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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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hinzubringen, aber sie lehnte ab. Vielleicht half es ihr, wenn er ihr ein paar Fragen stellte, auf die sie sich konzentrieren musste. Vielleicht half es ihm, wenn er einige Antworten erhielt.
    »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen ?«
    Der Rotz lief ihr aus der Nase, Rünz klaubte ein altes Papiertaschentuch aus seiner Hosentasche und reichte es ihr.
    »Vor einem Monat. Ich bin Anfang Januar auf die Kanaren geflogen. Ich versuchte, ihn zu überreden mitzukommen. Zuerst lehnte er ab, wegen Geldmangels. Ich sagte ihm, das wäre kein Problem. Dann hieß es, er müsse hier präsent sein wegen seiner laufenden astronomischen Aufzeichnungen, in Kontakt bleiben mit seinen Geschäftspartnern .«
    »Aufzeichnungen? Seinen Geschäftspartnern? Was war das für eine Branche, für die er da nebenher gearbeitet hat ?«
    »Branche? Eine Luftnummer, wenn Sie mich fragen. Keine Ahnung, er hat da immer ein großes Geheimnis drum gemacht. Immer wieder Andeutungen über Datenaufzeichnungen, für die manche Leute einen Haufen Geld lockermachen würden. Ständig Versprechungen, wir hätten bald ausgesorgt – ich habe ihm nie geglaubt. Er war Raumfahrttechniker, hat in ganz Europa für European Space Agency gearbeitet, zuletzt für das ESOC hier in Darmstadt, bis Mai 2006, hat mir erzählt, sein Zeitvertrag wäre ausgelaufen.«
    »Und dann hat er seine Wohnung in der Ludwigshöhstraße geräumt und ist bei Ihnen eingezogen ?«
    Sie vergaß einen Moment zu schluchzen und starrte Rünz an. Dann druckste sie herum.
    »Na ja, eigentlich ist er zurück zu seiner Mutter nach Süditalien, aber er war natürlich öfter …«
    Rünz winkte ab.
    »Schon gut. Wissen Sie, warum er nicht weiter in seinem Fachgebiet gearbeitet hat? Er hatte doch eine Bilderbuchkarriere hingelegt .«
    »Keine Ahnung, ich kenne nur seine Version. Für ihn waren das alles Bremser und Bürokraten dort. Leute, die lieber nach Schema F arbeiteten und den Kopf einzogen, wenn es wirklich mal was zu entdecken gab. Aber seine früheren Arbeitgeber werden Ihnen wahrscheinlich eine ganz andere Geschichte erzählen .«
    Eine neue Trauerwelle erfasste sie, sie heulte, versuchte gleichzeitig zu sprechen, Rünz hatte Probleme zu verstehen, was sie sagte.
    »Das war bestimmt sein Scheißtechnikzeugs, ein Kurzschluss oder so was. Aber warum ist er nicht einfach rausgerannt? Warum ist er nicht rausgerannt ?«
    Sie schien anzunehmen, ihr Freund sei bei dem Wohnungsbrand umgekommen – es war an der Zeit, sie über die Todesumstände zu informieren. Er beschrieb ihr die Szene auf dem Knell-Gelände, gab ihr aber eine etwas geschönte Version mit einem schnellen Heldentod ihres Freundes – und ohne seine eigene Beteiligung.
    »Was hat er gesucht auf diesem Gelände ?« , fragte sie.
    »Sieht nach einem Hinterhalt aus, das Ganze. Er wollte sich wahrscheinlich mit jemandem treffen, möglichst ohne Öffentlichkeit. Hatte er Verwandte hier, Freunde, Bekannte, Exkollegen, mit denen er öfter zusammen war? Leute, denen er Geld schuldete?«
    »Außer mir? Nein. Er hat meine Wohnung so gut wie nie verlassen. Doch, mit einem hat er sich manchmal getroffen, so ein hagerer Großer mit Koteletten, von irgendeinem Astronomenverein hier in Darmstadt. Sein einziger Kontakt zur Außenwelt, von seinen Telefonaten und Mails abgesehen .«
    Sie trocknete sich das Gesicht ab.
    »Wann kann ich in meine Wohnung? Ist überhaupt noch etwas Verwertbares übrig geblieben nach dem Feuer ?«
    »Wir werden jetzt erst noch mal eine richtige Spurensicherung machen müssen, ich gebe Ihnen morgen Bescheid. Haben Sie jemanden, bei dem Sie vorübergehend wohnen können ?«
    »Ich habe eine Schwester, in Arheilgen …«
    »Gut, mein Assistent wird Sie hinfahren .«
    Rünz hätte sie gerne noch weiter befragt, aber sie brauchte jetzt offensichtlich Ruhe. Er übergab sie Wedel, ging in sein Büro und setzte sich ans Telefon. Sybille Habich vom Kriminaltechnischen Institut in Wiesbaden sagte ihm für den nächsten Tag eine Untersuchung der Wohnung im Hundertwasserhaus zu, die er mit der Hausverwaltung des Gebäudes abstimmte. Dann ließ er sich mit dem European Space Operations Center im Europaviertel verbinden. Der Angstschweiß stand ihm auf der Stirn, in solchen Einrichtungen arbeiteten schließlich Menschen, die sich mit exotischen Sprachen wie Englisch oder Französisch verständigten. Ohne solche Feindberührungen schaffte er es, einen Termin für den Nachmittag auszumachen. Dann googelte er im Internet nach

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