Bilder aus der Anderwelt
vor uns in der Luft schwebte. Der Schlüssel verschwand, sobald Harry ihn drehte, und in diesem Moment schien die Welt unter meinen Füßen ins Bodenlose zu stürzen. Es fühlte sich kurz an, als fielen wir, und dann ließen wir die Nightside hinter uns.
Wir tauchten in einem Empfangsbüro wieder auf, das wie jedes andere auch aussah. Luxuriös genug, um einem einzubläuen, wie wichtig das Unternehmen war, aber nicht bequem genug, um so einladend zu sein, dass man länger als unbedingt notwendig bleiben wollte. Eine kühle blonde Empfangsdame saß hinter einem Schreibtisch hinter einer Scheibe aus kugelsicherem Glas. Sie behütete das Telefon und führte Wartungsarbeiten an ihren Fingernägeln durch. Offensichtlich kümmerte sie sich nur um Besucher, wenn es absolut unvermeidlich war. Harry wollte meinen Arm ergreifen, um mich in den Warteraum zu lotsen. Ich sah ihn an, und er zog die Hand zurück. Man muss verhindern, dass Leute wie Harry Fabelhaft einem zu kumpelhaft kommen; sie nutzen das aus. Ich spazierte nach vorn, sah mich neugierig um, und alle Glocken auf Gottes Erdboden begannen gleichzeitig zu schrillen.
"Alles in Ordnung! Alles in Ordnung!", brüllte Harry, während er mit den Armen wedelte und sprichwörtlich auf dem Fleck auf und ab sprang. „Es ist John Taylor! Er wird erwartet!"
Die Glocken verstummten und die Empfangsdame tauchte wieder von unter dem Schreibtisch auf, wobei sie Harry giftig anfunkelte. Ich blickte ihn an.
„Sicherheitsscan", sagte er. „Reine Routine. Nichts, worum man sich Sorgen machen müsste. Hier sollen gefährliche Objekte und Personen aufgespürt werden ... und du hast jeden einzigen Alarm, den sie hier haben, ausgelöst. Ich habe sie gewarnt, doch bitte schön die Sicherheitseinstellungen zu ändern, solange du da bist ... soll ich deinen Mantel nehmen?"
„Wäre unbedacht", meinte ich. „Ich habe ihn schon längere Zeit nicht mehr gefüttert."
Harry sah mich an und suchte nach einem Hinweis, ob er jetzt lachen sollte, doch ich starrte einfach zurück. Harry schluckte schwer, trat einen Schritt zurück und linste zur Empfangsdame hinüber.
„Ruf die Sicherheitsabteilung an, Schätzchen, die sollen dafür sorgen, dass es ein paar Ausnahmen für John gibt."
„Dass es viele Ausnahmen gibt", warf ich ein. „Ich bin eine komplexe Person."
„Ich bleibe nicht", entschied Harry. „Ich bin fast sicher, dass es irgendwo anders dringende Sachen zu erledigen gibt."
Er machte noch einmal das Ding mit dem Schlüssel und verschwand. So ist Harry Fabelhaft. Immer auf dem Sprung.
Die Empfangsdame und ich sahen einander an. Irgendwie wusste ich, dass wir keine Freunde werden würden. Sie war eine kleine, graziöse Platinblondine mit lebhaften Augen, einem Mund, der für die Sünde geschaffen war, und einer Aura von Zorn und Gewalt. Ich wusste nicht, ob das die Folge ihrer Arbeit hier war oder ob man sie deswegen eingestellt hatte. Sie war die erste Verteidigungslinie gegen jeden, der hier auftauchte, und ich zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie ein ganzes Arsenal außergewöhnlicher Waffen griffbereit hatte ... Ich entschied mich, höflich zu sein, zumindest im Moment, und schenkte ihr mein bestes professionelles Lächeln.
„Mein Name ist Taylor. Der Chefredakteur will mich sehen."
Sie schniefte laut und lächelte mich mitleidig an. Ihre Stimme klang klar durch den schmalen Rost im kugelsicheren Glas. „Niemand bekommt den Chefredakteur zu Gesicht. Tatsächlich hat seit Jahren niemand mehr Mr. du Rois in Fleisch und Blut gesehen. Es ist sicherer so. Ihr Meeting wird mit dem Korrektor sein, Schaufler Malloy."
„Schaufler?", fragte ich. „War er einer Ihrer Topenthüllungsjournalisten?"
„Nein; er hat mit Tieren gearbeitet. Nehmen Sie Platz!"
Ich nahm Platz. Ich merke, wenn mir jemand überlegen ist. Die lange, weinrote Ledercouch war hart und unnachgiebig. Sonst wartete niemand im Empfangsbereich. Eine Auswahl alter Zeitschriften lag auf einem niedrigen Tisch. Ich blätterte ein paar durch, doch es gab nichts von Interesse. Das Titelblatt von Welche Religion warb mit einer neuen Serie: Elchtest fiir zehn neue Götter! Die Nightside-Ausgabe von Waffen & Muni hatte schon wieder Suzie Shooter auf dem Cover. Die dachten, Suzie verliehe dem Blatt ein gewisses Maß an Glamour. Was ist los in der Nightside war so dick wie ein Telefonbuch. Auf dem Titelblatt stand stolz 101 Dinge, die Sie unbedingt über Exklusivclubs wissen müssen! Wie komme ich hinein und
Weitere Kostenlose Bücher