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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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gegen die Wand und erholte mich langsam wieder. Als ich mich wieder stark genug fühlte, ging ich zurück zur Leiche.
    Ich durchsuchte sie. In dieser Nacht wurde viel durchsucht. Außer Übelkeit brachte mir das nichts ein. Kein Paß. Verschiedene Papiere, darunter ein Führerschein, alle auf den Namen Nicolas Birikos, den gut getroffenen Athener. Geld, Etwas. Nicht viel. Genug immerhin, um die Reinigung des Teppichs zu bezahlen oder ihn sogar durch einen neuen zu ersetzen. Ich nahm mir das Geld. Abgesehen davon, nichts für Nestor. Nichts, das mich auf eine Spur geführt hätte. Nichts, wodurch ich verstehen konnte, was er in meinem Büro gesucht hatte. Gefunden hatte er den Tod, und den hatte er bestimmt nicht gesucht!
    Eine Kugel hatte ihn mitten ins Herz getroffen. Tatort und bestimmte Spuren, die ich hier und da entdeckte, vor allem an seinen Handgelenken, ließen auf einen Kampf schließen.
    So sehr mein Schädel auch brummte, er begann zu funktionieren.
    Es waren also mindestens zwei - Nick Birikos und X... die etwas in meinen Unterlagen suchten. Gut. Was? Sie hatten Glück, sie wußten es, denn ich... Um mich aus dem Weg zu räumen, lockte man mich in einen Hinterhalt (nebenbei gesagt, ich war ihnen auf den Leim gegangen wie ein blutiger Anfänger. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß sie etwas anderes ausgeheckt hätten, wenn ich Lunte gerochen hätte.)... man lockte mich also in eine Falle, um an meine Schlüssel zu kommen und sicher zu sein, daß ich den Plan nicht stören würde.
    Während der Hausdurchsuchung wurde das gesuchte Objekt (?) gefunden (aber was, verdammt nochmal?), und es folgte ein Gerangel, denn von diesem Augenblick an wollten die beiden Partner auf eigene Faust weitermachen. Der hochmütige Nick Birikos, der eine Kanone herausgeholt hatte, kam zu Fall, ein Opfer der Verletzung jenes Gesetzes, das das Tragen von Waffen verbietet.
    X... ergriff die Flucht, nervös und aufgeregt (der Tod eines Mannes stand wohl nicht im Programm), beeilte sich, mir mein Schlüsselbund zurückzugeben, und warf mich, damit ich nicht beim Vogelhändler wieder zur Besinnung kam (es war besser, ich wußte nicht genau, wo man mich abgelegt hatte), wie ein Paket schmutziger Wäsche auf die Uferböschung. Die Kälte würde schon den Rest der Arbeit besorgen, die er so gut begonnen hatte, aber nicht eigenhändig zu Ende führen wollte. X... war wohl kein Mörder, sonst hätte ich ebenfalls ins Gras beißen müssen. Und Birikos’ Tod war ein Unfall.
    Ich ging wieder ins Nebenzimmer und nahm einen Schluck Heilmittel, dann kam ich zurück in mein Büro. Der Tote lag noch immer da, und ich sah keinen Weg, ihn loszuwerden. Das Beste war, ihn dort liegenzulassen und zuzusehen, daß er mir so wenig Ärger wie möglich machte. Ich suchte hier und da nach möglichen Motiven für den Einbruch, für eine plötzliche Auseinandersetzung und eine Prügelei mit tragischem Ausgang. Nichts. Offenbar war das Objekt (wenn es so etwas gab) nicht mehr da, aber ich konnte noch so genau hin-schauen, mit Augen und Verstand, nichts schien zu fehlen. Nichts, abgesehen von dem Stück Papier, das Birikos verloren hatte, und seiner Visitenkarte. Beides steckte nicht mehr in der Lederecke der Schreibunterlage, in die ich es ein paar Stunden zuvor geschoben hatte. Aber das konnte doch nicht der Grund für solch ein Blutbad sein! Ich gab es auf. Da bemerkte ich in dem Hosenaufschlag der Leiche eine gelbe Feder, die Feder eines Kanarienvogels. Der Beweis, daß Birikos bei dem Vogelhändler gewesen war. Ich steckte die Feder ein. Es war wirklich nicht nötig, den Flics, die bald meine Büros stürmen würden, zu viele Indizien an die Hand zu geben. Um den Vogelhändler würde ich mich selbst kümmern. Ich kramte hinten in einem Wandschrank und fand auch, was ich suchte: eine Brechstange, die ein Schlosser irgendwann einmal bei mir vergessen hatte und die ich wie eine Trophäe aufbewahrte. Die Stange in der Hand, ging ich ins Treppenhaus. Alles schlief. Es war ein ruhiges Haus in einem ruhigen Viertel, bewohnt von ruhigen Bürgern, ruhig und hoffentlich etwas schwerhörig. Mit der Brechstange brach ich meine Tür auf, was auf das Konto meiner Besucher gehen sollte. Ich wischte das Werkzeug ab und schmiß es in eine Ecke. Dann machte ich mich aus dem Staub.
    Kurz darauf, an der Place de la Madeleine, rief ich ein Taxi, das mich bald in der Nähe meiner Wohnung absetzte.
    Auch da hatte man herumgewühlt, allerdings keine Leiche

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