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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
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für Dich bitten; denn ich diente 30 Jahre, und die Oberamteien sind nicht so beschaffen, daß ein Mann ohne großes Vermögen, der streng und uneigennützig handelt, mit einer großen Familie, auf ihnen sich Vermögen schaffen könnte, der Ausgaben sind zu viele! 1
    Ist mein Körper erblaßt, so kann man eine Sektion an ihm vornehmen, um meiner Kinder willen; sodann aber ist er ohne die mindeste Zierde eines Sterbekleides in den blauen Schlafrock einzukleiden, den ich ohnlängst von meiner lieben Frau erhalten. Der Sarg, in den man ihn legt, soll nur von Tannenholz sein, braun angestrichen. Man soll meine Chaise abdecken, den großen Bock aufschrauben, und meinen Sarg morgens 5 Uhr, wo mein Begräbnis veranstaltet werden soll, darauf legen.
    Niemand soll mich zu Grabe geleiten als meine Söhne, mein Tochtermann und Herr Professor
Maier.
Zur Tragung des Sarges vom Kirchhoftore bis zum Grabe soll man acht arme Männer bestellen und belohnen. Keine Trauerrede soll man, weder in der Kirche, noch auf dem Grabe, halten, sondern einzig auf ihm ein stilles Vaterunser beten.
    In der nächsten Amtsversammlung soll man den Amtsvorstehern und Bürgern, die mir während meiner Amtsführung ihr Vertrauen schenkten, dafür danken und sie versichern: daß meine Absicht immer gewesen, das Wohl des Amtes zu befördern, daß ich aber unter vorliegenden Umständen nur weniges Ersprießliches hätte ausrichten können.«
    An jedes seiner Kinder richtete er in diesem Abschiede noch Worte der Belehrung und Liebe. Von mir heißt es:
    »Du liegst mir schwer auf dem Herzen, daß ich nicht mehr für Dich sorgen kann. Dein Oheim wird Vaterstelle an Dir vertreten; sei diesem und Deiner Mutter gehorsam. Dein Glück kannst Du in der Welt allein durch gute Aufführung und Fleiß in Deinen Studien machen. Wähle Dir einen Beruf, zu dem Du einmal Lust hast. Ich scheide mit schwerem Herzen von Dir! Gott segne Dich!« dann schloß er: »Meinen Geschwistern, Anverwandten, Freunden und Bekannten sage ich meinen innigsten Dank und empfehle ihnen meine liebe Frau und Kinder. Endlich empfehle ich meinen Geist in die Hand des allgütigen Gottes!«
    Noch kurz vor der Stunde seines Todes empfing er in Gemeinschaft mit meiner Mutter das heilige Abendmahl. Er nahm die heilige Hostie, vermochte sie aber nicht mehr zu genießen; da nahm meine Mutter sie von seinem Munde und genoß sie für ihn unter Gebet und Tränen.
    Sein Begräbnis wurde veranstaltet, wie er befohlen. Ein Fruchtbaum aus seiner Baumschule wurde ihm aufs Grab als Monument gesetzt. Darauf herrschte Totenstille im Hause. Ich floh zu den Bäumen meines Vaters und zu meinen Blumen. Die Trauer der Mutter machte mich noch trauriger; ich vermied sie, bis endlich der Verkauf der überflüssigen Hausgeräte und die Veranstaltung zur Abreise nach Ludwigsburg das jugendlich bewegliche Gemüt in Zerstreuung und in den Tumult des Lebens zurückbrachten. Ich hatte das 13. Jahr erreicht.
     
Fußnoten
     
    1 Zur Zeit als mein Vater den Dienst als Oberamtmann zu Ludwigsburg antrat, mußte man für alle Dienste in die Privatkasse des Herzogs Karl eine Summe entrichten, mein Vater damals die beträchtliche Summe von 6500 F. Später verlor er noch 4000 F. durch Anlehen an Freunde. Meine Mutter kam nach seinem Tode um eine Pension ein, erhielt aber keine, und die Witwenkasse, es war die von Hanau, aus der für sie mein Vater etwas gehofft hatte, fallierte bald nachher.
     
     
Rückkehr nach Ludwigsburg
    Wir kamen nun in meine Vaterstadt
Ludwigsburg
zurück, aber ohne den Vater. (Es war das Jahr 1799.)
    Dadurch, daß Herzog Friedrich mit einem prächtigen Hofstaate seine Sommerresidenz in
Ludwigsburg
genommen hatte, und mehr Militär als früher anwesend war, hatte
Ludwigsburg
ein etwas lebendigeres Ansehen gewonnen; aber es reichte auch dieses doch noch nicht hin, die langen Straßen und weiten Plätze wirklich zu beleben, und oft stand es, blickte man in eine solche Straße hinaus, längere Zeit an, bis man eine größere Anzahl von Menschen in ihr erscheinen sehen konnte; oft schwebte nur am äußersten Horizonte einer solchen Straße der Perückenmacher
Fribolin
oder der dicke Brunnenmacher
Kämpf
wie in einem Schattenspiele vorüber. Den glänzenden Hof und das Militär erblickte man mehr in den Alleen und Schloßräumen. Die Stadt, wenn sie auch an Leere etwas verlor, war beängstigender geworden.
    Unsere Wohnung war wieder auf dem Marktplatze, in dem der Oberamtei gegenüberstehenden obern Viertel der

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