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Binde Deinen Karren an Einen Stern

Binde Deinen Karren an Einen Stern

Titel: Binde Deinen Karren an Einen Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Lukas
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oder gar wegnehmen könnte. Das Wissen darum ist – Urvertrauen.
    Hier greift der tiefenpsychologische bzw. lerntheoretische Einwand an mit der Frage: Vermittelt nicht eine Mutter, die ihrer Tochter erzählt, wie gern sie sie abgetrieben hätte, dieser, dass sie in ihr keinerlei Wert gesehen hat, sondern eher einen Unwert, den es galt, aus der Welt zu schaffen? Signalisieren nicht Eltern, die ihren Sohn entgegen seinen Bitten und ihrem eigenen Vorhaben im Internat belassen, dass sie wenig Sinn in seiner lebendigen Anwesenheit, in seinem „Dasein“ sehen? Wie sollen solche Kinder später einmal an sich und ihre Existenzberechtigung glauben? Die logotherapeutische Antwort lautet wie gehabt: Wir Menschen sind nicht das Echo der Signale unserer Eltern. Wir Menschen empfangen Signale aus unserer eigenen bewussten und unbewussten Geistigkeit. Im Hinblick auf diese Signale sind wir, da es sich nicht um das Echo äußerer Faktoren, sondern um Attribute unserer ontologischen Verfassung handelt, „unbedingt“. Dies befähigt uns, uns an den unbedingten Wert unserer Person und den unbedingten Sinn unserer Existenz zu „erinnern“.
Urwirksamkeit und Selbstwirksamkeit
    In Beratungssituationen kann dieser „Erinnerungsprozess“ in mehreren Stufen „angestoßen“ werden. Da eventuell der eine oder andere Leser es bei sich selbst ausprobieren möchte, seien die einzelnen Stufen nachstehend anskizziert.
    Stufe 1:
Die partielle und oft recht negative Einschätzung des eigenen Lebens durch einen Ratsuchenden wird zu einer
Gesamteinschätzung
erweitert. Die Erklimmung dieser Stufe ist bei den genannten Beispielen bereits vorexerziert worden. Beide Personen haben seitens ihrer Mitmenschen auch einiges an Förderlichem erfahren, was es in ihr Interpretationskonzept einzubauen gilt. Beide durften ihr erlittenes Trauma überleben – immerhin! Leben ist die sich permanent bietende Gelegenheit, zu werden, wer man noch nicht ist, aber sein möchte, könnte und sollte. Leben ist die kontinuierliche Gelegenheit zur Ausschöpfung der eigenen Potenzialität in einer Weise, wie sie das eigene Wissen und Gewissen gutheißen. Eine Gelegenheit, die keinem Ratsuchenden abhanden gekommen ist, durch kein wie immer geartetes Negativerlebnis! Das darf ihm gesagt werden.
    Eine bewährte Methode dabei ist, ihn
nach Selbstverständlichkeiten in seinem bisherigen Werdegang suchen
zu lassen. Er wird nichts finden, denn nichts ist selbstverständlich gewesen. Dass er das Licht der Welt erblickt hat, nicht, und dass er dieses Licht heute noch schaut, auch nicht. Man muss ihn desillusionieren: Ein Anspruch auf etwas hat nie bestanden. Doch man kann ihm gleichzeitig die Metapher präsentieren, dass er selber „angesprochen“, „angerufen“ worden ist, als er zur Existenz kam, und dass er nicht aufgehört hat, ein „Angesprochener“ zu sein. Aus diesen Erwägungen wird er seinen unbedingten Wert besser herausfinden als aus Diskussionen über seine (ehemaligen) Bezugspersonen.
    Stufe 2:
Als ein „Angesprochener“ ist er auch ein zur Wirksamkeit Eingeladener. Einer, dem es gegeben ist, wirksam werden zu dürfen. Die geringe Einschätzung der Selbstwirksamkeit durch viele Ratsuchende muss im Gedankenaustausch allmählich aufgeweicht und korrigiert werden. Ein schönes Beispiel dazu brachte einst Reinhard Tausch (in: „Lebensschritte“, Rowohlt, Reinbek, 2. Auflage 1993) aus seinem eigenen Leben:
    „Ich war ein schlechter Schüler, hatte viele Konflikte mit den Lehrern, aber meine Erfahrung war auch: Obwohl ich wenig Schularbeiten machte und in manchen Bereichen geringe Fähigkeiten hatte: irgendwie kam ich immer ‚über die Runden‘. Oft ging ich morgens mit bangen Gefühlen zur Schule, ob ich wohl in einer Pause – ungestört von der Aufsicht – meine Schularbeiten schaffen würde. Insgesamt machte ich aber die Erfahrung, dass ich in irgendeiner Weise die Schulsituationen bewältigte, wenn auch nicht in einer reibungslosen glatten Form.“
    Was Reinhard Tausch, einer der großen Wissenschaftler und Psychologieprofessoren Deutschlands, in den obigen Zeilen beschreibt, gleicht der Erreichung einer weiteren Stufe auf dem Weg zur Rückgewinnung des Urvertrauens. Es handelt sich um die innere Gewissheit, dass unsere Fehler und Defizite, wie wir sie nun einmal mit uns herumschleppen, uns am Wesentlichen nicht zu hindern vermögen. Nicht an dem, auf das hin wir „angesprochen“ sind. Wir haben genügend Wirkkraft, um ‚über die Runden zu

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