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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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»Jemand hat die Glühbirnen gewechselt«, folgerte Sarah.
    Die fünfzehn Meter Flur vor der Lichtwand waren fast knietief mit glitzernden Fetzen Metallfolie und anderen glänzenden Gegenständen übersät, darunter auch die Überreste von Fred Fines Funkgerät.
    »Das ist ihr Versammlungsort«, sagte Hyacinth. »Sie scheinen die Musik zu mögen.«
    »Sie möchten die Leute, die diese Glühbirnen wechseln, gern zu einer leckeren, saftigen Mahlzeit machen«, deutete Fred Fine an.
    In Sarahs Rucksack befanden sich ein Dreifuß und ein gutes Fernglas.
    Als wir es in der Tunnelmitte aufgestellt hatten, konnten wir die schweren Türen, Videokameras, Lichter und so weiter am Tunnelende sehen. Während wir abwechselnd hinsahen und Mutmaßungen anstellten, stellte Virgil einen Geigerzähler aus Sarahs Rucksack auf.
    »Normalerweise würde ein Geigerzähler nur jede Menge kosmische Strahlung und Hintergrundstrahlung empfangen, in der alles Sinnvolle untergeht. Aber in diesen Tunneln sind wir so gut abgeschirmt, daß nur ein paar besonders starke kosmische Strahlen zu uns durchdringen sollten, und Neutrinos, die hiermit sowieso nicht angezeigt werden.« Der Geigerzähler klickte vielleicht einmal alle vier Sekunden.
    Sarah hatte die besten Augen; sie setzte sich im Schneidersitz auf die Folienschicht und sah durch das Fernglas. »In ein paar Minuten soll oben an der Rampe ein Lastwagen für Giftmüll eintreffen«, sagte Virgil, der auf die Uhr schaute. »Meine Theorie ist, daß diese Lastwagen nicht nur gefährlichen Abfall aus dem Plex rausbringen, sondern etwas noch Gefährliches in den Plex reinbringen, und zwar in diesen Tunnel hinunter.«
    Wir warteten.
    »Okay«, sagte Sarah. »Fahrstuhltür rechts geht auf.«
    Wir hörten es alle.
    »Lange Metallzylinder auf einem Wagen. Jetzt öffnet sich das Ende des Tunnels – große Türen, wie Kiefer. Jetzt rollen ein paar Männer den Zylinder in einen großen Raum dahinter.«
    Der Geigerzähler tobte. Ich sah Casimir an.
    »Laß dein nächstes Bruströntgen ausfallen«, sagte er. »Wenn diese Anlage das ist, wonach es aussieht, dann handelt es sich nur um Jod-131. Halbwertzeit von acht Tagen. Lagert sich in deiner Schilddrüse ab, die du sowieso nicht brauchst.«
    »Ich mag meine Schilddrüse«, sagte Hyacinth. »Sie hat mich groß und stark gemacht.«
    »Türen schließen sich«, sagte Sarah über unser Geplauder und das Knattern des Geigerzählers hinweg. »Fahrstuhl ist weg. Alle Türen sind jetzt geschlossen.«
    »Na also! Herzlichen Glückwunsch, Virgil«, sagte Fred Fine und schüttelte ihm die Hand. »Du hast das einzige permanente Endlager für radioaktive Abfälle in den ganzen Vereinigten Staaten entdeckt.«
    Die meisten von uns hatten dazu nichts zu sagen. Wir wollten alle nur wieder nach Hause.
    »Faszinierend, brillant«, fuhr Fred Fine fort, während wir uns auf den Rückweg machten. »Auf dem heute so schwer umkämpften Bildungsmarkt muß es eine Möglichkeit geben, wie Universitäten sich finanzieren können. Was wäre besser geeignet, als in lukrative Hochtechnologien einzusteigen?«
    »Man muß nicht mehr verzweifelt hinter jedem Studenten hersein«, sagte Sarah.
    »Glaubst du wirklich, Universitäten sollten Müllhalden für die übelsten Abfallprodukte der menschlichen Zivilisation sein?« fragte Hyacinth.
    »In gewisser Weise ist es gar keine so schlechte Idee«, sagte Casimir. »Besser die Universitäten als jemand anderes. Oxford, Heidelberg, Paris, diese Einrichtungen gibt es schon seit Jahrhunderten, länger als alle Regierungen. Nur die Kirche existiert schon länger, aber der Vatikan braucht das Geld nicht.«
    Auf der Wendeltreppe, in der Nähe unseres Rattenkadavers, machten wir eine kurze Pause. Casimir, Fred Fine und Virgil gingen noch einmal nach unten, um ein Experiment durchzuführen. Virgil hatte einen Ultraschallgenerator mitgebracht, mit dessen Hilfe sie – unwiderlegbar – den Beweis antraten, daß die Ratten Ultraschall so sehr liebten wie sie das Stroboskoplicht haßten. Sie kamen mit blitzendem Zepter nach oben gerannt, ich warf mir den Rattenkadaver über die Schulter, und wir rannten alle die Treppe hinauf, so schnell es unsere Lungen zuließen.
    Das Sezieren der Ratte war eine höchst formlose Angelegenheit. Wir machten es im Waschbecken von Professor Sharons altem Labor zwischen den Bestandteilen der Schienenkanone.
    Fred Fine schnitt den Torso mit einem Küchenmesser und einer Rasierklinge auf. Wir arbeiteten schnell und brutal; nur

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