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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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er sich auf einen dicken Stock. In der rechten Hand hielt er einen schweren automatischen Revolver aus glänzendem Stahl, auf dem das Licht manchmal romantisch blau schimmerte.
    Es war mein Glückstag. Ich hätte mein Schießeisen herausholen sollen, bevor ich am Schloß herummachte. Jetzt war es zu spät. Besser den Witzbold spielen. Der Preis war derselbe. Ich ging in den Salon.
    „Salut, Larpent“, sagte ich.
     
    ***
     
     
    „Komm mir nicht zu nahe, Nestor Burma“, riet er mir. „Mach’s dir da in der Ecke bequem und rühr dich nicht. Und
    leg die Hände hinter den Nacken, wenn es dir nichts ausmacht...“
    Es machte mir was aus. Es tat mir weh. Aber ich sagte nichts und legte meine Hände auf meinen Nacken.
    „...Ich bin noch nicht ganz wiederhergestellt“, fuhr der Mann fort. „Ich bin sogar überhaupt noch nicht wiederhergestellt...“
    Er ging rückwärts nach hinten, bewegte sich mühevoll wegen seines Hinkebeins; dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Wand, verminderte so seine Schmerzen. Uns, Geneviève und mich, hielt er mit seinem Schießeisen in Schach. Solange er mit der Frau allein gewesen war, hatte er gesessen. Da meine Wenigkeit auf der Bildfläche erschienen war, änderte sich das. Er wollte auf alles gefaßt sein.
    „...Nein, nicht wiederhergestellt. Wenn ich dieses Schwein erwische, das mich mit seiner Karre umgefahren hat...“
    „Das ist aber komisch“, sagte ich.
    „Was denn?“
    „Nenn einen Preis, und ich find dir deinen Rabauken. Ich bin Detektiv...“
    „Nicht mehr lange.“
    Ich hob die Schultern und lächelte Geneviève zu.
    „Guten Abend, Chérie.“
    Sie sah mich verstört an, vergrub den Kopf zwischen ihre Arme und brach in Schluchzen aus. Sie zuckte, als würde sie jeden Moment einen Nervenzusammenbruch kriegen. Ihre Strümpfe waren oben spitzenbesetzt und wurden mit einer buntglänzenden Spange am Strumpfband festgehalten.
    Larpent stieß eine Beleidigung aus, eine schmutzige Beleidigung, niederträchtig und gemein, an die Adresse seiner Geliebten.
    „Schnauze“, sagte ich.
    „Armer Irrer“, grinste er.
    Nach und nach beruhigte sich Geneviève. Sie hob ein verwundertes tränenüberströmtes Gesicht. Mit einer schmerzhaften Kopfbewegung, wies ich auf die Ausgabe des Crépuscule, die offen auf dem Tisch lag und die riesige Großaufnahme von Geneviève zeigte.
    „Ich hab’s dir ja gesagt, Chérie. Das war Scheiße. Das hat den Eifersüchtigen hierhin getrieben. Als er im Krankenhaus diesen Artikel gelesen hat, hat er sich gefragt, was das sollte. Vielleicht hat er sich auch falsche Vorstellungen gemacht, jedenfalls wollte er sich Gewißheit verschaffen. Also ist er entwischt, so ramponiert, wie er noch ist. Hat sich eine Kanone besorgt und diesen Schnurrbart, um von den Leuten im Hotel nicht wiedererkannt zu werden, falls ihm welche begegnen sollten. Ein Geist, das hätte Aufsehen erregt. Und aus noch mehr Vorsicht hat er sich wohl durch den Lieferanteneingang hier reingeschlichen. Stimmt’s Larpent?“
    „Das geht dich ’n Dreck an.“
    Plötzlich stand Geneviève auf. Der Mann richtete den bläulichen Lauf seiner Pistole auf sie.
    „Ich möchte gehen“, jammerte sie. „Laßt mich raus. Ich möchte gehen.“
    „Setz dich hin!“ knurrte Larpent.
    „Sag mal, Robert Houdin“, bemerkte ich. „Was willst du von uns? Wirst du uns lange hier festhalten?“
    „Ich?“
    Er hob verächtlich die Schultern:
    „...Ich werde abhauen. Nachdem ich euch eins verpaßt habe. Meine Verletzungen erlauben es mir nicht, euch den Rücken zu kehren. Ich werde das bestens einfädeln. Die tragischen Liebenden. Gemeinsamer Selbstmord. Bestens, sage ich euch.“
    „Gut. Du machst uns kalt und haust ab. Und danach?“
    „Was ich danach mache, geht dich einen Dreck an.“
    „Danach wirst du dein Bild abholen, es verkaufen und weggehen, um woanders zu leben.“
    „Genau.“
    „Nein, Monsieur.“
    „Was?“
    „Ich sagte: Nein. Ich fügte irrtümlich ,Monsieur’ hinzu. Das Bild ist nicht mehr hinter dem Spiegel, Larpent.“ Ich glaubte, er könnte sich nicht mehr beherrschen. Die dicke Automatic zitterte in seiner Hand, die sich verkrampfte, so daß ich das Schlimmste befürchtete.
    „Verdammte Scheiße, Burma! Sag das noch mal!“
    „Das Bild ist nicht mehr hinter dem Spiegel.“
    Er setzte sich wieder, was ihn übermenschliche Anstrengung kostete:
    „Und wo ist es?“
    „Wenn du das wissen willst, mein Bester, mußt du uns friedlich gehen lassen, Geneviève

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