Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
los. War es ein Lachen unter Tränen? „Was zum Teufel machst du eigentlich in Parable?“, wollte sie dann ohne Umschweife wissen.
So viel zum „Plaudern“.
Joslyn rutschte unbehaglich auf ihrem Sessel hin und her. Diese Frage hatte natürlich kommen müssen . „Ich nehme an, ich versuche, ein paar Dinge wiedergutzumachen.“
„Welche Art von Dingen?“, fragte Opal argwöhnisch.
Joslyn zögerte. Dann holte sie tief Luft und seufzte. „Du weißt ja, Opal“, sagte sie schließlich, „wie viel Schaden Elliott hier angerichtet hat. Er hat so vielen Menschen geschadet …“
„Und inwiefern bist du dafür verantwortlich?“, hakte Opal streng nach. Doch Joslyn wusste, dass aus Opal die unerschütterliche, liebevolle Fürsorge sprach, die sie schon immer für Joslyn und ihre Mutter empfunden hatte.
„Bin ich nicht“, verteidigte sich Joslyn traurig. „Aber irgendjemand muss es doch wiedergutmachen, oder? Falls das überhaupt möglich ist.“
„Nun ja“, antwortete Opal nach kurzem, nachdenklichem Schweigen. Ihr Ton war nun sanfter. „Meiner Meinung nach siehst du die Situation völlig falsch. Aber es ist trotzdem ein Geschenk des Himmels, deine Stimme wieder zu hören.“ Kurzes Schweigen. „Wie geht es denn deiner Mama?“
Joslyn erzählte Opal von Danas neuem Leben in Santa Fe mit ihrem Ehemann Brian, dem Künstler.
„Freut mich riesig, das zu hören.“ Opal wirkte zufrieden. „Ich habe Dana immer gemocht. Sie war für mein Empfinden zwar viel zu gut für Elliott Rossiter, aber offenbar hat sie den Mann nun mal geliebt.“
„Das hat sie.“ Joslyn hatte wieder einen Kloß im Hals, sowie sie an die glücklichen Zeiten dachte, bevor Elliotts Gier unersättlich geworden war.
Es war erstaunlich, dass Opal immer noch eine so hohe Meinung von Dana hatte. Immerhin hatte Opal schon lange als Haushälterin für die Familie Rossiter gearbeitet, bevor Joslyn und ihre Mutter auf der Bildfläche erschienen waren. Esgab schließlich auch Leute wie Cookie Jean Crown, die davon überzeugt waren, Elliott hätte das Geld gestohlen, um seiner Frau und seiner Stieftochter weiterhin ein Leben im Luxus zu ermöglichen. Er hatte Dana in Designerklamotten eingekleidet und teure Urlaube mit ihr gemacht, für die er oft sogar ein eigenes Flugzeug gechartert hatte. Auch Joslyn hatte es an nichts gefehlt – weder als kleines Mädchen noch als Teenager.
„Ich hätte große Lust, dich zu besuchen“, verkündete Opal. „Hast du Platz für mich?“
Joslyn lachte. Gleichzeitig merkte sie, dass ihr wieder Tränen in die Augen stiegen. „Ist das dein Ernst, Opal? Wenn du mich besuchen kämst, wäre das für mich derzeit das Größte überhaupt.“
„Sicher ist das mein Ernst“, erwiderte Opal mit Nachdruck. „Oder glaubst du, ich plappere nur vor mich hin? Du, ich kann ohne Probleme in den nächsten Bus springen. Ich werfe nur rasch ein paar Sachen in meinen alten Koffer, kaufe mir eine Fahrkarte und bin schon unterwegs zu dir.“ Opal klang genauso pragmatisch wie immer. Sie packte die Dinge einfach an. „Hält der Bus immer noch vor der Tankstelle auf der Hauptstraße? Direkt gegenüber vom ‚Butter Biscuit Café‘?“
„Wahrscheinlich schon.“ Joslyn dachte rasch nach. Opal könnte im Gästehaus wohnen, da es im Moment ja leer stand. „Egal, wo er hält – ich hole dich jedenfalls dort ab. Gib einfach Bescheid, um wie viel Uhr du da bist.“
„Ich rufe dich gleich wieder an“, sagte Opal. Zehn Minuten später tat sie genau das.
Es stellte sich heraus, dass der Bus immer noch jeden Nachmittag um Punkt Viertel vor vier durch Parable fuhr. Wenn Passagiere ausoder zustiegen, hatte er eine halbe Stunde Aufenthalt an der Tankstelle, damit die Leute sich ein wenig die Beine vertreten oder im „Butter Biscuit“ einen Happen zu sich nehmen konnten.
Opal versprach, mit dem morgigen Bus zu kommen.
Nachdem Joslyn zum zweiten Mal aufgelegt hatte, rief sie sofort ihre Mutter in Santa Fe an und berichtete – übersprudelnd vor Freude – von Opals bevorstehendem Besuch.
Dana war genauso begeistert wie Joslyn.
„Das ist wunderbar, Liebling.“ Dana lachte gerührt. „Und es ist, wenn ich das so sagen darf, schön zu hören, wie, nun ja, wie glücklich du klingst.“
Joslyn stutzte. Klang sie nicht immer glücklich? Okay, zugegeben, die letzten paar Jahre waren nicht einfach gewesen. Sie hatte zu viel gearbeitet und war immer mehr vereinsamt, aber sie war doch nicht un glücklich gewesen, oder?
Sie
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