Big Bad City
griff, ein Tackling schaffte, wie es ihm noch nie zuvor im Leben gelungen war, und Blyden mit sich auf den Bürgersteig riß, wo sich dann ihre Arme und Beine verhedderten und sie liegenblieben. Mittlerweile trampelten auch die anderen Detectives heran, und keiner rief mehr »Stehenbleiben!«, weil Parker…
Andy Parker?
… Blyden endlich zu Fall gebracht hatte.
Jetzt sagten sie nur noch »Polizei!«.
Genauer gesagt, Meyer sagte es.
Und fügte atemlos hinzu: »Sie sind verhaftet.«
Und plapperte das langatmige Miranda-Geschwafel herunter. »Sie haben das Recht zu schweigen, Sie haben das Recht…«
Und so weiter.
Das war Amerika.
Nellie Brand fragte sich, warum jedesmal sie Dienstbereitschaft hatte, wenn das 87. Polizeirevier bei einem Mordfall einen Staatsanwalt anforderte. Ihr Telefon klingelte um halb acht. Sie und ihr Mann wollten die Wohnung gerade verlassen. Sie trug ein weißes Sommerkleid mit breitem Kragen und hellblaue Pumps mit hohen Absätzen. Einen schlichten Anhänger aus Silber und Türkis an einer pfirsichfarbenen Seidenkordel. Das sandfarbene Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Jeff Callard war der Cop, der aus dem Büro der Staatsanwaltschaft in der Innenstadt anrief. »Hallo, Jeff«, sagte sie.
»Nellie«, sagte er, »sie haben den Cookie Boy geschnappt.«
Nellie wußte nicht, wer der Cookie Boy war. Sie vermutete, daß es sich um einen Sexualverbrecher handelte, der Kinder in sein Auto lockte. Callard klärte sie auf. Sie sagte, sie habe sich gerade in Schale geschmissen, um mit ihrem Mann essen zu gehen. Callard sagte, es täte ihm leid, aber es wäre August, und die halbe Welt sei in Urlaub. Sie erwiderte, ihr Mann würde sich von ihr scheiden lassen.
»Das macht nichts«, sagte Callard, »dann heirate ich Sie eben.« Sie ging ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen.
Als sie um Viertel nach acht im 87. Revier eintraf, trug sie schlichte, maßgefertigte Hosen, eine maßgeschneiderte Bluse und eine rehfarbene Leinenjacke. Ihr Haar war noch immer zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie rechnete damit, daß Carella mit ihr sprach, aber der diensthabende Sergeant am Empfang sagte ihr, er sei bereits nach Hause gefahren. Er erklärte ihr, die Viererbande habe die Verhaftung vorgenommen. Sie wußte auch nicht, wer die Viererbande war. Als Staatsanwältin hing man nicht oft vor dem Fernseher. Sie mochte Carella gut leiden und war ein wenig enttäuscht, daß nicht er die Verhaftung vorgenommen hatte.
Die Viererbande wartete bereits oben. Meyer und Kling kannte sie. Kling stellte sie den beiden anderen Detectives vor, Willis und Parker, und teilte ihr mit, daß Blydens Anwalt noch nicht eingetroffen war, also konnten sie sich noch einen Augenblick unterhalten. Blyden war der Cookie Boy. Sein vollständiger Name war Leslie Talbot Blyden. Golfkriegsveteran, hatte den kleinen Finger bei einem Unfall in der Wüste verloren. Gestand den Einbruch, behauptete aber, nichts mit dem Tod von zwei Menschen zu tun zu haben.
»Wir haben es mit einem Einbruch und zwei Morden zu tun«, sagte Meyer.
»Er sieht aus wie John Travolta«, sagte Parker.
»Weiß jemand, wie Marilyn Monroe in Wirklichkeit hieß?« fragte Kling.
»Ist das hier eine Game-Show?« sagte Nellie.
»Wer ist hier zuständig?« fragte eine Stimme. Sie drehten sich um und sahen einen ziemlich korpulenten Mann in einem Nadelstreifenanzug, der vor dem Holzgeländer stand, das den Dienstraum vom Korridor des ersten Stocks abtrennte. »Anwalt Marvin Meltzman«, sagte er, »ich vertrete Leslie Blyden. Wo ist mein Klient?«
»Stellvertretende Staatsanwältin Nellie Brand«, sagte Nellie, ging zum Geländer und gab ihm die Hand. Meltzman schüttelte sie. »Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe«, sagte er.
»Ich bin auch gerade erst gekommen«, sagte sie. »Wo ist er also?« fragte sie Meyer.
»Im Verhörraum am Ende des Ganges«, sagte er, und dann zu Meltzman: »Ich bringe Sie hin, Herr Anwalt.«
Die beiden gingen davon.
»Wer hat ihn verhört?« fragte Nellie Kling.
»Ich und Meyer.«
»Und Sie sagen, er hat den Einbruch gestanden?«
»Er sagt, vielleicht habe er den Einbruch begangen, aber nicht die Morde.«
»Nur vielleicht, was?«
»Besser als nichts.«
»Und wer hat ihm zufolge die Morde begangen?«
»Die Frau. Sie hat zuerst den Jungen und dann sich selbst erschossen. Ein Unfall.«
»Irgendwelche Fingerabdrücke auf der Waffe?«
»Nur ihre.«
»Dann sagt er ja vielleicht die
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