Big Bad City
sie.
»Sie haben keine Ahnung, wie uns die Medien unter Beschuß nehmen werden«, sagte Byrnes.
»Sie wollen also, daß ich das Risiko eingehe und ihn trotzdem wegen des Einbruchs anklage«, sagte Nellie. »Na schön, ich behaupte also, es besteht Fluchtgefahr. Dem Richter ist klar, wie schwach unser Fall ist, und er setzt eine niedrige oder gar keine Kaution fest, und Blyden ist weg.«
Einen Augenblick lang wünschte sie sich, das sei ein Film. Wünschte sich, sie sei tatsächlich Meg Ryan in einem Film. In einem Film ging immer alles gut aus. Im wirklichen Leben kamen Mörder manchmal davon.
»Was werden Sie also tun, Neil?« sagte Byrnes und seufzte schwer.
»Was können wir schon tun?« fragte sie. »Ich werde Meltzman sagen, daß wir seinen Klienten wegen Einbruchs anklagen und einen Gerichtsbeschluß erwirken, der ihn zwingt, eine Blutprobe für eine DNS-Analyse abzugeben. Und bei der Anklageerhebung morgen kommt es dann auf den Richter an.«
»Zu schade, daß Schokokekse keine DNS haben«, sagte Parker.
»Ja, wirklich schade«, gab Nellie ihm recht.
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen«, sagte Meltzman. »Sie kommen morgen auf Kaution raus, das verspreche ich Ihnen. Es wird Wochen dauern, bis sie das Ergebnis der DNS-Analyse bekommen. Doch selbst, falls die Proben übereinstimmen…«
»Sie werden übereinstimmen«, sagte Blyden. »Mein Blut ist überall in der Wohnung. Ich hatte Nasenbluten.«
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen«, sagte Meltzman.
»Aber ich mache mir Sorgen.«
»Müssen Sie aber nicht.«
»Ich habe sie nicht getötet.«
»Natürlich nicht.«
»Ich meine, wirklich nicht. Ich habe sie nicht erschossen. Ich bin wirklich unschuldig.«
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen«, sagte Meltzman.
Matthew Hope rief Carella an diesem Montagabend zu Hause an, gerade als er die Zehn-Uhr-Nachrichten einschalten wollte. Wenn Carella in der Tagschicht arbeitete, war sein Tagesablauf mehr oder weniger festgelegt. Er kam so gegen halb fünf, fünf Uhr nach Hause, je nach Verkehrslage, entspannte sich eine Weile und las die Zeitung, aß mit Teddy und den Kindern gegen halb sieben zu Abend, las danach wieder eine Weile - er bevorzugte Fachliteratur -, sah sich im Fernsehen die Nachrichten an und war um elf im Bett, weil am nächsten Morgen um sechs der Wecker klingelte. Normalerweise verließ er gegen sieben Uhr das Haus und fuhr zum Revier, wo er gegen halb acht, zwanzig vor acht eintraf, was auch wieder vom Verkehr abhing. In den Wintermonaten fuhr er früher los. Jetzt im August konnte er, da es in der Stadt verhältnismäßig ruhig war, sogar erst um Viertel nach sieben losfahren und war trotzdem um Viertel vor acht im Dienstraum.
Matthew rief um fünf vor zehn an.
»Es ist doch nicht zu spät, oder?« fragte er sofort.
»Nein, überhaupt nicht«, sagte Carella. »Augenblick, ich gehe mal eben ins andere Zimmer.«
Das andere Zimmer war ein nicht genutzter Raum, den sie als Arbeitszimmer für alle Familienmitglieder eingerichtet hatten, die sich mal zurückziehen wollten. Die Computer der Zwillinge standen darin, und auch Teddys und Carellas. Die Bücherregale und den unansehnlichen Schreibtisch hatten sie bei einem Altwarenhändler gekauft. Die beiden Lampen ebenfalls. Fanny, ihre Haushälterin, sagte nur »Trödelladen« zu dem Zimmer. Vielleicht hatte sie recht.
»Sind Sie noch da?« fragte Carella.
»Ja. Alles klar bei Ihnen?«
»Ja. Und selbst?«
»Ebenfalls. Ich genieße das geradezu. Wirklich als Anwalt zu arbeiten, statt bösen Buben hinterherzujagen.«
»Ich jage noch immer bösen Buben hinterher«, sagte Carella.
»Ist mir klar. Ich habe diese Informationen für Sie, wenn Sie einen Kuli holen wollen … Die Zeitungsartikel kann ich Ihnen später faxen… haben Sie ein Faxgerät?«
»Ja, habe ich.«
»Gut. Aber ich habe auch mit Morrie Bloom gesprochen, und er hat mir diesen Bericht geschickt. Er ist Detective bei der Polizei von Calusa, und er hat am Tag nach dem Unfall mit den jungen Leuten gesprochen.«
»So haben sie das genannt? Einen Unfall?«
»Ja. Die Polizei da unten in Boyle’s Landing ging davon aus, daß Custer betrunken war und ins Wasser fiel. Die Blutproben hatten nicht viel ergeben - die Alligatoren haben gute Arbeit geleistet -, doch die Musiker haben Bloom erzählt, er hätte schwer einen gehoben, bevor sie zu ihm gingen, um ihre Gage zu kassieren.«
»Hatte die Polizei nur ihre Aussage?«
»Dafür, daß er betrunken war? Nein, es
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