Big Bad City
namens Sonny Cole gewesen.
Die Fingerabdrücke stammten von einem gewissen Leslie Blyden.
Er war siebenundzwanzig Jahre alt und hatte im Golfkrieg bei den motorisierten Streitkräften als Mechaniker gedient. Er war mit der rechten Hand in die Kette eines Raupenfahrzeugs geraten, wobei ihm der kleine Finger zerquetscht worden war und daraufhin amputiert werden mußte. Das hatte ihm ein Purple Heart, eine Entlassung aus medizinischen Gründen und einen Flug nach Hause eingebracht. Seine letzte bekannte Adresse war der Beasley Boulevard in Majesta, doch der Hausmeister dort teilte ihnen mit, daß hier kein Leslie Blyden wohnte. Der Hausmeister hatte diese Stelle auch erst vor kurzem angetreten, so daß er ihnen nicht sagen konnte, wann Mr. Blyden ausgezogen war.
Blyden war kein Name, der allzu häufig vorkam. Nur sechs Blydens waren im Telefonbuch verzeichnet, darunter aber kein Leslie. Vier in Riverhead, auch kein Leslie. Ein weiteres halbes Dutzend in Calm’s Point, nur zwei in Majesta. Kein Leslie darunter. Aber unter den drei Blydens, die im Telefonbuch von Bethtown verzeichnet waren, befand sich eine Person namens Leslie. Sie konnten natürlich nicht sagen, ob es sich dabei um einen Mann oder eine Frau handelte, gingen aber davon aus, daß eine Frau nicht den vollen Namen, sondern nur den Buchstaben L angegeben hätte. Sie hätten dort anrufen können, um es herauszufinden, doch das schien ihnen nicht besonders klug zu sein. Falls Leslie Blyden ihr Mann war, hatte er zwei Menschen getötet. Außerdem war es ein guter Tag für eine Fahrt mit der Fähre’.
In etwa vierzig Minuten würde der Tag ihnen nicht mehr so gut vorkommen.
Thomas Hollister, der Baßgitarrist der Five Chord alias The Racketeers, nannte sich nicht mehr Totobi Hollister, seit er herausgefunden hatte, daß man seine Berufsaussichten beträchtlich schmälerte, wenn man sich absichtlich einen Namen aussuchte, der einen als Afro-Amerikaner brandmarkte. Tote Hollister war okay für einen Baßgitarristen in einer Rockband, aber nicht so gut für einen Anwalt. In dem Augenblick, in dem die Band auseinanderbrach, hatte Hollister sein Studium wieder aufgenommen, und im vergangenen Jahr hatte er hier in dieser Stadt, an der Ramsey University, seinen Hochschulabschluß in Jura gemacht. Seit vergangenem Juli, also seit gut einem Jahr, arbeitete er für die Kanzlei Gideon, Weinberg und Katzman.
»Wann hat die Band sich aufgelöst?« fragte Brown.
»Unmittelbar nach dem Ende der Tournee in diesem Sommer. Katie hatte die Nase anscheinend voll und sagte tschüs, Jungs. Ohne Katie waren wir einfach eine Garagenband wie jede andere.«
Die Männer saßen in einem kleinen Park gegenüber von Hollisters Büro. Er hatte am Samstag arbeiten müssen, um die letzten Vorbereitungen für einen Prozeß abzuschließen, der Montag morgen anfing. Er war schmächtig und schlank und trug eine Designer-Sonnenbrille und einen leichten braunen Sommeranzug, der genau zu seiner Haut paßte, die die Farbe einer Kokosnußschale hatte. Er war heller als Brown. Verdammt, Browns Frau meinte, jeder Bruder in der Stadt sei heller als er. Brown faßte das als Kompliment auf. Es machte ihm Spaß, gemein und hart auszusehen. Er genoß es wahnsinnig, ein großer schwarzer Cop zu sein.
»Wissen Sie, warum sie aufgehört hat?« fragte Carella.
»Na ja … ich bin mir da nicht ganz sicher«, sagte Hollister.
»Haben Sie nie darüber gesprochen?«
»Nie.«
»Wie wir gehört haben, konnten Sie sehr gut mit ihr«, sagte Carella.
»Ich glaube schon. Aber Sie wissen ja, wie das ist«, sagte er zu Brown. »Es gibt Grenzen.« Brown nickte.
»Wäre schön, wenn es keine gäbe, aber es gibt sie«, sagte Hollister. »Jedenfalls waren wir sehr gute Freunde. Was an sich schon ein Wunder war. Der arme schwarze Junge aus dem Getto, das weiße Mädchen aus der oberen Mittelschicht von Philadelphia? Ihr Vater ein Professor an einem College, ihre Mutter Psychiaterin? Verdammt, meine Mutter packt in einem Supermarkt den Kunden die Lebensmittel ein. Mein Vater ist Busfahrer. Wahrscheinlich wäre sowieso nicht mehr daraus geworden. Wenigstens blieben wir gute Freunde.«
»Hätten Sie denn gern gehabt, daß mehr daraus geworden wäre?« fragte Carella.
»Ja. Klar. Ich glaube, ich habe Katie vielleicht sogar geliebt. Und ich glaube, sie hat sogar auch mich vielleicht geliebt. Das ist nämlich ‘ne komische Sache. In der Musik zieht die Hautfarbe keine Grenzen. Wenn man gute Musik macht,
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