß sie in einem Staatsgefängnis enden würden, in dem brutale Verbrecher und sadistische Wächter sie vergewaltigen würden.
    Jenna führte Carella den Gang entlang zum Aufenthaltsraum der Schwestern.
    Brown blieb mit Rene im Wartezimmer für die Besucher.
    Da Rene den schwarzen Cop erwischt hatte, dachte sie, sie würde auf dem elektrischen Stuhl enden. Sie war nämlich Jüdin, und sie wußte, daß die Schwarzen, die Undankbaren, Juden nicht leiden konnten. Da Jenna den Cop mit dem italienischen Namen erwischte, war auch sie überzeugt, auf den elektrischen Stuhl zu kommen. Denn sie war selbst italienischer Herkunft und wußte, daß Italiener anderen Italienern nicht trauten.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte Brown, als sei das Wartezimmer sein Wohnzimmer. Rene setzte sich auf das Sofa. Brown setzte sich in einen Sessel ihr gegenüber. Rene räusperte sich und faltete die Hände im Schoß. Sie war die hübschere der beiden Frauen, und sie wußte es. Aber das würde sie nicht vor dem elektrischen Stuhl bewahren. Brown zog ein Notizbuch aus der Innentasche seiner Jacke.
    »Der 14. August«, sagte er.

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