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Big Bad City

Big Bad City

Titel: Big Bad City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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Laufbahn gelernt, daß auch arme Leute Schätze besaßen. Ob es nun das Medaillon von Oma war, das sie in der Keksdose versteckten, oder fünfhundert Dollar in der untersten Stange der Jalousie, jeder besaß irgend etwas. Na ja, nicht unbedingt jeder. Er brach zum Beispiel nicht in Mietskasernen in Diamondback ein, weil er dort nur Kakerlaken und leere Crackröhrchen finden würde.
    Cookie Boy hielt sich lieber an die Mittelklasse.
    Er sah sich als Gemäßigten.
    Er wußte, daß manche Leute in seiner Branche der Ansicht waren: Wenn du das Risiko eingehst, überhaupt irgendwo einzusteigen, kannst auch gleich den großen Wurf wagen. Ob du nun mit Omas Medaillon oder dem Zobel der reichen Lady erwischt wirst, dir steht dieselbe Zeit im Knast bevor. Einbruch ist Einbruch.
    Na ja, es gab verschiedene Strafen für Einbrüche, je nachdem, ob man bewaffnet reinging - was er nie tat, das war dumm - oder tagsüber oder nachts, oder ob es ein Wohn- oder ein Geschäftshaus war, oder ob sich jemand in der Wohnung aufhielt oder nicht. All diese Faktoren spielten eine Rolle dabei, für wie lange man ins Gefängnis kommen konnte. Cookie Boy hatte noch nie gesessen, und er hatte auch nicht vor, ins Gefängnis zu gehen, vielen Dank.
    Aber der Amateur dachte: Wenn du mit fünf Jahren rechnen mußt, zehn, zwanzig, was auch immer, es hängt ja von den jeweiligen Umständen ab, der Himmel bewahre, daß du während des Bruchs jemanden tötest, das ist dann ein Kapitalverbrechen, glatter Mord, und dann kriegst du lebenslänglich, Baby…
    Aber der Amateur dachte: Angenommen, dich erwarten zehn Jahre Knast, das hängt nicht davon ab, was du gestohlen hast, wenn sie dich kriegen, sperren sie dich zehn Jahre lang weg, kapiert? Wenn du dich auf das Spiel einläßt, muß dir klar sein, daß du zehn Jahre kriegst, egal, was du mitgehen läßt.
    Cookie Boy hatte nicht vor, sich schnappen zu lassen. Würde sich nicht schnappen lassen.
    Erstens, weil er nicht auf die wirklich große Beute aus war, das war etwas für Amateure. Zweitens, weil er mit den kleineren Brüchen zufrieden war, er war nicht sauer, beklagte sich nicht, erzählte Barkeepern nichts vom Pferd. Es störte ihn nicht, daß er mit drei, vier Riesen die Woche nach Hause ging, statt mit einem einzigen Bruch ‘ne halbe Million zu machen. Cookie Boy führte ein gutes Leben und hatte außerdem seinen Spaß. Dann und wann stieg er in eine gute Stube ein, und siehe da, er fand eine Rotfuchsjacke und eine Keksdose mit allem möglichen Glitzerzeug und Perlen. Er verschacherte die Jacke bei seinem Hehler für fünfhundert und den Schmuck für einen Riesen und hatte dann fünfzehnhundert Dollar Gewinn gemacht, indem er ein Fenster aufgestemmt und sich zwanzig Minuten in einer fremden Wohnung aufgehalten hatte.
    Manchmal ging man rein und fand ein Drecksloch. Da hatte man eben Pech gehabt. Man sah auf den ersten Blick, daß man in so einer Wohnung nichts von Wert holen konnte, aber man durchsuchte sie trotzdem schnell, damit man den Bruch nicht völlig abschreiben mußte, und ging so schnell wieder raus, wie man reingekommen war. Und manchmal war es sinnlos, überhaupt zu suchen, Risiken waren etwas für Amateure. Und in so einem Fall dachte er nicht im Traum daran, Kekse zurückzulassen. Vielen Dank für die Mühe, Lady, ist leider völlig umsonst gewesen!
    Er versuchte also, ein anständiges Wohnhaus in einer Gegend mit niedriger Kriminalitätsrate zu finden, es mußte ja nicht allererste Sahne sein. Einfach nur die typische Mittelklassegegend, in der man Häuser ohne Portier fand, manche davon sogar ohne Fahrstuhl, aber das spielte eigentlich keine Rolle. Man suchte nach Häusern ohne Sicherheitspersonal. Man ging drei oder vier Mal durch die Gegend, verschaffte sich ein Gefühl dafür, suchte nach Treppen, die zu den Hinterhöfen hinabführten, sah sich ein paar Mal hinter den Gebäuden um. Wenn jemand einem dumme Fragen stellte, sagte man, man käme vom »Bauamt« und würde »Bestimmungen« überprüfen und zog dann zu einem anderen Block weiter. Wenn man keine Risiken einging, wanderte man auch nicht in den Knast.
    Die Hinterhöfe waren eine andere Welt.
    Dort kam man sich vor wie inmitten einer modernen Skulptur, einem phantastischen Universum aus flatternden Wäscheleinen, Telefonmasten, Feuerleitern und rußgeschwärzten Ziegelsteinen unter einem blauen Himmel, alles irrwitzige Winkel, Holz und Eisen und Beton hinter den weichen, sich bauschenden Krümmungen trocknender Wäsche. Eine

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